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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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schlummerte wie im Fieber auf zwei Stunden ein, phantasierte in der Nacht und erhob sich des Morgens bleich, aber ruhig und entschlossen.
    Montag früh schaute die Hausfrau in Oblomows Zimmer herein und sagte: »Ein Mädchen wünscht Sie zu sprechen!«
    »Mich? Das ist unmöglich!« antwortete Oblomow. »Wo ist sie?«
    »Hier. Sie hat sich geirrt und ist zu uns hereingekommen. Soll ich sie eintreten lassen?«
    Noch bevor Oblomow mit sich einig war, wozu er sich entschließen sollte, stand vor ihm Katja. Die Hausfrau war fortgegangen.
    »Katja!« sagte Oblomow erstaunt. »Was ist? Was hast du?«
    »Das Fräulein ist da!« antwortete sie flüsternd. »Sie läßt fragen ...«
    Oblomow wechselte die Farbe.
    »Oljga Sjergejewna!« flüsterte er entsetzt. »Das ist nicht wahr, Katja, du scherzest! Quäle mich nicht!«
    »Es ist bei Gott wahr. Das Fräulein ist in einem Mietwagen vor der Teehandlung halten geblieben; sie wartet und will herkommen. Ich sollte Ihnen sagen, Sie möchten Sachar irgendwohin wegschicken. Sie wird in einer halben Stunde hier sein.«
    »Ich werde lieber selbst hingehen. Wie kann Oljga Sjergejewna denn herkommen?«
    »Sie werden nicht mehr zurechtkommen. Das Fräulein kann jeden Augenblick da sein; sie glaubt, daß Sie krank sind. Adieu! Ich laufe fort. Sie ist allein und erwartet mich ...«
    Sie ging.
    Oblomow zog mit außergewöhnlicher Schnelligkeit die Krawatte, die Weste und die Stiefel an und rief Sachar.
    »Sachar, du hast mich neulich um Erlaubnis gebeten, auf dem anderen Ufer, auf der Gorochowaja, einen Besuch zu machen. Also geh jetzt hin!« sprach er in fieberhafter Aufregung.
    »Ich werde nicht hingehen!« antwortete Sachar entschlossen.
    »Nein, geh nur hin!« sprach Oblomow beharrlich.
    »Warum sollte ich am Wochentag einen Besuch machen? Ich werde nicht hingehen!« sagte Sachar trotzig.
    »Geh doch hin und amüsiere dich! Sei nicht eigensinnig, wenn dein Herr dir die Gnade erweist und dich fortläßt ... Geh zu deinen Bekannten!«
    »Zum Kuckuck mit diesen Bekannten!«
    »Willst du sie denn nicht sehen?«
    »Das sind solche Schufte, daß ich sie gar nicht sehen möchte!«
    »Geh doch, geh!« wiederholte Oblomow beharrlich, wobei ihm das Blut zu Kopfe stieg.
    »Nein, ich bleibe heute den ganzen Tag zu Hause! Ich werde vielleicht am Sonntag hingehen!« lehnte Sachar gleichgültig ab.
    »Nein, jetzt, sofort!« trieb Oblomow ihn aufgeregt zur Eile an. »Du mußt ...«
    »Ja, warum soll ich denn plötzlich hingehen?«
    »Also, dann geh zwei Stunden lang spazieren. Du hast ein so verschlafenes Gesicht – geh in die frische Luft.«
    »Mein Gesicht ist so, wie es bei unsereinem zu sein pflegt!« sagte Sachar, träge durchs Fenster blickend.
    Ach du mein Gott, sie wird gleich hier sein! dachte Oblomow, sich den Schweiß von der Stirn wischend.
    »Also, geh doch spazieren, man bittet dich! Da hast du zwanzig Kopeken! Trinke mit deinen Freunden ein Glas Bier.«
    »Ich werde lieber im Flur bleiben! Wohin soll ich denn bei diesem Frost gehen? Oder ich werde am Tor sitzen, das ginge schon ...«
    »Nein, du sollst nicht am Tor bleiben!« sagte Oblomow rasch. »Geh in eine andere Straße, dorthin, links, dem Garten zu ... auf die andere Seite!«
    Was soll das bedeuten? dachte Sachar. Er schickt mich spazieren; das war noch nicht da!
    »Ich werde lieber am Sonntag fortgehen, Ilja Iljitsch ...«
    »Wirst du gehen?« begann Oblomow, sich mit zusammengepreßten Zähnen Sachar nähernd. Sachar verschwand, und Oblomow rief Anissja herein.
    »Geh auf den Markt«, sagte er ihr, »und kaufe zum Mittagessen ein ...«
    »Ich habe alles eingekauft; das Essen wird bald fertig sein ...« begann die Nase.
    »Schweig und gehorche!« fuhr Oblomow sie so an, daß Anissja Angst bekam.
    »Kaufe ... Spargel ...« schloß er nach einer Weile, da ihm nichts einfiel, was er holen lassen konnte.
    »Wo bekommt man denn jetzt Spargel, Väterchen? Das gibt es doch jetzt nicht ...«
    »Marsch!« schrie er, und sie lief fort.
    »Laufe, so schnell du kannst!« schrie er ihr nach. »Und schau dich nicht um; von dort mußt du aber so langsam als möglich zurückkehren und darfst nicht vor zwei Stunden hier sein!«
    »Was soll das heißen?« sagte Sachar zu Anissja, ihr vor dem Tore begegnend. »Er hat mich spazieren fortgejagt und hat mir zwanzig Kopeken gegeben! Wohin soll ich spazieren gehen?«
    »Das ist die Sache des Herrn!« bemerkte die findige Anissja. »Geh zu Artemij, dem gräflichen Kutscher, und bewirte ihn mit Tee, er

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