Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)
Foto von Eric C. King höchstpersönlich, der gerade feierlich eine Kordel vor der Flügeltür zerschnitt, durch die wir gerade gekommen waren.
Parker ignorierte meine versteckte Frage. »Weißt du was? Außer dir hatte ich erst ein Mädchen hier drin.«
Dieser Satz war ziemlich vieldeutig. Ich hob die Augenbrauen und warf ihm einen Blick zu.
»So war das nicht gemeint. Großes Ehrenwort. Egal, wie mein Ruf in der Schule ist, ich beschäftige mich in meiner Freizeit nicht nur damit, Mädchen aufzureißen.« Und nach einer kurzen Pause fragte er: »Kennst du Felicia May?«
»Die Bodenturnerin?«
»Genau. Nachdem sie letztes Jahr bei einem Wasserballturnier war, hat sie mich gar nicht mehr in Ruhe gelassen. Sie hat mir täglich zwanzig Mails geschickt und ist mir in der Schule überallhin nachgelaufen.«
»Klingt nervig.«
»Danke, die meisten sehen das anders.« Er grinste. »Jedenfalls ist Felicia mir an einem Morgen im Mai sogar bis hierher gefolgt, obwohl das bis dahin meine mädchenfreie Ruhezone war. Ich habe versucht, sie rauszuschicken, aber sie hat sich geweigert. Schließlich musste ich mir Unterstützung holen, und da gerade das gesamte Wasserballteam auf der Zuschauergalerie stand und die Mädchen vom Schwimmteam begutachtete, hatte sie keine Chance.«
»Begutachten nennt man das also?«, fragte ich spöttisch.
»Wir verbringen schließlich selbst so viel Zeit im Wasser, da bekommt man einen Kennerblick für guten Stil.«
Ich schüttelte nur den Kopf, während er zwei Getränkeflaschen aus einem Kühlschrank holte. Er reichte mir eine davon, warf sich auf die Couch und schaltete den Fernseher an. Ich wusste immer noch nicht, warum er mich hierher mitgenommen hatte, aber jedenfalls benahm er sich nicht so, als wäre er ganz wild darauf gewesen, mit mir allein zu sein.
»Bist du mit jemandem zusammen?« Die Frage war mir rausgerutscht, bevor mir bewusst wurde, dass ich sie überhaupt stellen wollte.
Über sein Gesicht huschte ein seltsamer Ausdruck – vielleicht Enttäuschung oder Traurigkeit –, der jedoch sofort wieder verschwand. Parker blinzelte mir flirtend zu. »Wieso? Bist du interessiert?«
»Ich habe einen festen Freund«, erinnerte ich ihn und wurde rot.
»Und?«
»Und mein Spind ist gleich neben dem von Sarah Tepper. Sie hat neulich über dich gesprochen, und ich habe mich gefragt, ob ihr beide ein Paar seid.«
»Ein klares Nein.« Er hob die Fernbedienung und schaltete auf einen anderen Sender. »Ich bin weder mit Sarah Tepper zusammen noch mit sonst einem Mädchen. Und daran will ich auch nichts ändern. Das kannst du meinetwegen auf der Schulwebsite veröffentlichen. Vielleicht lassen sie mich dann in Ruhe.«
Er klang nicht so, als sei er heimlich unsterblich in jemanden verliebt, sondern sprach ganz leicht und beiläufig über das Thema. Dabei hatte ich gedacht, nur durch Liebe würde man gegen die Signale, die männliche Wesen von mir empfingen, immun werden (oder wie man es sonst ausdrücken wollte).
So viel zu dieser Theorie.
»Wow.«
Ich folgte seinem Blick zum Fernsehbildschirm und starrte auf Livebilder von dem umgestürzten Bus, dessen Vorderteil wie eine Ziehharmonika zusammengefaltet war.
»Der Fahrer ist tot«, las Parker den Infotext vor, der unten am Rand entlanglief. »Vier Personen werden vermisst und acht befinden sich in einem kritischen Zustand. Wahnsinn.«
Er zappte weiter durch die Sender.
»Warte«, sagte ich, und mein Herz fing wie wild an zu schlagen. »Schalt zurück!«
Er betrachtete mich verwundert, tat mir aber den Gefallen. Das Blut rauschte mir in den Ohren, während ich auf den Bildschirm zuging.
»Vanessa?«, fragte er, als ich direkt davor stehen blieb. »Was ist denn los?«
In der Liveübertragung sah man ein Teenagermädchen, das mit einem Polizisten sprach. Sie hatte langes schwarzes Haar, ein weißes Kleid …
… und silberne Augen.
K APITEL 12
W as hältst du von Chicago? Oder Denver? Oder Honolulu?«
Ich schaute von meiner Tageszeitung auf. »Honolulu?«
Paige nahm eine Broschüre von dem Stapel, der zwischen uns auf dem Tisch lag. »Ich meine die Universität von Hawaii, erbaut auf der Insel der Palmenstrände, Regenbögen und türkisblauen Meeresbuchten«, las sie den Covertext vor. Sie schlug die Broschüre auf und runzelte die Stirn. »Wenn ich darüber nachdenke, ist die Nähe zum Meer – auch zu einem türkisblauen – eher ein dicker Minuspunkt.«
Wir saßen nun schon eine Weile in der Kaffeebohne , und ich
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