Oblomow
wiederholte Sachar beharrlich.
»Es war noch etwas da!« sagte Ilja Iljitsch.
»Nein!« antwortete Sachar.
»Nun, dann kaufe Käse.«
»Geben Sie mir Geld.«
»Dort liegt kleines Geld, nimm es!«
»Hier ist nur ein Rubel vierzig, und ich brauche einen Rubel sechzig Kopeken.«
»Dort waren noch Kupfermünzen!«
»Ich habe keine gesehen!« sagte Sachar, von einem Fuß auf den anderen tretend. »Es war Silber da, das liegt hier noch, es waren aber keine Kupfermünzen dabei!«
»Es waren welche dabei; gestern hat sie der Hausierer mir selbst in die Hand gegeben.«
»Ich war dabei«, sagte Sachar, »ich habe gesehen, daß er Kleingeld gegeben hat, ich habe aber keine Kupfermünzen gesehen ...«
Vielleicht hat Tarantjew sie genommen? dachte Ilja Iljitsch unschlüssig, aber nein, der hätte auch das Kleingeld genommen.
»Was gibt es also sonst noch?« fragte er.
»Gar nichts! Ich muß Anissja fragen, ob der gestrige Schinken noch da ist«, sagte Sachar. »Soll ich ihn bringen?«
»Bringe, was da ist. Wieso ist denn sonst nichts geblieben?«
»Nun, es ist eben nichts geblieben!« sagte Sachar und ging.
Und Ilja Iljitsch spazierte langsam und sinnend im Zimmer herum.
»Ja, ich habe viel Sorgen«, sagte er leise. »Zum Beispiel der Plan – wieviel Arbeit er noch erfordert! ... Und es ist doch ein Stück Käse übriggeblieben«, fügte er sinnend hinzu, »Sachar hat ihn aufgegessen und sagt, daß keiner da war! Und wo sind die Kupfermünzen hingekommen?« sagte er, mit der Hand auf dem Tisch herumtastend.
Nach einer Viertelstunde stieß Sachar die Tür mit dem Präsentierbrett auf, das er in beiden Händen hielt, und wollte, als er im Zimmer war, die Tür mit dem Fuß zuschlagen, doch er hatte falsch gezielt und traf den leeren Raum; das Weinglas fiel herab, ihm folgte der Pfropfen der Karaffe und eine Semmel.
»Du kannst keinen Schritt machen, ohne daß so etwas vorkommt!« sagte Ilja Iljitsch. »Nun, so hebe doch das, was du fallen gelassen hast, auf; er steht noch da und bewundert es!«
Sachar beugte sich mit dem Präsentierteller herab, um die Semmel aufzuheben, bemerkte aber, als er sich niedergekauert hatte, daß seine beiden Hände beschäftigt waren und er nichts hatte, womit er die Semmel aufheben konnte.
»Nun, hebe es einmal auf!« sagte Ilja Iljitsch spöttisch. »Nun also? Warum tust du es denn nicht?«
»Oh, daß euch der Teufel hole, ihr verfluchten«, wandte sich Sachar wütend an die herabgeworfenen Gegenstände, »wo kommt es denn vor, daß knapp vor dem Mittagessen gefrühstückt wird?«
Er stellte das Präsentierbrett hin und hob alles, was ihm heruntergefallen war, vom Fußboden auf; er nahm die Semmel, blies sie ab und legte sie auf den Tisch.
Ilja Iljitsch begann zu frühstücken, und Sachar blieb in einiger Entfernung stehen und blickte ihn von der Seite an, als hätte er vor, etwas zu sagen. Aber Oblomow frühstückte, ohne ihm die geringste Beachtung zu schenken. Sachar räusperte sich zweimal. Oblomow sah sich noch immer nicht um.
»Der Verwalter hat soeben wieder herübergeschickt«, begann Sachar endlich schüchtern, »er sagt, der Baumeister war bei ihm, er fragt, ob er unsere Wohnung anschauen darf? Es ist alles des Umbaues wegen ...«
Ilja Iljitsch aß, ohne ein Wort zu erwidern.
»Ilja Iljitsch!« sagte Sachar nach einer Weile noch leiser.
Ilja Iljitsch gab sich den Anschein, als hörte er nichts.
»Man fordert, daß wir nächste Woche ausziehen«, krächzte Sachar.
Oblomow trank ein Glas Wein und schwieg.
»Was sollen wir denn anfangen, Ilja Iljitsch?« fragte Sachar fast flüsternd.
»Habe ich dir denn nicht verboten, mir davon zu sprechen!« sagte Ilja Iljitsch streng, erhob sich und kam auf Sachar zu. Dieser wich vor ihm zurück.
»Was du für ein giftiger Mensch bist, Sachar!« fügte Oblomow überzeugt hinzu.
Sachar fühlte sich verletzt.
»Aber«, sagte er, »ich bin giftig! Warum bin ich denn giftig? Ich habe niemand umgebracht.«
»Natürlich bist du giftig!« wiederholte Ilja Iljitsch, »du vergiftest mir das Leben.«
»Ich bin nicht giftig!« sagte Sachar.
»Warum läßt du mir mit der Wohnung keine Ruhe?«
»Was soll ich denn tun?«
»Und was soll ich denn tun?«
»Sie wollten doch dem Hausherrn schreiben!«
»Ich werde ihm auch schreiben; warte nur; aber das geht doch nicht so schnell!«
»Sie sollten ihm jetzt gleich schreiben!«
»Jetzt, jetzt! Ich habe noch Wichtigeres zu tun. Du glaubst, das ist wie Holzhacken? Eins, zwei, drei? Da«,
Weitere Kostenlose Bücher