Oblomow
beherrschen, sang, sprach freundlich mit Anissja, scherzte, daß sie keine Kinder hatte, und versprach Pate zu sein, sowie sie ein Kind bekam. Dann tollte er mit Mascha so herum, daß die Hausfrau hereinkam und Mascha fortjagte, damit sie den Zimmerherrn nicht bei der »Arbeit« störe. Der Rest des Tages steigerte noch seinen Übermut; Oljga war lustig und sang, dann waren sie in der Oper, nach der Vorstellung trank er bei ihnen Tee, und die Tante, der Baron, Oljga und er führten dabei ein so herzliches, aufrichtiges Gespräch, daß Oblomow sich ganz als Mitglied dieser kleinen Familie fühlte; er hatte genug einsam gelebt; jetzt hatte er einen Unterschlupf gefunden, sein Leben hatte ein festes Ziel; er besaß Licht und Wärme – wie schön lebte es sich damit!
In der Nacht schlief er wenig; er las in Oljgas Büchern und bewältigte anderthalb Bände.
Morgen muß vom Gut ein Brief kommen, dachte er, und sein Herz klopfte ... und klopfte ... Endlich!
Achtes Kapitel
Als Sachar am nächsten Tag das Zimmer aufräumte, fand er auf dem Schreibtisch einen kleinen Handschuh, betrachtete ihn lange, lächelte und reichte ihn dann Oblomow.
»Wahrscheinlich hat ihn das Iljinskysche Fräulein vergessen«, sagte er.
»Zum Teufel!« donnerte Ilja Iljitsch ihn an, ihm den Handschuh aus den Händen reißend, »du lügst! Was für ein Iljinskysches Fräulein? Das gehört der Näherin aus dem Geschäft, die mir die Hemden zur Anprobe gebracht hat. Wie wagst du es, dir solche Sachen auszudenken?«
»Warum schimpfen Sie mich! Was denke ich mir denn aus? Man spricht ja schon bei der Hausfrau davon ...«
»Wovon spricht man?«
»Daß das Iljinskysche Fräulein mit ihrem Stubenmädchen hier war ...«
»Mein Gott!« rief Oblomow entsetzt aus, »woher kennen sie denn das Iljinskysche Fräulein? Du oder Anissja haben es ausgeplaudert ...«
Plötzlich schob sich Anissja bis zur Hälfte durch die Vorzimmertür.
»Wie, schämst du dich nicht, solchen Unsinn zu reden, Sachar Trofimitsch? Hören Sie ihm nicht zu, Väterchen, niemand hat das gesagt, weiß das und, bei Gott ...«
»Nun, nun, nun!« krächzte Sachar sie an, mit dem Ellbogen auf ihre Brust zielend, »warum steckst du überall deine Nase herein, wenn du gar nicht gefragt wirst!«
Anissja verschwand. Oblomow drohte Sachar mit beiden Fäusten und öffnete dann rasch die Tür in die Zimmer der Hausfrau. Agafja Matwejewna saß auf dem Fußboden und durchsuchte den Kram in einem alten Koffer; neben ihr lagen Haufen von Fetzen, Watte, alten Kleidern, Knöpfen und Pelzstückchen.
»Hören Sie«, begann Oblomow freundlich, aber aufgeregt, »meine Dienstboten plaudern lauter dummes Zeug; glauben Sie ihnen um alles in der Welt nicht!«
»Ich habe nichts gehört«, sagte die Hausfrau. »Was plaudern sie?«
»Bezüglich des gestrigen Besuches«, fuhr Oblomow fort, »sie sagen, daß bei mir ein Fräulein war ...«
»Was geht es uns an, wer unsere Mietspartei besucht?« sagte die Hausfrau.
»Glauben Sie, bitte, nicht daran; das ist nichts als Verleumdung! Es war gar kein Fräulein da; es ist nur die Näherin hier gewesen, die mir Hemden näht. Sie hat sie mir zur Anprobe gebracht ...«
»Wo haben Sie Ihre Hemden bestellt? Wer näht Ihnen?« fragte die Hausfrau lebhaft.
»Im französischen Geschäft ...«
»Zeigen Sie sie mir, wenn man sie Ihnen bringt; ich kenne zwei Mädchen, die so nähen und so steppen, wie es keine Französin machen kann. Ich habe es gesehen, sie haben für den Grafen Metlinskij genäht und haben ihre Arbeit hergebracht, um sie mir zu zeigen; niemand kann das so machen. Die Hemden, die Sie tragen, sind bei weitem nicht so schön genäht ...«
»Sehr wohl, ich werde daran denken. Glauben Sie nur um Gottes willen nicht, daß das Fräulein da war ...«
»Was geht es uns an, wer zur Partei kommt? Und wenn es auch ein Fräulein war ...«
»Nein, nein!« leugnete Oblomow. »Aber ich bitte Sie, das Fräulein, das Sachar meint, ist sehr groß und hat eine Baßstimme, während diese Näherin, wie sie wohl gehört haben, mit einer ganz feinen Stimme spricht; sie hat eine wunderschöne Stimme. Bitte, glauben Sie nicht ...«
»Was geht das uns an?« sagte die Hausfrau, als er ging.
»Vergessen Sie also nicht, mir zu sagen, wenn Sie sich Hemden nähen lassen wollen. Meine Bekannten können so steppen ... sie heißen Lisaweta Nikolawna und Maria Nikolawna.«
»Gut, gut, ich werde nicht vergessen; aber glauben Sie nur bitte nicht ...«
Und er ging, zog sich an
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