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Obsession

Titel: Obsession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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Schock lag, doch als er am Abend, nachdem Keith entlassen worden
     war, bei ihnen zu Hause vorbeischaute, begrüßte sie ihn genauso kontrolliert.
    «Du kannst nicht lange bleiben. Ich möchte nicht, dass er sich verausgabt», sagte sie ihm. Ihr Lächeln war so starr wie Porzellan.
     Er hatte sich auf Tränen, Bestürzung und Selbstanklagen eingestellt. Stattdessen verströmte sie die gleiche selbstzufriedene
     Zuversicht, die sie normalerweise bei ihren Dinnerpartys annahm.
    Er wunderte sich noch darüber, als er ihr ins Wohnzimmer folgte. Keith saß auf einem Sessel vor dem Fernseher, dessen Ton
     so leise eingestellt war, dass er unmöglich etwas verstehen |342| konnte. Er machte ein verlegenes Gesicht, als Tessa Ben hereinführte.
    «Schau mal, wer dich besuchen kommt», verkündete sie mit einer Falschheit, die Ben zusammenzucken ließ. Sie sagte, sie sei
     in der Küche, falls die beiden sie bräuchten, und verschwand. Der Nachgeschmack ihrer Anwesenheit hing mit ihrem Parfüm in
     der Luft und hemmte das Gespräch noch mehr.
    Ben setzte sich auf die Sofakante. «Und, wie geht es dir?»
    «Okay.»
    Keith schaute auf seine Hände, auf den Fernseher und schließlich wieder auf seine Hände. Sein Gesicht war blass und schmaler
     als beim letzten Mal, als Ben ihn gesehen hatte. Die Ungeheuerlichkeit dessen, was er hatte tun wollen, stand zwischen ihnen.
     Und Bens Enttäuschung. Er hatte das Gefühl, seinen Freund nicht mehr zu kennen.
    «Willst du darüber reden?»
    Keith richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Fernseher. «Was gibt es darüber zu reden? Ich habe versucht, mich umzubringen,
     und ich   ...» Er zuckte mit den Achseln und musste dann husten. «Tut mir leid», sagte er, nachdem der Anfall vorüber war. «Ich bin
     noch ein bisschen schweratmig.»
    «Warum hast du es getan?» Die Frage, die Ben die ganze Zeit bedrückt hatte, platzte schließlich aus ihm heraus. «Und warum
     hast du nichts gesagt?»
    «Es gab nichts zu sagen. Jo hat mit mir Schluss gemacht.» Keith lächelte schwach. «Noch so ein Scheißklischee, was?»
    Ben merkte, dass er seine Fragen und Antworten abwog, bevor er sie äußerte. «Wann?»
    «Letzte Woche.»
    Sein erstes Gefühl war Erleichterung darüber, dass es eine |343| spontane Tat gewesen war, dass er nicht so mit seinen eigenen Problemen beschäftigt gewesen war, dass er die Anzeichen übersehen
     hatte. Dann schämte er sich dafür. «Was ist passiert?»
    «Ihr wurde die Möglichkeit angeboten, für das New Yorker Büro der Plattenfirma zu arbeiten. Sie fliegt nächsten Monat, aber
     sie meinte, es wäre besser, sofort einen Schlussstrich zu ziehen, damit hier keine offenen Fragen bleiben.»
    «Deshalb hast du   ... Du weißt schon   ...»
    «Versucht mich umzubringen? Wahrscheinlich habe ich es nicht ertragen, eine ‹offene Frage› zu sein.»
    «Weiß Jo es?»
    «Das bezweifle ich. Die meisten Leute bei der Arbeit denken, ich bin einfach krank. Sie muss es auch nicht wissen. Ich habe
     es nicht getan, damit sie ihre Meinung ändert oder um ihr eins auszuwischen. Ich habe es für mich getan.»
    Die sachliche Art, mit der er darüber sprach, war zermürbend. «Du wirst so etwas nicht noch einmal versuchen, oder?»
    Keith lehnte seinen Kopf zurück und starrte an die Decke. «Nein, ich glaube nicht», sagte er nachdenklich. «Um dir die Wahrheit
     zu sagen, ich kann mich nicht einmal daran erinnern, wie ich mich dabei gefühlt habe. Vielleicht liegt es an den Beruhigungsmitteln,
     mit denen sie mich vollgepumpt haben, aber es kommt mir jetzt alles ziemlich weit weg vor. Im Moment kann ich mir nicht vorstellen,
     dass ich mich in irgendetwas derart reinsteigern könnte. Ich fühle mich nur ziemlich leer.»
    Ben erinnerte sich, wie er sich nach Sarahs Tod gefühlt hatte oder als Jacob zu Cole gekommen war. Aber er hatte nie an Selbstmord
     gedacht.
    Er fragte sich, ob das etwas über ihn aussagte.
    |344| «Was ist mit Tessa und den Jungs?», fragte er und fühlte sich merkwürdig betrogen. «Wie haben sie es aufgenommen?»
    «Ach, ganz gut, Tessa sogar sehr gut. Andrew hat wohl nicht ganz verstanden, was los war, aber ich wünschte, Scott hätte mich
     nicht gefunden.» Er schürzte seine Lippen. «Also ich meine, dann lieber jemand anders.»
    Tessa hatte Ben erzählt, dass ihr ältester Sohn in die Garage gegangen war und seinen Vater bei laufendem Motor in dem verriegelten
     Wagen sitzen gesehen hatte. Ben mochte den Jungen nicht, aber das Erlebnis hätte er ihm

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