Occupy Economics
Über die Marktbewegung ist man in der Lage, reale Werte in Zahlen auszudrücken, aber der Bezug zwischen den Zahlen und den realen Werten schwindet mit der Zeit. Außerdem hat die markterzeugte Bewertung in Geld nur einen geringen Bezug zu den realen Werten. Der momentane Ausdruck von Knappheit ordnet ein Gut nur ein, zeigt seinen rechnerischen, seinen relativen Wert im Verhältnis zum Wert der anderen auf dem Markt angebotenen Güter. Das ist eine Momentaufnahme, die rein gar nichts über den realen Wert eines Gutes aussagt. Ein gutes Beispiel dafür sind Dumpinglöhne aufgrund eines Überangebots von Arbeitskräften. Der reale Wert der Arbeit, die eingebrachte Lebensarbeitszeit, steht zu den bezahlten Löhnen oft völlig außer Relation.
Der Markt hat weder ein soziales noch ein ökologisches Gewissen, denn das findet man nur im Hinterland der Märkte, in der Privatsphäre. Wirtschaftliches Wachstum ist lediglich das Wachstum des Geld- und Warenumschlages auf den Märkten. Da der Mensch vieles, wenn nicht gar das Meiste an Versorgung mit realen Werten nicht über die Märkte bezieht, haben Umsatz- und Wachstumszahlen nur einen sehr begrenzten Aussagewert. Dann wäre die nächste Frage jedoch: Was macht man aus der ganzen Erkenntnis über die Prozesse am Markt? Wie kann man das alles noch gedanklich weiterspinnen?
Wenn man einen ganz großen Bogen spannt, kann man sagen: Der Mensch hat einen Haushalt, der ihn versorgt, und die Natur hat den Naturhaushalt. Die Klimaveränderung ist die Folge unserer Eingriffe in eben diesen Naturhaushalt. Diese Eingriffe sind realer Art, in erster Linie die Hebung und Verwertung fossiler Rohstoffe, Kohle, Öl und Gas. Die Erde hat in ein paar Milliarden Jahren mithilfe der Biosphäre den Kohlenstoff, der sich ursprünglich in der Erdatmosphäre befand und dort als CO 2 etwa 29 Prozent des Volumens ausmachte, fast komplett stofflich in stabilen Kohlenstoffverbindungen gespeichert und unter der Erde abgelagert. Wir Menschen haben die Kraft entdeckt, die als abgespeicherte Sonnenenergie darin steckt, denken Sie beispielsweise an das Benzin, mit welcher Kraft es aus einem kleinen Motor heraus stunden- und tagelang tonnenschwere Fahrzeuge bewegen kann.
Wie gesagt, das CO 2 war fast komplett aus der Erdatmosphäre verschwunden und oberhalb und unter der Erde vergraben. Die Erde hatte sich mehr oder weniger in einem Gleichgewichtszustand befunden, wobei seit etwa sechstausend Jahren der Mensch insofern schon eine Rolle spielte, als er durch den großflächigen Ackerbau für eine stabile Erdwärme an vielen Stellen der Oberfläche sorgte. Aber das war alles noch Kreislaufwirtschaft. Erst die Exploration der fossilen Bodenschätze durch den Menschen und deren Rückablagerung in der Erdatmosphäre, das Verbrennen, war und ist der Eingriff in den Naturhaushalt, der zu dramatischen Gegenbewegungen innerhalb desselben führte und immer noch führt. Letztlich wird hier die erdgeschichtliche Entwicklung zurück abgewickelt. Und wir benutzen dafür in erster Linie unsere internationale Arbeitsteilung, also die globalen Märkte. Die Märkte verteilen, was im Hinterland exploriert wird und was dorthin auch wieder zwecks Verarbeitung (Betriebe) oder zum Verbrauch (Haushalte) geliefert wird. Zu den Dingen, die über die Märkte gehen, gehören Arbeitskräfte, Technologien, Flächen et cetera, aber eben auch Rohstoffe. Die Ökonomie hat kein ökologisches Gewissen. Sie nimmt alles, was sie bekommen kann, verarbeitet es für sich oder der Kaufmann arbeitet es so auf, dass er es auf dem Markt in Geld verwandeln, zu Geld machen kann. Denn das ist ja das, was Aufgabe und funktionale Bestimmung des Kaufmanns ist. Der Kaufmann – und damit sind auch die riesigen Ölexplorationsfirmen Exxon und Co gemeint – hat kein ökologisches Gewissen, nur eine Aufgabe.
Das ökologische Gewissen, das sind wir alle, wobei »alle« der Staat ist und der Mensch, eben nicht der Kaufmann in seiner Verteilfunktion. Aber an allererster Stelle steht der Staat, die Staatengemeinschaft, und das bis in die untersten staatlichen Ebenen, die Gemeinden und seine Behörden. Das sind Dinge, die bei uns eigentlich schon alle wunderbar geregelt sind. Es beginnt beim Baurecht, das heißt, niemand darf so einfach irgendwo eine Hütte hinstellen. Wir haben ein Bauverbot für den Außenbereich, wir haben echte Schutzgebiete für Wasser, für Landschaften et cetera. Auch international kann man beobachten, dass sich das ökologische
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