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Oberwasser

Oberwasser

Titel: Oberwasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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wieder.«
     
    Finger war ratlos. Schickte der Polizist Hubschrauber oder nicht? Um das Boot würde er sich morgen kümmern, er musste hier schnellstens verschwinden, Doch vorher wählte er noch eine andere Nummer.
    »Loisachtaler Allgemeine, Manuel Ringseis hier.«
    »Mein Name – eine Frau mit langen Haaren – das tut nichts zur Sache. Ich habe hier einen Mord beobachtet. In der Höllentalklamm. Die Polizei tut nichts – oder ist vielleicht unterwegs, aber nicht schnell genug. In der Mitte der Höllentalklamm haben vier oder fünf dunkle Gestalten eine Frau im Wasser versenkt. Kommen Sie und schauen Sie sich das an.«
    »Sagen Sie mir bitte –«
    »Nein, das tue ich nicht. Kommen Sie schnell.«
    Mehr konnte er nicht tun. Er blickte nochmals hinunter in die Schlucht. Die Dunkelheit hatte die Gestalten verschluckt. Doch da! Ein Mann lehnte lässig am Felsen und telefonierte. Wenn er sich nicht täuschte, sah er gerade zu ihm herauf.
     
    Wie hatte er nur so unvorsichtig sein können! Finger rappelte sich auf. Hoffentlich hatten ihn die Mörder nicht gesehen! Er musste weg! Er stolperte bergab. Ein Rentnerpärchen kam ihm entgegen. Er wich aus, er lief im Gebüsch weiter. Das wurde ja immer besser. Diese Oldies gingen mitten in der Nacht auf dem Stangensteig spazieren, und sie hatten sogar Klappsessel dabei!
    »Beim Baumarkt kriegt man die leichtesten!«
    »Ich hätte trotzdem die von Ikea genommen«, erwiderte Ursel Grasegger. »Die sind stabiler.«

58 .
    Herrliche Natur, Sonnenschein, Waldlichtung. Der Wilderer kniet hinter einem Busch. Auf der Lichtung erscheint ein kapitaler Zwölfender.
    Siebzehnender Uhöööööööööööö!
    Der Wilderer legt an und zielt auf das Blatt des Hirsches. Er schießt. Der Hirsch bleibt ungerührt stehen.
    Wilderer Daneben!
    Siebzehnender (lauter) Uhöööööööööööö!
    Der Wilderer schießt nochmals. Die Hirschfellattrappe fällt herunter, ein BKA -Team springt aus der Verkleidung und stürzt sich auf den Wilderer.
    Wilderer Den Düwel ook …

59 .
    »Habt ihr auch wirklich keinen ihrer Drähte eingeklemmt?«, rief Becker.
    »Natürlich nicht«, antwortete Stengele lachend. »Wir haben ihre Haarpracht schon nicht durcheinander gebracht!«
    Stengele, Ostler und Jennerwein ließen Gisela mit einer plexiglasummantelten Taucherglocke ins schäumende Wasser der Höllentalklamm hinunter. Becker hatte ein Campingtischchen an einer wassergeschützten Stelle des Fußwegs aufgebaut, er hing vor drei Bildschirmen, bereit, alle Daten auszuwerten, die von dort unten heraufgeschickt wurden.
    »Mach deine Sache gut, Gisi-Baby!«
    Die drei Männer spürten nun einen scharfen Ruck am Seil, sie mussten mächtig dagegenhalten, um nicht hineingezogen zu werden in die wütende Gischt, in das Sperrfeuer aus stahlharten Wasserziegeln, die von allen Seiten herangeflogen kamen. Becker hatte einen ganzen Lastwagen voll technischer Hilfsmittel aus der Stadt kommen lassen, in dieser Hinsicht waren sie gut gerüstet. Alle hatten sie ihre Headsets übergestreift und kommunizierten auf diese Weise, bei dem infernalischen Lärm wäre das auch gar nicht anders möglich gewesen. Gisela widmete sich ihrer Aufgabe, das Flussbett dort unten genauestens zu kartographieren und nach einem Abfluss, nach einem Durchbruch zu einer möglichen Höhle zu suchen. Falls es hier nichts dergleichen gab, musste man es an einer anderen Stelle probieren.
     
    »Hölleisen hat sich gerade gemeldet«, sagte Ostler und schüttelte seine feuchtkalten Hände aus. »Gerade hat jemand bei ihm auf dem Revier angerufen, wahrscheinlich ein einsamer Nachtspaziergänger. Er glaubt, es handelt sich bei unserer Aktion hier in der Klamm um einen Mord. Er ist vor ein paar Minuten noch oben auf der Eisenbrücke gestanden –«
    »Wir haben etwas gefunden!«, rief Becker aufgeregt. »Es gibt einen Abfluss aus dieser Wassergrube dort unten!«
    Auf dem Bildschirm konnte man nun die schematische Darstellung der Aushöhlung erkennen, in der sich die Kugel gerade befand. Die Grafik war aus den Daten, die Gisela geschickt hatte, errechnet worden. Ein stilisierter Wasserstrudel, der eher elliptisch als kreisförmig aussah, fraß sich in eine klingelbeutelförmige Felsmulde. Der Klingelbeutel hing nicht senkrecht nach unten, sondern lag schräg im Fels. Am Boden des Klingelbeutels war ein kleiner Überhang, ein Knubbel, eine überstehende Felsfalte zu erkennen. Darunter steckte die Kugel jetzt, und sie wurde immer weiter hineingetrieben.

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