Oblomow
trockenen Husten.«
»Das ist die Großmutter, sie hustet schon das achte Jahr.«
Die Tür wurde zugeschlagen.
Wie sie ist ... so einfach, dachte Oblomow, es ist aber etwas in ihr ... Und sie ist so reinlich.
Bis jetzt hatte er noch nicht Gelegenheit gehabt, den »Bruder« kennenzulernen. Er sah nur manchmal vom Bett aus, ganz früh des Morgens am Gitter des Zauns, einen Mann mit einem großen Papierbündel vorüberhuschen und in dem Gäßchen verschwinden, und um fünf Uhr kehrte derselbe Mann mit demselben Paket zurück, huschte an den Fenstern vorüber und verschwand auf der Stiege. Man hörte ihn im Hause nicht. Man merkte aber, daß dort Menschen lebten, besonders des Morgens. In der Küche klapperten die Messer, man hörte durch das Fenster, wie die Alte in einer Ecke etwas auswusch, wie der Hausbesorger Holz hackte oder ein Faß mit Wasser auf zwei Rädern vorüberfuhr; hinter der Wand weinten Kinder, oder es ertönte der hartnäckige trockene Husten der Großmutter.
Oblomow gehörten vier Zimmer, das heißt die ganze Hauptfront des Hauses. Die Hausfrau nahm mit ihrer Familie zwei bescheidene Zimmer ein, während der Bruder oben im Giebelzimmer wohnte. Oblomows Schlaf- und Arbeitszimmer ging mit den Fenstern nach dem Hof hinaus, das Wohnzimmer nach dem Garten und der Salon nach dem großen Gemüsegarten mit dem Kraut und den Kartoffeln. Im Wohnzimmer waren die Fenster mit verblaßten Kattunvorhängen drapiert. An die Wände schmiegten sich einfache Sessel aus Nußholz; unter dem Spiegel stand ein L'hombre-Tisch; auf den Fensterbrettern drängten sich Töpfe mit Geranien und Samtblumen, und darüber hingen vier Käfige mit Zeisigen und Kanarienvögeln.
Der Bruder kam auf den Fußspitzen herein und beantwortete Oblomows Gruß mit einer dreifachen Verbeugung. Alle Knöpfe seiner Uniform waren geschlossen, so daß man nicht beurteilen konnte, ob er Wäsche trug oder nicht; die Krawatte war in einen einfachen Knoten geschlungen, und ihre Enden waren versteckt. Er war etwa vierzig Jahre alt, trug auf der Stirn einen geraden Schopf und auf beiden Schläfen zwei lose Schöpfe, die an Hundeohren mittlerer Größe erinnerten. Die grauen Augen blieben nicht sofort an einem Gegenstand haften, sondern blickten zuerst verstohlen hin und richteten sich erst beim zweitenmal fest auf einen Punkt. Er schien sich seiner Hände zu schämen und bestrebte sich, sie beim Sprechen beide auf dem Rücken oder die eine hinter dem Brustlatz und die andere rückwärts zu verstecken. Wenn er seinem Chef ein Papier hinreichte und erklärte, hielt er die eine Hand auf dem Rücken und zeigte mit dem Mittelfinger der zweiten Hand, den er mit dem Nagel nach unten drehte, vorsichtig auf irgendeine Zeile oder ein Wort hin und versteckte sofort wieder die Hand, vielleicht deswegen, weil seine Finger dick und rötlich waren und ein wenig zitterten und er Grund hatte, sie für nicht ganz anständig zu halten und sie selten sehen zu lassen.
»Sie haben zu befehlen geruht,« begann er, seinen doppelten Blick Oblomow zuwerfend, »ich möchte kommen.«
»Ja, ich wollte mit Ihnen bezüglich der Wohnung sprechen. Bitte, Platz zu nehmen!« antwortete Oblomow höflich.
Iwan Matwejewitsch entschloß sich nach einer wiederholten Einladung, Platz zu nehmen, indem er sei nen Körper vorbeugte und die Hände in die Ärmel einzog.
»Neueingetretener Umstände wegen muß ich mir eine andere Wohnung suchen,« sagte Oblomow, »und möchte diese jemand übergeben.«
»Jetzt ist es schwer, sie jemand zu übergeben,« gab Iwan Matwejewitsch zur Antwort, indem er in seine Finger hustete und sie dann schnell in seinen Ärmel versteckte, »wenn Sie uns Ende Sommer beehrt hätten, da haben sich viele die Wohnung angeschaut.«
»Ich war da, habe Sie aber nicht angetroffen.«
»Die Schwester hat mir's gesagt,« fügte der Beamte hinzu.
»Sie sollten aber nicht ausziehen. Sie werden es hier bequem haben. Vielleicht stört Sie das Geflügel?«
»Welches Geflügel?«
»Die Hühner.«
Oblomow hörte zwar vom frühen Morgen an immer das laute Gackern der Bruthenne und das Piepsen der Küchlein unter seinen Fenstern, aber beachtete er denn jetzt so etwas? Vor ihm schwebte Oljgas Gestalt, und er hatte für seine Umgebung kaum einen Blick.
»Nein, das macht nichts,« sagte er, »ich dachte, Sie meinen die Kanarienvögel; sie beginnen schon früh des Morgens zu singen.«
»Wir werden sie hinaustragen,« antwortete Iwan Matwejewitsch.
»Auch das macht nichts,«
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