Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung
Restaurant-Management?«
Die Entschuldigung schien Paige weicher zu stimmen, so dass sie endlich von ihrem Kaffee aufschaute. »Wahrscheinlich genauso viel wie wir. Wenn du irgendwelche Geheimtipps hast, würde ich sie gerne hören.«
Natalie schaute sich um, ob die Kunden versorgt waren, dann kehrte sie an unseren Tisch zurück und ließ sich auf den leeren Stuhl fallen.
»Der Laden hieß Bergsteiger-Eck und war eine richtige Spelunke«, sagte sie mit gedämpfter, aber lebhafter Stimme. »Eine runtergekommene Kneipe, um die normalerweise jeder einen weiten Bogen machen würde.«
»Aber sie hatte eine gute Lage?«, vermutete Paige. »In Winter Harbor sind alle der Meinung, dass kein Restaurant besser liegt als unseres – innerhalb der Stadt und direkt am Wasser.«
»Nein, die Gegend war furchtbar. Weder am Wasser noch an der Uni oder sonst einem Highlight. Die größte Attraktion in der Nähe war ein Waschsalon, der sich nachts in eine illegale Spielhölle verwandelte.«
»Klingt ja entzückend«, sagte Paige und warf mir einen Blick zu.
»Der Laden war total schrecklich. Meine Eltern haben mir nur erlaubt, da zu arbeiten, weil sie den Besitzer kannten – und weil die Trinkgelder unglaublich waren. Und zwar jeden einzelnen Abend.« Sie griff in ihre Hosentasche und holte ein abgegriffenes Pappquadrat heraus. »Das hier ist eine der Speisekarten.«
»Sieht aus wie ein Bierdeckel«, stellte Paige fest.
»Stimmt genau. Komplett mit Bierflecken und Resten von Barbecue-Soße.« Natalie drehte die Pappe in der Hand hin und her. »Ich schleppe sie ständig mit mir rum, weil ich ein bisschen sentimental bin.«
»Montag: Spare Ribs«, las ich und kniff die Augen zusammen, um mit der chaotischen Handschrift klarzukommen. »Dienstag: Chicken Wings, Mittwoch: McNuggets.«
»Kneipensnacks?«, fragte Paige ungläubig. »Und nur eine Sorte pro Tag?«
»Mehr war nicht nötig. Alle paar Monate hat der Besitzer die Tagesfolge geändert, aber die Gerichte selbst sind in den fünf Jahren, die ich dort gearbeitet habe, immer dieselben geblieben.«
»Das müssen ja umwerfende Snacks gewesen sein«, meinte ich.
»Na ja, schlecht waren sie nicht … aber man hätte genauso gutes oder besseres Essen in einem Dutzend Kneipen der Stadt bekommen können, die weniger runtergekommen aussehen.«
»Okay, also warum war der Laden so erfolgreich?« Paige nahm den Bierdeckel entgegen, den Natalie ihr in die Hand drückte, und untersuchte ihn, als könnten die Soßenflecken geheime Hinweise enthalten. »Wieso haben die Leute zwei Stunden vor der Tür gewartet, um reinzukommen?«
Natalie machte eine dramatische Pause, dann antwortete sie: »Weil das Entertainment Spitze war.«
»Du meinst Live-Musik?«, hakte Paige nach.
»Nein, nicht so ganz.«
Paige runzelte die Brauen, dann schossen sie plötzlich in die Höhe. »O nein, keine Chance. Die Art von Lokal sind wir definitiv nicht. Kann ja sein, dass Oma B sich weniger um das Restaurant kümmert als früher, aber es gehört immer noch ihr. Wenn wir mit so was anfangen, bekommt sie vor Schreck einen Herzinfarkt.«
Natalie brauchte einen Moment, um zu verstehen, worauf Paige hinauswollte. Dann lachte sie. »Mein Vater wäre vor Scham tot umgefallen, wenn ich in einem Erotiklokal gearbeitet hätte. Und Will mit seinem Beschützerinstinkt hätte …«
Sie brach ab. Ihre Finger tasteten nach dem Ring unter ihrem T-Shirt.
»Zu Hause in Boston gibt es ein Lokal«, warf ich schnell ein, »das sehr beliebt ist, weil man dort zu jeder Tageszeit Karaoke singen kann. Meinst du so was?«
Natalie ließ die Hand sinken. »Tja, die Gäste brechen schon öfter in Gesang aus, wenn sie lange genug getrunken haben. Aber eigentlich gehört das nicht zum Programm.«
»Musik ist es also nicht«, rätselte Paige weiter. »Was bleibt denn noch übrig?«
Natalie grinste. »Eisangeln.«
Paige schaute sie an. »Verstehe ich nicht.«
»Im Norden von Vermont gibt es eine kleine, eingeschworene Gemeinde von Eisangel-Fans. Jedes Jahr, sobald die Seen zufrieren, sind sie täglich draußen, hacken Löcher, werfen Angelschnüre rein und warten, dass was anbeißt. Das ist ein ziemlich einsames Hobby, und nach endlosen Stunden allein in der Wildnis kommen sie in die Stadt, um sich aufzuwärmen und Gesellschaft zu haben.«
»Oookay …« Paige schüttelte den Kopf. »Ich kapiere es immer noch nicht.«
»Vor acht Jahren, als das Bergsteiger-Eck mit Glück ein Dutzend Gäste pro Tag hatte, kam ein Typ namens
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