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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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gesagt?«
    »Ich habe ihnen gedankt; ich habe der Kinderfrau ein Tuch geschenkt, und sie hat mir versprochen, ins Sergiuskloster zu Fuß hinzugehen. Ich habe Katja versprochen, mich für sie zu verwenden und sie mit dem Konditor zu verheiraten; sie hat ihren eigenen Roman ...«
    Er sah sie mit erschrockenen und erstaunten Augen an.
    »Du kommst jeden Tag zu uns; es ist also sehr natürlich, daß die Dienstboten davon sprechen«, fügte sie hinzu. »Sie sind immer die ersten. Mit Sonitschka war es ganz ebenso; warum erschreckt dich das so?«
    »Also daher stammen die Gerüchte!« sagte er gedehnt.
    »Sind sie denn unbegründet? Es ist ja wahr!«
    »Es ist wahr!« wiederholte Oblomow weder fragend noch verneinend. »Ja«, fügte er dann hinzu, »du hast wirklich recht; ich will aber nicht, daß sie von unseren Zusammenkünften etwas erfahren, darum fürchte ich mich ...«
    »Du fürchtest dich und zitterst wie ein Knabe ... Ich begreife nicht! Stiehlst du mich denn?«
    Es war ihm unbehaglich; sie blickte ihn aufmerksam an.
    »Höre einmal!« sagte sie. »Es steckt irgendeine Lüge, irgend etwas anderes dahinter ... Komm zu mir und erzähle alles, was du auf dem Herzen hast. Du hättest einen, zwei Tage, vielleicht eine Woche aus Vorsicht nicht kommen können; du hättest mir aber doch schreiben und alles mitteilen können. Du weißt, ich bin kein Kind mehr, und es ist nicht mehr so leicht, mich durch einen Unsinn zu verwirren. Was bedeutet das?«
    Er sann nach, küßte ihr dann die Hand und seufzte.
    »Weißt du, Oljga, ich glaube, daß es folgendes ist«, sagte er. »Meine Phantasie ist während dieser ganzen Zeit so von Angst um dich erfüllt, mein Verstand quält sich so mit Sorgen, mein Herz schmerzt mir vor bald sich verwirklichenden und bald dahinschwindenden Hoffnungen und Erwartungen, und mein ganzer Organismus ist erschüttert; er erstarrt und verlangt wenigstens zeitweise nach Ruhe.«
    »Warum erstarrt denn der meine nicht, und warum suche ich nur neben dir nach Ruhe?«
    »Du hast junge, unverbrauchte Kräfte, und du liebst ruhig und ohne Zweifel, während ich ... Aber du weißt ja, wie ich dich liebe!« sagte er, auf den Fußboden herabgleitend und ihr die Hände küssend.
    »Nein, ich weiß das noch nicht zur Genüge. Du bist so seltsam, mir kommen allerlei Vermutungen; mir steht der Verstand still, und meine Hoffnung erlischt ... Bald werden wir aufhören, einander zu verstehen. Dann steht es schlimm!«
    Sie schwiegen.
    »Was hast du denn diese Tage getan?« fragte sie, jetzt erst das Zimmer betrachtend. »Bei dir ist es nicht schön; was für niedere Zimmer! Die Fenster sind klein und die Tapeten alt ... Wo sind denn deine anderen Zimmer?«
    Er zeigte ihr voll Eifer die Wohnung, um die Frage, was er diese Tage getan hatte, zu vertuschen. Dann setzte sie sich aufs Sofa, und er ließ sich wieder zu ihren Füßen auf den Teppich nieder.
    »Was hast du denn während der zwei Wochen getan?« fragte sie wieder.
    »Ich habe gelesen, geschrieben und an dich gedacht.«
    »Hast du meine Bücher zu Ende gelesen? Wie sind sie? Ich werde sie mitnehmen.«
    Sie nahm ein Buch vom Tisch und sah die aufgeschlagene Seite an; sie war verstaubt.
    »Du hast nicht gelesen?« sagte sie.
    »Nein!« antwortete er.
    Sie blickte die zerdrückten, gestickten Kissen, die verstaubten Fenster, den Schreibtisch an, fand alles in der größten Unordnung, prüfte ein paar staubige Papiere, steckte die Feder ins ausgetrocknete Tintenfaß und sah ihn erstaunt an.
    »Was hast du denn getan?« wiederholte sie. »Du hast weder gelesen noch geschrieben?«
    »Ich habe zu wenig Zeit gehabt«, begann er stotternd. »Wenn ich des Morgens aufstehe, werden die Zimmer aufgeräumt, das stört mich; dann beginnt man vom Essen zu sprechen, die Kinder der Hausfrau kommen herein und bitten mich, ihre Aufgaben durchzusehen, und dann kommt das Mittagessen. Nach dem Essen kann man nicht mehr lesen.«
    »Du hast nach dem Essen geschlafen!« sagte sie so überzeugt, daß er nach einigem Schwanken leise antwortete: »Ja ...«
    »Warum denn?«
    »Um die Zeit nicht zu bemerken. Du warst nicht bei mir, Oljga, und das Leben ohne dich ist langweilig und unerträglich ...«
    Er schwieg, und sie blickte ihn streng an.
    »Ilja!« begann sie ernsthaft. »Erinnerst du dich, wie du mir im Park gesagt hast, daß in dir ein neues Leben beginne, wie du mir versichert hast, daß ich das Ziel deines Lebens und dein Ideal sei; du hast mich bei der Hand genommen und gesagt, sie

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