Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung
mich mit so viel Energie, dass ich mir nicht einmal Sorgen machte, was uns bei unserer Rückkehr zur Farm erwarten würde.
»Komm her«, sagte Simon, als wir uns wieder beruhigt hatten. Er hielt mir eine Hand entgegen, nach der ich bereitwillig griff, und zog mich in eine lockere Umarmung. »Vanessa …«
Als nichts weiter folgte, nickte ich, an seine Brust gelehnt. »Ja, ich weiß. Mir geht es genauso.«
Er küsste mich auf den Scheitel, auf die Nasenspitze, auf die Lippen. Vorsichtig. Zärtlich. Zurückhaltend.
Dann fingen wir unsere Pferde wieder ein und ritten zurück zur Farm, wo wir zwar keinen Ärger bekamen, aber auch keine begeisterte Einladung, sie wieder als Gäste zu beehren.
Bei der Rückfahrt nach Winter Harbor ließen wir uns Zeit. Wir kurvten über die Landstraßen, aßen zu Mittag, besuchten Touristenläden mit Kunsthandwerk und Antiquitäten und aßen zu Abend. Dabei plauderten wir über alles Mögliche, aber erwähnten kein einziges Mal den letzten Sommer, Herbst oder auch nur die letzte Woche. Mir selbst kamen diese Themen auch kaum in den Sinn.
Eigentlich hatte keiner von uns Lust, den Tag schon zu beenden, doch wir wollten unsere Eltern nicht beunruhigen – besonders, weil damit ein weiterer Ganztagesausflug problematisch geworden wäre. Also steuerten wir kurz vor Sonnenuntergang wieder die Ostküste an.
Von Simon zu hören, dass er weitere Tage mit mir verbringen wollte, war so beruhigend, dass ich meiner Erschöpfung nachgab und ihm die Autoschlüssel überließ, damit er uns den Rest der Strecke fahren konnte. Seit meiner letzten Schwimmtour waren zwölf Stunden vergangen, und obwohl ich immer wieder heimlich von meinem Salzwasservorrat getrunken hatte, sank mein Energielevel langsam, aber stetig. Falls Simon nachfragen sollte, konnte ich meine Erschöpfung leicht auf den erlebnisreichen Tag schieben.
Anscheinend nickte ich irgendwann auf dem Beifahrersitz ein. Eben hatte ich noch den Sonnenuntergang über einem Blumenfeld bewundert, und im nächsten Moment schreckte ich hoch und starrte hellwach auf ein blinkendes Blaulicht.
»Was ist los?«, fragte ich und richtete mich auf. »Wo sind wir?«
»Sieht aus wie ein Verkehrsunfall.« Simon klang angespannt, während er den Jeep im Stop-and-go-Verkehr langsam vorwärtsrollen ließ. »Und wir sind gerade am Begrüßungsschild von Winter Harbor vorbeigekommen.«
Unfälle gab es ständig, sagte ich mir. Sie passierten ganz normalen Leuten aus ganz normalen Gründen. Deshalb blieb ich ruhig, als wir an zwei Polizeiautos und einem Krankenwagen vorbeifuhren und uns einem Pulk Rettungssanitäter näherten, die mit Wiederbelebungsmaßnahmen beschäftigt waren.
Aber dann trat einer der Männer zurück. Die Atemmaske rutschte vom Mund des Mädchens, und ihr Kopf sackte zur Seite.
Und Carlas leblose Augen starrten mich an.
Kapitel 14
S CHULSPORTSTAR STIRBT MIT 18
IN WINTER HARBOR !
Kaum ein Jahr, nachdem Justine Sands als erstes Todesopfer einer ganzen Serie bei den Chione Cliffs angespült wurde, fand man nun den Leichnam von Carla Marciano, Rekordhalterin im 400-Meter-Lauf an der Winter Harbor Highschool, nahe der Kreuzung Maple Lane/Washington Avenue.
Die Polizei ermittelt und sucht dringend nach Augenzeugen. Alle Informationen, die zur Aufklärung von Miss Marcianos Tod führen können, werden unter folgender Telefonnummer entgegengenommen: 207-553-3900 .
Weitere Updates folgen.
»Die Homepage des Herald hat nicht mal zwölf Stunden gebraucht, um das auf die Titelseite zu stellen«, sagte Paige und scrollte zurück zum Anfang. »Wer als Tourist neu in Winter Harbor ist, würde nie auf die Idee kommen, dass auf der Website bis letzten Sommer nichts anderes zu sehen war als ein sprechender Cartoon-Krebs als Werbung für die Print-Ausgabe.«
»Das ist alles?«, fragte ich. »Mehr hast du dazu nicht zu sagen?«
Sie klappte das Notebook zu und lehnte sich zurück. »Doch, natürlich. Das Ganze ist schrecklich. Und tragisch. Und ich bekomme die totale Panik, wenn ich darüber rede, also lasse ich es lieber. Weil der Sommer gerade erst angefangen hat und es zu früh ist, um jetzt schon komplett durchzudrehen.«
Ich schaute mich um, ob wir auf dem Balkon des Pausenraums noch immer allein waren. »Aber du hast sie doch gekannt. Hat sie jemals … ich weiß auch nicht … irgendwie angedeutet …«
»… dass sie von mörderischen Sirenen verfolgt wurde? Nein. Außerdem hat sie nur ein paar Tage hier gearbeitet. Davon ist sie die
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