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Obsession

Titel: Obsession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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Er hatte den Motor ausgeschaltet, als er vor zwanzig Minuten parkte, und die Wärme, die die Heizung während
     der Fahrt aufgebaut hatte, war nun größtenteils verflogen.
    Er schob seine Hände unter die Achseln und wartete. Nach einer weiteren halben Stunde ging die Tür des Pubs wieder auf, und
     eine Frau kam heraus. Ihr Gesicht war hinter einem Schirm versteckt, den der Wind umzustülpen drohte. Ben wischte die beschlagene
     Scheibe. Er war sich nicht sicher, ob sie es war. Dann wehte eine Windböe ihre Jacke auf, sodass man das kurze Kleid darunter
     sehen konnte, und da gab es für ihn keinen Zweifel mehr.
    |312| Als sie am Wagen vorbeikam, stülpte sich ihr Schirm um. Sie blieb stehen und mühte sich damit ab. Ben öffnete die Beifahrertür,
     und fast hätte der Wind sie ihm aus der Hand gerissen.
    «Kann ich Sie mitnehmen?»
    Sandra Cole bückte sich und versuchte, ihn durch den Regen zu sehen. Als ihr Gesicht plötzlich erstarrte, wusste er, dass
     sie ihn erkannt hatte. Mit einem Ruck klappte sie den Schirm wieder auf die richtige Seite. Dann, als wäre er nicht da, klapperte
     sie mit ihren hochhackigen Schuhen auf dem nassen Asphalt davon.
    «Ich kann auch jederzeit zur Hintertür hereinschleichen», rief er.
    Sie blieb stehen, sah ihn an und versuchte, sich darüber klarzuwerden, was er meinte. Bens Rücken begann zu zwicken, weil
     er sich die ganze Zeit über den Beifahrersitz beugte und die Tür offen hielt. «Es bringt doch nichts, bei dem Wetter zu Fuß
     zu gehen», sagte er.
    Sie stand unschlüssig da. Dann schaute sie schnell die Straße auf und ab, klappte den Regenschirm zusammen und stieg ein.
    Sie atmete etwas schwer, als er losfuhr. Sofort roch es im Wagen nach ihrem Parfüm und nassen Kleidern. Feuchtigkeit und Kälte
     waren mit ihr hereingekommen, aber er meinte, darunter auch ihre Körperwärme wahrzunehmen. Ihr Haar, durch den Regen annähernd
     so dunkel wie ihre Naturfarbe, klebte auf ihrer Stirn und ihrem Nacken. Das Regenwasser perlte von ihrem Gesicht wie Schweiß.
    Er bemerkte einen großen blauen Fleck auf einer Wange, der vergeblich mit Make-up abgedeckt war.
    «Was wollen Sie?», fragte sie.
    «Wir müssen reden.»
    |313| «Ach, wirklich?»
    «Ich glaube schon.»
    «Ich nicht. Ich habe Ihnen nichts zu sagen.»
    «Vielleicht doch, wenn Sie wissen, worüber ich reden will.»
    Er war nicht so zuversichtlich, wie er zu klingen versuchte. Seine Aufregung über Ann Usherwoods Neuigkeiten war verblasst,
     nachdem sie ihm erzählt hatte, dass eine geheim gehaltene Vorstrafe – besonders eine zwölf Jahre alte – keinen Einfluss auf
     die gegenwärtige Situation hatte. Die Bekanntgabe wäre peinlich für die Behörden, aber das war alles. Der Tod von Sandras
     Kind war zwar eine ernste Sache, aber nur ihr Mann war verurteilt worden. Man hatte ihn des Totschlags für schuldig befunden;
     die schlimmste Anklage gegen sie lautete Vernachlässigung der Sorgepflicht.
    «Cole kann nicht dafür verantwortlich gemacht werden, was seine Frau getan hat, bevor er sie kennengelernt hat», hatte die
     Anwältin gesagt. «Und selbst wenn man sie für unfähig hält, mit einem anderen Kind in einem Haushalt zu leben, was ich ehrlich
     gesagt nicht glaube, zu wem wird Cole Ihrer Meinung nach wohl halten, wenn er gezwungen wird, eine Wahl zwischen den beiden
     zu treffen?»
    Die Antwort lag auf der Hand. Was hat das nun gebracht?, hatte er sich müde gefragt. Was hat es gebracht, verdammt nochmal?
     Usherwood hatte gesagt, dass es sie in eine wesentlich bessere Position brachte, um sein Recht auf Umgangskontakt einzufordern,
     und ihn gefragt, ob er wolle, dass sie nun seine Beschwerde vor den Behörden vertrat. Nein, hatte er gesagt. Noch nicht.
    Zuerst wollte er mit jemandem sprechen.
    In der Enge des Wagens spürte er Sandra Coles argwöhnische |314| Blicke, aber er konzentrierte sich auf die Straße. Sie schwiegen, bis sie das Haus erreicht hatten. Er hielt den Wagen an
     und schaltete den Motor aus.
    «Sagen Sie schon, was Sie zu sagen haben», forderte sie ihn auf.
    «Ich würde lieber drinnen mit Ihnen sprechen.»
    «Sie können nicht reinkommen.» Unter dem aggressiven Ton klang sie beinahe ängstlich.
    «Wenn wir hier sitzen bleiben, können uns alle Nachbarn sehen. Es wird ihm nicht gefallen, wenn er davon hört, oder?»
    Sie presste ihre Lippen zusammen und stieg dann aus. Ben nahm seine Tasche vom Rücksitz und folgte ihr. Der Regen prasselte
     auf das Pflaster und durchnässte ihn auf

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