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Oberwasser

Oberwasser

Titel: Oberwasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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Bäckchen wieder ab. So kann Sie kein Mensch ernst nehmen.«

24 .
    Die Gondel der Eckbauerbahn, die den dazugehörigen Berg mit Touristen belieferte, um diese nach der Abfütterung wieder ins Tal zu entsorgen, war beim Hinauffahren prall voll. Beim Herunterfahren hingegen war die Gondel leer gewesen, bis auf zwei Männer im legeren Bergsteiger-Outfit. Es waren keine Hochgebirgstouristen oder Extremkletterer, aber auch keine Flachlandtiroler. Irgendetwas dazwischen vermutlich – und diese absolute Unauffälligkeit wäre nur einem absoluten Profi aufgefallen.
     
    »Dr. Patzelt, Sie haben Mist gebaut«, sagte der eine zum anderen, ohne ihn anzusehen.
    »Ja, das gebe ich zu«, sagte der andere und seine Stirn legte sich in Falten. »Es ging rasend schnell. Und ich war nicht vorbereitet darauf.«
    »Na, dann schildern Sie mir mal, wie das genau abgelaufen ist.«
    »Als der Typ reinkam, war ich überzeugt davon, dass es ein ziemlich großer Fisch war, der da angebissen hat. Die Freude darüber hat mich vielleicht unvorsichtig gemacht. Mittel- oder Osteuropäer, gut gekleidet, wenn auch etwas nachlässig. Einsneunzig groß, dunkelhaarig, ovales Gesicht. Ruhiges, fast schüchternes Auftreten, er hat gehinkt, und ich habe ihm sein Hinken abgenommen.«
    Sie gondelten über sanft geschwungene Matten, die da und dort von Nadelhölzern durchbrochen waren. Man hörte millionenfaches Geläute von kleinen Glocken, das immer stärker wurde. Es schwoll an, und es kribbelte in den Ohren. Sie beugten sich nach unten – eine Herde von fünfzig Schafen machte sich über das fette Grün her.
    »Er war wortkarg, rückte mit keinen Details heraus. Und die Masche mit der Heiserkeit, der chronischen Laryngitis, die habe ich ihm auch abgekauft. Es tut mir leid, aber er hat es einfach überzeugend gebracht. Er war zu gut.«
    »Er hat Sie an die Wand gespielt, Dr. Patzelt.«
    Der BKA -Einsatzleiter seufzte. Vielleicht sollte die Polizei in der Grundausbildung auch noch Schauspielunterricht anbieten. Acht bis neun Uhr: Kampftraining. Neun bis zehn Uhr: Rollenstudium Hamlet,
Ach, schmölze doch dies allzu feste Fleisch
.
    »Warum haben Sie ihn nicht gleich als Erstes gefragt, wie er zu der Adresse in der Kurklinik Reuschel gekommen ist?«
     
    »Ich glaube nicht, dass er mir das verraten hätte.«
    Patzelt schilderte dem Einsatzleiter in kurzen Worten den Ablauf des Überfalls. Und er beschönigte nichts.
    »Sie haben jedenfalls verdammtes Glück gehabt.«
    »Ich weiß. Was war das übrigens für eine Injektion? Haben Sie die Substanz schon untersucht?«
    »Es war Thiopental.«
    »Jessas! Das Zeug, mit dem die Giftspritzen in Ohio gefüllt werden?«
    »Genau das Zeug. Allerdings führt es in der geringen Dosierung, die Sie abbekommen haben, noch nicht zum Tod.«
    »Wieso wusste er Bescheid? Wie könnte er auf unsere Spur gekommen sein?«
    Der Einsatzleiter zog die Stirn in Falten.
    »Dass wir die Falle in der Kurklinik aufgebaut haben, wussten nur Sie, ich, Dr. Rosenberger –«
    »- und Dombrowski! Sie müssen es ihm unter Folter abgepresst haben.«
    »Hoffen wir, dass er bald gefunden wird.«
    »Haben Sie Vertrauen zu diesem Jennerwein?«
    »Er arbeitet mit ungewöhnlichen Methoden. Aber er ist ein guter Mann. Einer, der niemals aufgibt. So einer ist bei diesen Gegnern nötig. Ich glaube fest daran, dass er Dombrowski findet.«
    Der Einsatzleiter überlegte kurz. Dann entschloss er sich dazu, Dr. Patzelt nichts davon zu sagen, dass Fred Weißenborn ebenfalls nicht mehr zu den vereinbarten Treffen kam. Man konnte nie wissen. Der Einsatzleiter traute niemandem mehr. Dass Dr. Patzelt den Angriff eines Profikillers überlebt hatte, war zwar ein Riesenglück, aber schon sehr ungewöhnlich. Irgendetwas an der Geschichte war faul.
     
    Die Gondel war unten angekommen, zwei Wanderer stiegen aus, keine Extrembergsteiger und keine Flachlandtiroler. Irgendetwas dazwischen halt.
    »Schade, dass wir Sie von dem Fall abziehen müssen, Dr. Patzelt. Die Kombination aus einem leibhaftigen Arzt und einem BKA -Mann ist selten. Aber Sie sind nun mal enttarnt.«
    »Ich werde den Ort noch heute Nacht verlassen.«
    »Grüßen Sie Rosi von mir. Wollen wir noch in eine Kneipe gehen? Ich gebe einen aus.«
    »Ja gerne. Ich muss mir dort dringend die Hände waschen. Seit diesem Job in der Kurklinik habe ich mir das angewöhnt.«
    »Gewöhnen Sie sich das wieder ab. Es kann zur Sucht werden.«
    »Ach, eines noch: Habe ich es eigentlich geschafft, den

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