Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung
geworden. Ich meine, die Fotos haben alles wieder aufgewühlt, was damals passiert ist.«
Ich stand ebenfalls auf. »Kann ich verstehen. Ist schon okay.«
Sie öffnete die Arme, und ich beugte mich über den Tisch, um Paige tröstend zu drücken.
»Siehst du«, schniefte sie, »ich bin schon ganz aufgelöst. Bei der nächsten Katastrophe klappe ich bestimmt total zusammen.«
»Dann ist ja gut, dass es keine weiteren Katastrophen geben wird.«
Wir gingen zusammen nach unten und trennten uns vor der Küche. Paige steuerte auf Louis zu, der bei der Friteuse anscheinend seinen eigenen Mini-Nervenzusammenbruch hatte, und ich bog zur Gaststube ab.
»Vanessa! Gott sei Dank!«
Ich blieb verblüfft an der Bar stehen, wodurch mich die aufschwingende Küchentür in den Rücken traf und nach vorne schubste. Natalie verstand diese Bewegung wohl falsch, denn sie drückte mir eine Kaffeekanne in die Hand, während sie an mir vorbeisauste.
»Bei Tisch acht muss nachgefüllt werden, Tisch zehn braucht ein zusätzliches Besteck, und an Tisch vier ist der Zucker ausgegangen.«
»Okay, aber ich bin heute gar nicht –«
»Oh, und weißt du vielleicht, wie man die Klimaanlage anstellt? Durch die vielen Leute heizt sich der Raum ziemlich auf. Danke!«
Mit der Kaffeekanne in der Hand blickte ich mich im Restaurant um und zählte.
Acht Tische. In der Gaststube standen zwanzig … und nur acht davon waren frei. So viel Betrieb hatte es im Fischerhaus den ganzen Sommer noch nicht gegeben.
Hinter mir in der Küche hörte ich Teller klappern und Stimmen lauter werden. Ich erwachte aus meiner Erstarrung und begann damit, die Tassen an Tisch acht nachzufüllen.
»Wurde aber auch Zeit«, murrte ein Mann, als ich ihm nachgoss.
»Tut mir leid«, entschuldigte ich mich. »Wir leiden heute Morgen unter einem kleinen Personalmangel.«
»Lass dich von meinem Kumpel nicht stören«, sagte der zweite Mann am Tisch. »Der kennt Kaffee sonst nur verbrannt aus dem Tankstellen-Snackshop.«
Ich lächelte und warf einen Blick auf ihre Hände. Der erste Mann trug einen Ehering, der zweite nicht.
»Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«, fragte ich.
»Du könntest mir deine Telefonnummer geben.« Mein Verehrer stürzte seinen Kaffee hinunter und hielt mir grinsend wieder die Tasse hin. Ich füllte sie auf.
»Ich schicke Ihnen gleich die richtige Kellnerin vorbei.«
»Nur keine Eile.« Sein Grinsen wurde breiter. »Bei der tollen Aussicht warte ich gerne etwas länger.«
Ich zwang mich zu einem Lächeln und wandte mich ab. Mit seinem Blick im Rücken eilte ich zur Bar und schnappte mir ein Besteck und einen Zuckerstreuer. Ich brachte beides an die jeweiligen Tische, wobei ich mich nicht lange genug aufhielt, um mir anzügliche Sprüche einzufangen. Dann rannte ich zum Empfang, wo weitere Gäste darauf warteten, einen Tisch zugeteilt zu bekommen. Ich griff nach den Speisekarten und schob die drei Grüppchen – die ausschließlich aus Männern bestanden – regelrecht zu ihren Plätzen. Im Vorbeilaufen sah ich im Spiegel über dem unbenutzten Kamin, dass mir bereits der Schweiß auf der Stirn stand. Ich erinnerte mich daran, was Natalie über die Klimaanlage gesagt hatte, und machte mich auf den Weg zum Thermostat. Er befand sich am anderen Ende des Raums bei der Küchentür. Während ich dorthin rannte, hielt ich mich möglichst nah an der Wand und möglichst weit weg von meinem Verehrer.
Die Klimaanlage war auf 23 Grad eingestellt, was laut Paige die niedrigste Temperatur war, die man den Gästen zumuten konnte, wenn man Heizenergie und Geld sparen wollte. Jetzt drehte ich sie einige Grade tiefer. Da summte das Handy in meiner Hosentasche.
Caleb hat verschlafen. Sorry, komme bald. S
Ich simste zurück.
Lass dir Zeit. Ich bin hier eingespannt .
»Freigetränke.«
Ich schaute auf. Paige stand neben mir, die Hände in die Hüften gestemmt, den Blick auf die Gäste gerichtet, die Kellnerschürze umgebunden und bereit, sich ins Gewühl zu stürzen.
»Was?« Ich hatte sie zwar gehört, aber verstand nicht, was sie mir sagen wollte.
»Natalies Dad hat allen, die vor acht Uhr hier reinkommen, einen Bonus versprochen. Also bekommen sie jetzt so viele Freigetränke, wie sie wollen: Kaffee, Tee, Saft, Cola … und wenn sie wollen, dass wir ihre Thermoskannen auffüllen, bevor sie zur Arbeit auf die Schiffe müssen, dann bekommen sie das auch.«
Ich spürte ein seltsames Ziehen in meinem Magen, als sich in mir ein Verdacht regte, der
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