Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung
Tuck Hallerton rein. Er hatte den ganzen Tag geangelt und brauchte einen Drink. Draußen war es so kalt, dass er seinen Fang einfach auf die mit Schnee gefüllte Ladefläche seines Trucks geworfen hat, um den Fisch tiefzufrieren. Er hat den Truck gegenüber vom Bergsteiger-Eck geparkt, und da ist seine Ladung den paar anderen Kneipenkunden aufgefallen.«
»Weil sie noch nie gesehen hatten, dass jemand Fische so lagert?«, fragte ich.
»Nein, weil sie noch nie Fische gesehen hatten, die so riesig waren – besonders mitten im Winter.« Natalie warf einen Blick über die Schulter, aber da ihre Gäste noch immer beschäftigt waren, wandte sie sich wieder um und erzählte weiter. »Offenbar waren die Viecher gigantisch … ungefähr wie Haie. Die Leute haben Tuck gefragt, wo man so etwas fangen kann, aber er hat gesagt, das wüssten nur er und die Fische, und so solle es auch bleiben. Von der Geschichte waren die Kneipengäste, die alle aus der Gegend kamen, so beeindruckt, dass sie es weitererzählt haben. Bis dahin hatte nie jemand von Tuck gehört, aber die Story sprach sich immer weiter rum, und alle wollten den mysteriösen Eisangler sehen, dem solche Brocken an den Haken gingen. Manche Leute tauchten jeden Abend auf, weil sie hofften, dass er mit einer neuen Fuhre monströser Wasserkreaturen auftauchen würde. Und da er tatsächlich ab und zu vorbeikam, wurde sein Fanclub ebenfalls zu Stammgästen.«
Ich warf Paige einen Blick zu. Wenn von monströsen Wasserkreaturen die Rede war, wurde ich automatisch nervös, und ihr ging es wahrscheinlich genauso.
»Na gut, und wie ging es weiter?«, fragte Paige scheinbar ungerührt. »Wie wird aus einem Truck voller Fische eine Goldgrube?«
»Weil sich das Ganze herumgesprochen hat und bald andere Eisangler auftauchten, um ihren Fang zu vergleichen. Die Einheimischen haben auch bald mitgemacht, und seitdem gibt es jeden Abend einen Wettbewerb, wer den größten oder seltsamsten Fisch gefangen hat.« Natalie tätschelte den roten Papierstapel. »Es gibt keine bessere Werbung als Mundpropaganda … und ich fürchte, die Leute werden nicht über Bettys hübsche neue Speisekarten reden.«
»Okay«, erwiderte Paige, »aber dafür reden sie über das fantastische Essen. So ist es immer gewesen, und unser Koch ist derselbe geblieben.«
»Ist eure Kundschaft auch dieselbe geblieben?«, hakte Natalie nach.
»Nein, sie ist geschrumpft. Deshalb ja die neuen Speisekarten, die Renovierungen und der ganze Rest.«
»Von den Gästezahlen mal abgesehen.« Natalie nickte in Richtung des älteren Paares an einem nahen Tisch. »Lockt ihr Stammkunden an? Ich meine, tauchen die Leute, die hier zum Brunch kommen, hinterher immer wieder auf und bringen ihre Freunde mit?«
Paige dachte darüber nach und betrachtete das Rentnerpaar. »Kann schon sein.«
»Was war denn eigentlich mit dem Sommer«, fragte ich, »als die Seen nicht zugefroren waren? Wieso sind die Leute trotzdem noch ins Bergsteiger-Eck gekommen?«
»Weil es sehr schnell einen gewissen Ruf hatte.« Natalie stand auf. »Dafür hat der erste Winter gereicht. Die Leute wollten sehen, wo sich die ganzen verrückten Geschichten abgespielt haben, von denen sie gehört haben. Wenn sie schon nicht selbst dabei gewesen sind, wollten sie wenigstens die Atmosphäre einatmen.«
Sie ging, um das Rentnerpaar zu bedienen, und ich schaute Paige an. »Klingt ein bisschen wie der Bull & Finch Pub in Boston.«
»Where everybody knows your name …«, trällerte Paige.
»Ja, genau. Oder zumindest kannte da jeder deinen Namen, bis die Kneipe durch die TV -Serie Cheers berühmt wurde. Jetzt ist dort ständiger Touristenrummel.«
»Auch ohne mutierte Fische.«
»Aber mit dem ›gewissen Ruf‹, von dem Natalie gesprochen hat. Natürlich sind die Serienschauspieler nie da, trotzdem stehen die Neugierigen draußen Schlange.«
Paige seufzte. »Bettys Fischerhaus hat bereits einen Ruf. Wir sind seit fünfzig Jahren so bekannt, dass wir uns vor Artikeln in Reisemagazinen kaum retten können. Die Leute sollten eigentlich nach Winter Harbor strömen, nur um unsere berühmte Suppe zu probieren.«
»Tun sie aber nicht«, sagte ich sanft.
»Vielleicht ist das nur eine kurze Flaute, die wir überstehen müssen, ohne uns verrückt zu machen. Irgendwann wird alles von selbst wieder normal.« Ihre Stimme klang optimistisch, aber gleichzeitig runzelte sie die Stirn.
»Du scheinst nicht ganz daran zu glauben«, stellte ich fest.
»Doch, schon. Das
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