Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung
protestierte ich.
»Na ja, zumindest sieht sie aus, als ob sie offen für absolut alles ist.«
Ich erwiderte nichts, denn Natalie hatte recht. Paige flirtete, als ginge es um ihr Leben … was ja in gewisser Weise stimmte. Der Anblick verstörte mich. Ich wollte nicht, dass meine beste Freundin das Gleiche tun musste wie ich. Und vor allem wollte ich nicht, dass sie es in aller Öffentlichkeit tat, während Hunderte von Augen jede ihrer Bewegungen verfolgten.
»Ich schaue mal, ob an den Tischen alle zufrieden sind«, schlug Natalie vor. »Die Partyidee soll schließlich nicht nach hinten losgehen, weil der Service zu lahm ist.«
Sie verschwand, und ich schlängelte mich zurück zum Empfangstresen. Da ich noch immer die Energie durch mich hindurchpulsieren fühlte, die von der gestrigen Szene mit dem Kinoverkäufer übriggeblieben war, hielt ich die Augen gesenkt und die Arme über der Brust verschränkt. Ich konnte die interessierten Blicke der Männer spüren und wollte sie nicht noch unnötig ermuntern.
»Vanessa?«
Ich blieb in der Tür zum Foyer stehen und schaute auf. Ein alter Herr mit weißem Haar, freundlichem Lächeln und Ehering stand am Empfangstresen.
»Ja?«, fragte ich.
»Ich bin gebeten worden, dir das hier zu geben.« Er hielt mir ein längliches Paket in braunem Papier entgegen. »Als verspäteten Beitrag zum Wettbewerb.«
Ich trat auf ihn zu und nahm das Paket entgegen. Es war leichter und weniger sperrig, als ich erwartet hatte.
»Das soll ein Fisch sein?«, fragte ich. Wenn man vom bisherigen Inhalt der Eisbottiche im Nachbarraum ausging, hatten die meisten Teilnehmer sich an das Motto gehalten: je größer und schwerer, desto besser.
»Ich nehme es an, obwohl der Gentleman mir keine Erklärung gegeben hat. Er hat mich nur vor der Tür angehalten, mir das Paket für den Wettbewerb überreicht und ist wieder gegangen.«
Ich drehte das Paket in den Händen. Das braune Packpapier verriet mir gar nichts. »Und er hat speziell nach mir gefragt?«
»Wenn du Vanessa Sands bist, dann ja.«
»Kannten Sie ihn?«
»Nein, keine Ahnung, wer er war.«
Ich befürchtete, dass ich den alten Herrn mit meinen Fragen überfordern könnte. Aber eine Letzte musste ich noch stellen. Ich ließ das Paket sinken und erwiderte sein Lächeln. »Wie sah der Mann denn aus?«
»Da bin ich nicht sicher. Ich hatte ihm den Rücken zugewandt, als er mir das Paket in die Hände drückte, und bevor ich mich ganz umgedreht hatte, war er bereits wieder verschwunden.«
Ich dankte ihm und führte ihn zusammen mit seinem Freund zur Bar. Da sie die letzten Nachzügler waren, nutzte ich die kurze Verschnaufpause, um nach Betty und Oliver zu sehen. Sie wirkten noch immer etwas verwirrt, aber ansonsten ging es ihnen gut. Auch Louis in der Küche hatte alles unter Kontrolle und war begeistert, dass er bei den vielen Gästen endlich wieder in Stress geraten konnte. Als Letztes kümmerte ich mich um Simon, der mir schon zwei SMS geschickt hatte.
Volles Haus, aber keine Probleme , schrieb ich zurück. Alles läuft bestens. Viel Spaß beim Geburtstagsessen. Ich ruf dich später an. Hdl, V
Zurück in der Gaststube, sah ich Paige vor dem Mikrofon stehen, das die von ihr engagierte kleine Rockband mitgebracht hatte. Sie begrüßte alle Gäste beim ersten Anglerwettbewerb in Bettys Fischerhaus, dankte ihnen für ihre Teilnahme und begann, die Ausstellungsstücke vorzustellen. Es gab keine gigantischen Fischmonster, wie Natalie sie beschrieben hatte, aber einige Fänge waren schon ungewöhnlich. Sie brachten beeindruckende Kilozahlen auf die Waage, hatten bizarr geformte Flossen oder seltsame Färbungen. Paige sprach so gekonnt und natürlich, als hätte sie nie etwas anderes gemacht, und ging charmant auf die Zurufe, Fragen und Kommentare der Seeleute ein. Ich wollte sie nicht unterbrechen, also wartete ich, bis sie mich bei den Eisbottichen stehen sah, und hielt den verspäteten Fisch in die Höhe.
Sie winkte mich zu sich heran. Ich schüttelte den Kopf.
»Darf ich euch Vanessa vorstellen », trällerte Paige geradezu ins Mikrofon. »Einen Applaus für unsere wunderbare Empfangsdame!«
Die Seeleute brachen in lauten Jubel aus. Mein Gesicht wurde puterrot, aber ich zwang mich zu einem Lächeln und winkte.
»Was haben wir denn hier?«, fragte Paige.
Ich warf einen Blick über die Schulter, als könnte die Eingangstür auf magische Weise direkt hinter mir erscheinen und mir die Flucht erlauben. Sosehr ich mich auch anstrengte,
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