Oben ohne
verneine.
»Der wird nachher noch vorbeikommen und einiges bezüglich der Narkose mit Ihnen besprechen. Ich werde Sie jetzt anzeichnen. Wenn Sie gerade mal aufstehen und die Hose etwas herunterziehen.«
Ich springe aus dem Bett, während Professor Feller einen dicken Edding aus der Kitteltasche holt. Der Arzt geht hinter mir in die Knie.
»Ich zeichne jetzt mit einem wasserfesten Stift an, wo wir morgen schneiden werden. Also, das wird zum einen an der rechten Pobacke sein.«
Irritiert versuche ich, etwas über die Schulter erkennen zu können. Heiße Methode. Einfach mit einem Edding auf mir rummalen. Und morgen? Nicht darüber nachdenken, er wird schon wissen, was er tut.
»So, schon passiert.« Er führt mich zum Spiegel, und ich kann eine sichelförmige Zeichnung auf meiner rechten Pobacke erkennen. »Schauen Sie, wir werden morgen dieses Stück entnehmen. Dann präparieren wir es so, dass wir die Blutgefäße oben an der Brust wieder anschließen können. An der Brust muss ich gar nichts groß einzeichnen. Das ist klar. Wir entnehmen die Brustwarze und entfernen das Brustgewebe über diese Öffnung. Dann setzen wir das Transplantat ein und verbinden die Blutgefäße. Aber das bekommen Sie alles nicht mit. Sie werden angenehm schlafen.«
Er lächelt mir aufmunternd zu, will wissen, ob ich noch Fragen habe, und verabschiedet sich schließlich. Im Moment ist mir alles ein bisschen zu viel. Hoffentlich kommt der Anästhesist bald. Wenn ich das noch hinter mich gebracht habe, ist es erst einmal geschafft. Tino muss so langsam mal ans Essen denken, es ist bereits kurz vor sieben. Das Ganze geht auch nicht spurlos an ihm vorüber, er sieht etwas blass aus. Außerdem muss er noch im Hotel einchecken. Er hat sein Stadtrad in den Kofferraum geschmissen, sodass er sich jetzt einfach gleich aufs Rad schwingen kann. Bis auf die Kälte ist das wohl die beste Fortbewegungsmethode in der Münchener Innercity.
»Ist es weit bis zu deinem Hotel?«
Er schüttelt den Kopf. »Nein, es geht hier quer durch den Englischen Garten, dann sind es vielleicht noch zwei Kilometer bis zum Hauptbahnhof. Da ist es dann. Ich habe es mir auf dem Stadtplan schon angeschaut.« Durch den Englischen Garten wollte ich heute Abend eigentlich noch eine Runde spazieren gehen. Stattdessen sitze ich hier im Schlafanzug. Nun gut. Wir beschließen, dass es besser ist, wenn Tino sich auf den Weg macht. Er ruft nochmal an, wenn er im Hotel angekommen ist. Ich muss schlucken. Bis morgen Mittag. Hoffentlich.
Ich verkrümele mich wieder unter die Decke. Mir ist zwar nicht nach Reden zumute, aber ich wechsele trotzdem ein paar Sätze mit meiner Zimmergenossin. Sie erzählt mir schnell, dass sie alles schon hinter sich hat. Ebenfalls eine Mastektomie mit Wiederaufbau. Allerdings wurde bei ihr das Fettgewebe aus dem Bauch genommen. »Es hat alles super geklappt. Heute war ich sogar schon shoppen.« Sie präsentiert mir ihre Stiefel und den dazu passenden Rock. Eine willkommene Ablenkung.
»Was will der Anästhesist eigentlich noch von mir?«
»Eigentlich nur eine Unterschrift und dich über die Nebenwirkungen aufklären, da musst du dir keine Gedanken machen.« Wir duzen uns inzwischen.
Das ist gut. Hauptsache, keiner will mehr etwas von mir. Die Nebenwirkungen kennen – das werden die üblichen Dinge sein. Ich will natürlich nicht, dass irgendetwas davon eintrifft. Aber klar, garantieren kann mir das keiner. Ich werde einfach unterschreiben. Jetzt gibt es sowieso kein Zurück mehr.
Kurze Zeit später taucht der Kollege auf, und damit ist auch dieser letzte Tagesordnungspunkt abgehakt. Als er wieder geht, ist es gerade mal zwanzig Uhr. »Ist es okay, wenn ich die Tagesschau anschalte?«, fragt meine Bettnachbarin.
Kein Problem, zum Lesen bin ich eh zu abgelenkt.
Meine Gedankenkreise werden immer wieder von der Frage unterbrochen, ob ich wohl schlafen kann. Aber während ich versuche, mich auf die Tagesschau zu konzentrieren, merke ich, wie mir die Augen zufallen. Später bekomme ich nochmal kurz mit, dass die Tagesschau schon lange vorbei ist und irgendein Film läuft. Ich drehe mich auf die andere Seite, und der Film ist wieder vollkommen weg. Um meinen Schlaf hätte ich mich nicht zu sorgen brauchen.
ZURÜCK IM AUFWACHRAUM
Als ich in die Klinik komme, ist Evelyn bereits im OP. Ihre Zimmernachbarin kann das Krankenhaus heute verlassen und sitzt sozusagen auf gepackten Koffern. Ihr Mann lässt über seine Firma einen Wagen mit Chauffeur kommen.
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