Objekt Lambda
aber, bei Gott, sie sind menschlich. Wie erklärst du dir das, Venus?«
Das Mädchen neben ihm war kein Mädchen, auch wenn sie von der Schönheit und Form einer weiblichen Statue war. Sie war aus silbrigem Metall geformt, thixotrop, anisotrop und von der Wissenschaft ihrer Rasse so gemodelt, daß sie sich mit der Geschmeidigkeit eines Wesens aus Fleisch und Blut bewegen konnte. Auf ihrer Heimatwelt hatte Venus alles andere als menschenähnlich ausgesehen, sie war auch nicht weiblichen Geschlechts, denn ihre Rasse hatte sich in ihrer Evolution nicht mit geschlechtlichen Unterschieden befaßt.
»Nicht nur Menschen leben auf Kuckuck, Ben Linc«, sagte Venus. »Wir haben auch schon Sheliaks beobachtet und Boaty-bits, oder vielmehr Wesen, die genetisch parallel zu ihnen sind. Und dabei haben wir mit unserer Beobachtung erst angefangen.«
»Ich glaube, wir sollten die Aufnahmen jetzt weiterleiten. Wir brauchen Hilfe, Venus. Eine umfangreiche Ausrüstung, mehr Scoutboote und mehr Intelligenzen. Ich würde sagen, es ist Zeit, daß wir die ersten nach Kuckuck hinunterschicken. Was meinst du?«
Das Silbermädchen schwieg einen Augenblick. Ben Linc wußte, daß sie sich durch ihren Pmal-Übersetzer mit FARLINK in Verbindung gesetzt hatte. FARLINK war der Computer der Kuckuck-Raumstation und ihr Nervenzentrum. Er entschlüsselte den Empfang der tachyonischen Ausstrahlungen, die neues Personal für die Station nachbildeten. Er koordinierte die Berichte von den Sonden, die sie auf die Oberfläche des ungewölbten Objekts hinabschickten. Er speicherte ihre gesammelten Daten und löste ihre Forschungsprobleme. Und er leitete alle wichtigen Meldungen nach Sonne I weiter.
Seine Ein- und Ausgabestation war eine ringförmige Konsole in der hohlen Halbkugel, in der Pertin, das Silbermädchen und andere Intelligenzen arbeiteten. Die diensttuenden Wesen saßen an der Innenseite der Konsole, oder ruhten, klebten, standen, wo immer es für ihre Anatomie am günstigsten war, mit Eingabegeräten in Reichweite ihrer Greiforgane. Die Ausgabe flackerte und schimmerte auf den Schirmen, die sich über die gesamte Kuppeldecke zogen. Sie waren in die sichtbaren Symbole, Formeln und Lettern von einem halben Hundert Kulturen übersetzt.
»Was ist los, Venus?« fragte Ben Linc ungeduldig.
Ihre Züge verfinsterten sich. »Es gibt Schwierigkeiten.«
»Schwierigkeiten?« Das schien sehr unwahrscheinlich. FARLINK war so perfekt, wie eine Maschine nur sein konnte. Viele tachyonischen Kanäle verbanden sie mit den Speichergeräten noch größerer Computer und Forschungsteams auf Sonne I, und sie hatte ihre eigenen eingebauten Kraftquellen. Und doch …
Und doch erloschen abrupt die Myriaden von Schirmen.
Schreie, Pfiffe, und alle möglichen anderen Geräusche des Erstaunens erklangen von ringsum der Konsole. Ein angesengter-Pelz-Geruch, der Ausdruck der Entrüstung eines T’Worlies direkt neben ihm, drang in Pertins Nase. Das fledermausköpfige Geschöpf namens Nammie mit dem Körper eines Schmetterlings, pfiff etwas, das aus Pertins Pmal als »Was zum Teufel!« herauskam.
Doch schon nach einer Sekunde leuchteten die Schirme wieder auf. In hundert verschiedenen Sprachen und Symbolen war zu lesen:
BEDAUERE UNTERBRECHUNG. INTERFERENZ VERZERRT ANKOMMENDE SIGNALE. URSPRUNG VON INTERFERENZ UNBEKANNT.
»Aber wir hatten noch nie Interferenzen!« flüsterte Venus.
Pertin schwieg. Er fühlte sich plötzlich entsetzlich verlassen. Die tachyonischen Kanäle waren die einzige Brücke für ihre Mitteilungen über die ungeheure Kluft hinweg, die zu gewaltig war, als daß Materie sie hätte überqueren können. War die Brücke gebrochen, wurden die dreißigtausend Lichtjahre zwischen ihnen hier und ihren so unterschiedlichen Welten so erschreckend wirklich.
»Frage nach Bedeutung von Signalverzerrung«, schrillte Nammie.
»Ich wollte, ich wüßte es«, murmelte Pertin kopfschüttelnd.
»Annahme: Herren von Kuckuck haben uns entdeckt. Frage: wollen sie Kontakt aufnehmen? Frage nach möglichem Grund?«
»Ich weiß es nicht, Nammie. Wie sieht es mit der Peilung aus? Wissen wir, von woher die Interferenz kommt?«
Der T’Worlie wirbelte herum und machte seine Eingabe. Die Schirme leuchteten auf.
URSPRUNG UNBEKANNT. PEILPROGRAMM EINGELEITET.
Und dann verschwanden abrupt die grünen Symbole auf den Schirmen. Verschiedene Farbmuster huschten darüber, bis eine neue Bekanntmachung durchgegeben wurde:
INTERFERENZ SCHWINDET. URSPRUNG KONNTE
Weitere Kostenlose Bücher