Obsession
sich mit starrem Blick im Raum um.
Als er Ben sah, blieb er abrupt stehen.
«Äh, Mr. Cole ...», sagte sein Anwalt. Sandra schaute hinab auf ihren Schoß. Cole blieb noch einen Moment stehen, ging dann weiter und setzte
sich, ohne Ben aus den Augen zu lassen.
Die grauhaarige Frau räusperte sich. «Ich möchte gerne allen Anwesenden für ihr Kommen danken. Mein Name ist Andrea Rogers,
ich werde diese Sitzung leiten. Statt getrennt zu beraten, haben sich sowohl Mr. und Mrs. Cole als auch Mr. Murray bereit erklärt, gemeinsam zu erscheinen und Informationen auszutauschen.»
|350| Sie wandte sich an die Coles. «Normalerweise hätte ich vorher ein paar Minuten allein mit Ihnen gesprochen, aber da wir spät
dran sind, werden wir leider gleich anfangen müssen.»
Sandra hatte auch bei dem unterschwelligen Tadel nicht den Kopf gehoben. Cole starrte weiterhin Ben an, während die Vorsitzende
die verschiedenen Sozialarbeiter und Fachleute im Raum vorstellte. Die letzte Person, zu der sie kam, war ein Sozialarbeiter
der Stadt, in der Sandra Cole früher gelebt hatte.
Ben sah, wie Sandra zusammenzuckte, als er vorgestellt wurde.
«Bevor wir beginnen, möchte ich darauf hinweisen, dass dies keine wie auch immer geartete rechtsgültige Anhörung ist», sagte
Rogers. «Niemand steht hier vor Gericht. Das Ziel dieser Sitzung ist, verschiedene Bedenken zu besprechen, die hinsichtlich
Jacobs Wohlergehen erhoben worden sind, und zu entscheiden, ob sich daraus Gründe ergeben, ihn in das Kinderschutzprogramm
aufzunehmen oder nicht.»
Cole drehte sich abrupt zu ihr. «Sie werden ihn nicht wegnehmen.»
«Das hat niemand behauptet, Mr. Cole. Aber es ist eine Beschwerde erhoben worden, und wir haben die Pflicht, diese zu prüfen.»
Sie hielt seinem starren Blick in aller Ruhe stand, ehe sie sich wieder ihren Notizen widmete. «Die Grundlage der Beschwerde
betrifft Jacobs besondere schulische Bedürfnisse. Außerdem sollen Sie ihn in bestimmten Fällen einem physischen Risiko ausgesetzt
haben und dies möglicherweise weiterhin tun. Darüber hinaus müssen wir neue Informationen bewerten, die über Ihre Frau bekannt
geworden und von den örtlichen Behörden übersehen worden sind.»
|351| Sandra schien in sich zusammenzusacken. Ben spürte, wie sich Coles Blick wieder auf ihn richtete.
«Wo ist Jacob heute?», fragte Rogers.
«Er ist gegenwärtig in der Schule», antwortete Coles Anwalt, als wollte er dafür Beifall ernten. «Mein Mandant ist sich jetzt
der Bedeutung bewusst, welche die Förderung seines Sohnes hat, und hat mir das Versprechen gegeben, dass er in Zukunft wie
üblich am Unterricht teilnehmen wird.»
«Das höre ich gerne. Aber wir werden uns leider davon überzeugen müssen, dass dieses Versprechen auch eingehalten wird. Außerdem
müssen wir über zusätzliche Maßnahmen nachdenken, die möglicherweise getroffen werden müssen, um eine solch lange Phase der
Benachteiligung auszugleichen.»
«Mein Mandant ist sich darüber im Klaren, dass ...»
«Er ist in keiner Weise benachteiligt», unterbrach Cole ihn.
«Ich meinte das in schulischer Hinsicht», sagte Rogers. «Jacob ist Autist. Er benötigt ...»
«Er ist mein Sohn. Ich bin alles, was er braucht.»
«Mir ist der Hintergrund dieses Falls bekannt, Mr. Cole, und ich erkenne an, wie schwierig das alles für Sie sein muss, aber irgendwo hat die Nachsicht auch ein Ende. Wir sind
hier, um zu entscheiden ...»
«Es gibt nichts zu entscheiden.»
Rogers wandte sich an Coles Anwalt. «Vielleicht können Sie Ihrem Mandanten erklären, dass es in seinem eigenen Interesse ist,
zu kooperieren, Mr. Barclay. Er wird später die Möglichkeit haben, seine Sichtweise darzulegen, im Moment aber kommen wir mit dieser Blockadehaltung
nicht weiter.»
Der Anwalt beugte sich besorgt zu Cole und flüsterte auf ihn ein. Überall am Tisch wurden Papiere zusammengerafft, |352| da sich jeder den Anschein geben wollte, nicht auf die beiden zu achten. Cole sagte nichts, aber seine Kiefermuskeln zuckten
heftig. Ben spürte, dass die Polizistin ihn anschaute. Als er sie anlächelte, schenkte sie ihm nur einen kalten Blick.
Schließlich lehnte sich der Anwalt mit der Vorsicht eines Mannes zurück, der ein labiles Gefüge unbedingt aufrechterhalten
will. Er lächelte Rogers unsicher an.
«Okay», sagte er.
Die Fachleute gaben der Reihe nach ihre Einschätzung zum Fall wieder. Als Erstes sprach ein Beamter
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