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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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ordnen«, verteidigte sich Oblomow.
    »Oblomowerei, Oblomowerei!« sagte Stolz lachend, nahm die Kerze, wünschte gute Nacht und ging schlafen. »Jetzt oder nie! – Denke dran!« fügte er hinzu, indem er sich zu Oblomow umwandte und die Tür hinter sich schloß.
Fußnoten
    1 Suppe aus Kwaß, mit Fleisch, Fisch, Gurke usw.

    2 Straße in Moskau.

Fünftes Kapitel
    »Jetzt oder nie!« Diese drohenden Worte erstanden vor Oblomow, sowie er des Morgens erwachte. Er stand auf, schritt dreimal durch das Zimmer und blickte in den Salon hinein. Stolz saß da und schrieb. »Sachar!« rief er, es folgte aber kein Sprung vom Ofen. Sachar kam nicht. Stolz hatte ihn auf die Post geschickt. Oblomow trat an seinen verstaubten Tisch heran, setzte sich, ergriff eine Feder und steckte sie ins Tintenfaß, es war aber keine Tinte darin, dann suchte er nach Papier, es gab aber keines. Er sann nach und begann mechanisch mit dem Finger auf dem Staube zu malen; als er dann nachsah, was er geschrieben hatte, sah er: »Oblomowerei«. Er wischte das Aufgeschriebene schnell mit dem Ärmel ab. Er hatte dieses Wort in der Nacht im Traume gesehen, es stand mit Feuer an den Wänden geschrieben, wie auf Belsazars Fest. Dann kam Sachar, und als er Oblomow nicht auf dem Sofa liegen sah, blickte er ihn mit trüben Augen an, darüber verwundert, daß er schon auf war. In diesem stumpfen, erstaunten Blicke stand: »Oblomowerei!« Ein einziges Wort, dachte Ilja Iljitsch, und wieviel Gift ist darin enthalten! ...
    Sachar nahm wie gewöhnlich den Kamm, die Bürste und das Handtuch und wollte den Herrn frisieren.
    »Geh zum Teufel!« sagte Oblomow zornig und schlug die Bürste Sachar aus der Hand, dann ließ Sachar auch den Kamm zu Boden fallen.
    »Legen Sie sich wieder hin?« fragte Sachar, »ich werde Ihnen das Bett richten.«
    »Bringe mir Tinte und Papier«, antwortete Oblomow.
    Er sann über die Worte »jetzt oder nie« nach. Indem er diesem verzweifelten Ausruf der Vernunft und der Kräfte lauschte, überlegte er und erwog, was für ein Rest des Willens ihm noch übrig geblieben war, wohin er diese ärmlichen Überbleibsel tragen und worauf er sie verwenden sollte. Nach qualvollem Überlegen erfaßte er die Feder, schleppte aus der Ecke ein Buch heraus und wollte im Laufe einer Stunde alles das lesen, schreiben und denken, was er in zehn Jahren nicht gelesen, geschrieben und gedacht hatte. Was sollte er jetzt tun? Vorwärtsschreiten oder stehenbleiben? Diese Oblomower Frage war für ihn tiefer als die von Hamlet. Vorwärtsschreiten heißt den weiten Schlafrock nicht nur von den Schultern, sondern auch von Seele und Verstand abwerfen; das heißt zugleich mit den Wänden auch die Augen von Staub und Spinngewebe reinigen und sehend werden! Wie sollte der erste Schritt gemacht werden? Womit sollte er beginnen? »Das weiß ich nicht, das kann ich nicht ... nein ... das ist nicht wahr, ich weiß und ... Auch Stolz ist hier bei mir; er wird's mir gleich sagen. Und was wird er sagen? Er wird mir sagen, ich soll binnen einer Woche eine genaue Instruktion entwerfen, einer Vertrauensperson übergeben und sie nach dem Gut schicken, ich soll Oblomowka verpfänden, noch Erde hinzukaufen, einen Plan der Bauten hinschicken, die Wohnung vermieten, einen Paß besorgen, auf ein halbes Jahr ins Ausland reisen, dort das überflüssige Fett und die Schwere abwerfen, die Seele durch jene Luft erfrischen, von der ich einst mit dem Freund geträumt hatte, ohne Schlafrock, ohne Sachar und Tarantjew leben, selbst die Strümpfe anziehen und die Schuhe ausziehen, nur in der Nacht schlafen, auf der Eisenbahn und auf Dampfschiffen überallhin reisen, dann ...« Dann soll er sich in Oblomowka niederlassen, wissen, was Saat und Ausdrusch ist, wovon der Bauer arm und reich wird; er soll aufs Feld gehen, zu den Wahlen, in die Fabrik, in die Mühle und zum Hafen fahren. Dabei soll er Zeitungen und Bücher lesen und sich darüber aufregen, warum die Engländer wohl ein Schiff nach dem Osten gesandt haben ... Das würde er sagen! Das heißt vorwärtsschreiten ... Und so sollte es das ganze Leben sein! Lebe wohl, du poetisches Lebensideal! Das ist eine Schmiede, aber kein Leben; hier ist ewiges Feuer, Hitze, Hämmern und Lärmen ... wann soll man leben? Ist es nicht besser stehenzubleiben? Stehenbleiben heißt das Hemd verkehrt anziehen, das Springen von Sachars Füßen von der Ofenbank hören, mit Tarantjew Mittag essen, über alles wenig nachdenken, die Reise nach Afrika nicht zu Ende

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