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Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)

Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)

Titel: Ocean Rose. Verwandlung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tricia Rayburn
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zu mir vor. »Du bist also im Abschlussjahrgang.« Er schaute mich erwartungsvoll an, als warte er auf eine ausführliche Antwort.
    »Mmh.«
    »Laut Kathryn bist du eine exzellente Schülerin.«
    »Ich komme zurecht.«
    »Und noch dazu bescheiden. Was für eine angenehme Abwechslung.«
    Der Tisch war klein, und wir saßen so dicht beieinander, dass ich sein Aftershave riechen konnte. Ich versuchte wegzurutschen, kam jedoch nicht sehr weit, weil im Café alles zu eng gestellt war.
    »Vielleicht sollte ich dir von meiner eigenen Studienzeit am Bates College erzählen«, schlug er vor. »Dann kannst du Fragen stellen, und wir kommen ins Gespräch.«
    »Gerne, Mr Harrison.«
    »Nenn mich Matt. Bitte. Mr Harrison ist der alte Herr, der das Haus meiner Eltern mit Antiquitäten aus dem Bürgerkrieg vollstellt.«
    Ich hörte nur mit halbem Ohr zu, während er über Bewerbungsformalitäten, Seminargrößen, hilfsbereite Dozenten und statistische Berufschancen redete. Erstens war es mir egal, und zweitens hatte ich das alles schon von Simon gehört. Immerhin brauchte ich während seines Monologs nicht selbst etwas zu sagen, wofür ich dankbar war.
    »Was können wir dir anbieten?«, fragte er zwanzig Minuten später.
    Ich wachte aus meinen Tagträumen auf. »Bitte?«
    »Ich bin der Meinung, dass es für unser College eine Ehre wäre, dich als Studentin zu bekommen. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, damit dir nicht das Geringste fehlt, falls du dich für uns entscheidest. Ein Stipendium, ein Einzelzimmer im Wohnheim oder eine bezahlte Privatwohnung … das lässt sich alles arrangieren.«
    Er benahm sich, als sei ich bereits als Studentin angenommen, dabei lag diese Entscheidung nicht bei ihm, sondern bei der Zulassungsstelle. Außerdem war dieses Interview nur ein kleiner Teil der Bewerbungsprozedur – und ich hatte kaum zehn Wörter gesagt. Was bedeutete, dass Matt Harrison nicht an der Studentin Vanessa, sondern an der Sirene Vanessa interessiert war.
    »Ich will Paige«, sagte ich, fing ihren Blick auf und winkte sie durch den Raum heran.
    »Bitte?«
    »Meine beste Freundin«, erklärte ich mit dem strahlendsten Lächeln, das mir zur Verfügung stand. »Sie ist auch in Hawthornes Abschlussjahrgang. Wenn ich am Bates College anfangen soll, muss sie ebenfalls aufgenommen werden.«
    Er lehnte sich zurück, als Paige auf unseren Tisch zukam und sich einen freien Stuhl heranzog. Da sie vor dem Interview gemerkt hatte, dass ich nicht gerade begeistert war, hatte sie mir ihre Hilfe angeboten. Falls ich Unterstützung oder eine Entschuldigung brauchte, um das Treffen vorzeitig zu beenden, musste ich sie nur rufen.
    »Paige ist eine Spitzenschülerin«, erklärte ich. »Obwohl sie erst vor kurzem von der Winter Harbor Highschool in Maine hierhergewechselt ist, hat sie sich ohne Probleme eingearbeitet.«
    »Das war doch keine große Sache«, gab Paige zurück, die perfekt mitspielte, obwohl sie keine Ahnung hatte, worauf ich hinauswollte. »So schwierig ist euer Lehrplan nicht.«
    »Klar war das eine große Sache! Harvard hat sich schon für Paige interessiert, genau wie Yale und Brown.« Ich schaute sie an. »Was haben sie dir noch angeboten? Ein volles Stipendium? Eine möblierte Wohnung?«
    »Fünf Zimmer. Bad mit Whirlpool.«
    Matt schaute mich unsicher an, und ich lächelte. Meine Sirenennatur ließ ihn vergessen, dass er eigentlich die Interessen seines Colleges vertreten sollte und nicht meine. Er holte sein Smartphone aus der Tasche und begann zu tippen. »Ich bin nicht sicher, ob Bates jemals so ein Angebot gemacht hat, aber ich werde schauen, was ich tun kann.« Als er den Text abgeschickt hatte, stand er auf und ging zur Tür. »Bin gleich zurück«, sagte er und hielt sich das Handy ans Ohr.
    »Danke«, sagte ich zu Paige, kaum dass er verschwunden war.
    »Er hat dich wohl richtig durch die Mangel gedreht«, vermutete Paige.
    »Eigentlich nicht. Ich brauchte bloß eine Pause.«
    »Und deshalb schwitzt du, als wärst du gerade bei Bostons Stadtmarathon mitgelaufen?«
    Ich betastete meine Stirn, die sich heiß und feucht anfühlte, ebenso wie der Rest meines Gesichts und mein Hals. Vergeblich versuchte ich mich mit einer Serviette abzutupfen. Sofort erschien wieder ein neuer Schweißfilm.
    »Hol dir was zu trinken und entspann dich«, sagte Paige. »Wenn du mehr Zeit brauchst, wünsche ich mir als Nächstes einen Privatjet oder einen Streichelzoo, damit Mr Bates wieder mit seinem Handy nach draußen rennt.«

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