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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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der Nase alles fort, räumte auf, brachte das Zimmer in Ordnung und verschwand; oder die Hausfrau blickte selbst in Oblomows Zimmer herein, während er im Garten war, schüttelte den Kopf, wenn sie etwas in Unordnung fand, brummte vor sich hin, schüttelte die Kissen wie einen Berg auf, sah sich die Überzüge an, flüsterte sich selbst zu, daß man sie wechseln müßte, tat es, wischte die Fenster ab, schaute hinter die Sofalehne und ging.
    Das allmähliche Heben des Meergrundes, das Verschwinden der Berge, das Ansammeln des Schlammes mit der Hinzufügung von leichten vulkanischen Ausbrüchen – das alles machte sich am meisten in Agafja Matwejewnas Schicksal bemerkbar, und niemand, am wenigsten sie selbst, wurde sich dessen bewußt. Das alles äußerte sich nur in den reichhaltigen, unerwarteten und endlosen Folgen.
    Warum war sie seit einiger Zeit so aufgeregt? Wenn früher der Braten angebrannt wurde, der Fisch in der Fischsuppe zu lange kochte und man kein Grünzeug in die Suppe gelegt hatte, gab sie Akulina strenge, aber ruhig und würdevoll einen Verweis und vergaß es wieder; wenn aber jetzt etwas Ähnliches vorkam, sprang sie während des Essens auf, lief in die Küche, ließ eine ganze Flut von bitteren Vorwürfen auf Akulina herabsausen und schmollte selbst mit Anissja; am nächsten Tage paßte sie aber selbst auf, ob man das Grünzeug nicht vergessen hatte und ob der Fisch nicht zu lange kochte. Man könnte vielleicht glauben, daß sie in den Augen eines Fremden auf dem Gebiet der Wirtschaft, auf das ihre ganze Eitelkeit und Tätigkeit gerichtet war, als unzuverlässig zu erscheinen fürchtete. Gut. Warum fielen ihr aber früher um acht Uhr abends die Augen zu, und warum legte sie sich um neun schon hin, nachdem sie die Kinder zu Bett gebracht und nachgesehen hatte, ob das Licht in der Küche ausgelöscht war, ob man die Rauchfänge geschlossen hatte und ob alles in Ordnung war – und dann hätte sie bis sechs Uhr früh keine Kanone aufgeweckt? Aber wenn Oblomow jetzt ins Theater fuhr oder sich bei Iwan Gerassimowitsch verspätete und lange nicht zurückkam, konnte sie nicht schlafen, wälzte sich von einer Seite auf die andere, bekreuzte sich, seufzte, schloß die Augen, aber der Schlaf kam nicht über sie! Sowie sie auf der Straße ein Geräusch hörte, hob sie den Kopf, sprang manchmal vom Bett auf, öffnete das Fenster und lauschte, ob das nicht er sei. Wenn ans Tor geklopft wurde, warf sie einen Rock über, lief in die Küche, weckte Sachar und Anissja auf und schickte sie hinaus. Man könnte vielleicht sagen, daß sich darin eine gewissenhafte Hausfrau äußerte, die es nicht haben wollte, daß in ihrem Hause Unordnung herrschte, daß der Zimmerherr in der Nacht draußen warten mußte, bis der betrunkene Hausbesorger ihn hörte und ihm öffnete, und daß sie endlich fürchtete, das anhaltende Klopfen könnte die Kinder aufwecken ... Gut. Aber warum ließ sie niemand in Oblomows Zimmer herein, als er erkrankte, warum bedeckte sie es mit Teppichen und Filz, verhängte die Fenster und geriet trotz ihrer Güte und Sanftheit in Wut, wenn Wanja und Mascha aufschrien oder laut auflachten? Warum saß sie des Nachts, ohne sich auf Sachar und Anissja zu verlassen, an seinem Bett und wandte bis zur Frühmesse kein Auge von ihm, warf dann ihren Mantel um, schrieb mit großen Buchstaben Ilja auf ein Stück Papier, lief in die Kirche hin, wo sie für seine Gesundheit beten ließ, ging dort in eine Ecke, warf sich auf die Knie und blieb lange mit auf den Fußboden geschmiegtem Kopf liegen, dann eilte sie auf den Markt, kehrte angsterfüllt nach Hause zurück, schaute zur Tür herein und fragte Anissja flüsternd: »Nun, wie ist's?« Man wird sagen, daß es nichts als Mitleid und Nächstenliebe, die Hauptelemente des weiblichen Wesens, waren. Gut. Warum magerte sie aber ab und verhielt sich allem gegenüber so gleichgültig? Sie war imstande, Kaffee zu mahlen, ohne zu wissen, was sie tat, oder legte eine solche Menge Zichorie hinein, daß man den Kaffee gar nicht trinken konnte, und schmeckte das gar nicht, als ob sie keine Zunge hätte, als Oblomow während seiner Genesung den ganzen Winter düster blieb, mit ihr kaum sprach, nicht zu ihr hereinschaute, sich nicht dafür interessierte, was sie tat, und mit ihr nicht scherzte und lachte. Wenn Akulina den Fisch zu wenig kochen ließ, wenn der Bruder brummte und vom Tisch fortging, saß sie wie steinern da, als hörte sie nicht. Früher hatte niemand sie

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