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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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nachdenklich gesehen, das kleidete sie auch gar nicht gut; sie war sonst immer in steter Bewegung und Tätigkeit, sie schaute überall hin und sah alles, und jetzt konnte sie mit dem Mörser auf den Knien wie im Schlaf reglos dasitzen und begann dann mit der Mörserkeule so zu klopfen, daß sogar der Hund anschlug und jemanden am Tor vermutete. Sowie Oblomow aber zu sich kam, sowie auf seinem Gesicht wieder ein freundliches Lächeln erschien, sowie er sie wieder freundlich anzublicken begann, zu ihr kam und mit ihr scherzte, nahm sie wieder zu und führte froh und voll Lust ihre Wirtschaft, die jetzt einen leisen individuellen Anstrich gewann. Früher bewegte sie sich den ganzen Tag wie eine gut konstruierte Maschine, genau und gleichmäßig, sie ging mäßig schnell, sprach weder leise noch laut, mahlte Kaffee, hackte Zucker, siebte irgend etwas durch, setzte sich dann an ihre Näharbeit und handhabte die Nadel in genauen Zwischenräumen wie einen Uhrzeiger; dann erhob sie sich langsam, blieb auf halbem Wege in die Küche stehen, öffnete den Schrank, nahm etwas heraus und trug es wie eine Maschine irgendwohin. Aber jetzt, da Ilja Iljitsch zum Mitglied ihrer Familie geworden ist, stößt und siebt sie ganz anders. Sie hat ihre Spitzen fast vergessen. Sie setzt sich ruhig hin und beginnt zu nähen; plötzlich ruft Oblomow Sachar zu, er möchte ihm den Kaffee reichen. Sie ist in einem Satz in der Küche und sieht alles so genau an, als zielte sie irgendwohin, ergreift einen Löffel, sieht sich den Kaffee bei Licht an, um zu erfahren, ob er genug gekocht ist und sich gesetzt hat, gibt acht, daß kein Satz hineinkommt, und überzeugt sich, ob auf dem Rahm keine Haut ist. Wenn sein Lieblingsgericht gekocht wurde, sah sie in die Pfanne hinein, hob den Deckel auf, roch, kostete, ergriff dann selbst die Pfanne und hielt sie über dem Feuer. Wenn sie für ihn Mandeln rieb oder etwas stieß, tat sie es mit solchem Eifer und solcher Anstrengung, daß ihr der Schweiß kam. Ihre ganze Wirtschaft, das Stoßen, das Bügeln, Sieben und Ähnliches gewann für sie einen neuen, lebendigen Sinn: die Ruhe und Bequemlichkeit von Ilja Iljitsch. Früher hatte sie das für ihre Pflicht angesehen, und jetzt war es für sie zum Genuß geworden. Sie begann auf ihre Weise voll und ganz zu leben. Sie wußte aber nicht, was mit ihr vorging, befragte sich niemals darüber, sondern ergab sich bedingungslos, ohne Widerstand oder Begeisterung, ohne Beben, ohne Leidenschaft, ohne vage Ahnungen und Traurigkeit, und ohne daß die Saiten der Nerven berührt wurden, diesem süßen Joch. Es war, als hätte sie plötzlich ihren Glauben gewechselt, und als erfülle sie alle seine Ritualien, ohne darüber zu grübeln, was das für ein Glaube sei, und welche Dogmen er habe, vielmehr, als gehorche sie blind seinen Gesetzen. Das alles hatte sich wie von selbst auf sie herabgesenkt, als wäre sie, ohne zurückzuwanken oder vorauszueilen, unter eine Wolke geraten; die Liebe zu Oblomow war so einfach über sie gekommen, als hätte sie sich erkältet und wäre an einem unheilbaren Fieber erkrankt. Sie selbst ahnte nichts; wenn man es ihr gesagt hätte, wäre es für sie etwas ganz Neues gewesen, sie hätte gelächelt und wäre verlegen geworden. Sie hatte die Pflichten in bezug auf Oblomow schweigend übernommen, vertiefte sich in die Physiognomie jedes Hemdes, zählte die durchgewetzten Fersen seiner Strümpfe, wußte, mit welchem Fuß er vom Bett aufstand, bemerkte, wenn sich auf seinem Auge ein Gerstenkorn bilden wollte, wieviel er von jedem Gericht aß, ob er fröhlich oder traurig war, ob er viel oder wenig schlief, als hätte sie sich ihr ganzes Leben damit abgegeben, und stellte sich nicht die Frage, warum sie es tat, was Oblomow ihr war, warum sie sich so abmühte. Wenn man sie gefragt hätte, ob sie ihn liebte, würde sie wieder lächeln und bejahend antworten, doch sie würde schon damals, als Oblomow erst seit einer Woche bei ihr war, dasselbe geantwortet haben.
    Warum oder wofür liebte sie gerade ihn, warum hatte sie ohne zu lieben geheiratet und ihr dreißigstes Lebensjahr erreicht, und warum war es jetzt plötzlich über sie gekommen? Wenn man die Liebe auch ein launisches, unbewußtes Gefühl nennt, das wie eine Krankheit entsteht, hat sie doch wie alles ihre Gesetze und Ursachen. Und wenn diese Gesetze bis jetzt noch wenig erforscht worden sind, ist dieser Umstand dadurch zu erklären, daß ein von der Liebe betroffener Mensch sich nicht in der

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