Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)
Sie unterbrach sich. »Mal ganz nebenbei – warum stelle ich eigentlich Forderungen, als hätte ich ein Flugzeug entführt?«
Ich dachte mir schnell eine Erklärung aus. »Vermutlich hat Superstudent Simon mich begeistert empfohlen. Jedenfalls sieht es so aus, als ob ich eigentlich schon am College angenommen bin. Und es würde mich nicht wundern, wenn Hawthorne-Eltern üblicherweise eine Riesenmenge spenden, jedenfalls scheint Matt ganz wild darauf zu sein, mich anzuwerben und mir jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Aber ich habe gesagt, dass ich nur im Bates College anfange, wenn du auch mitkommst.«
»Hm, hat Bates vielleicht irgendwelche Zweigstellen? Sagen wir mal in … San Diego?«
»Sogar zwei. Du hast die freie Auswahl.«
»Super«, sagte sie, während ich meinen Rucksack nahm und aufstand. »Oh, wenn du zum Tresen gehst, kannst du gleich deine Bekannte begrüßen.«
»Welche Bekannte?«
»Die hier arbeitet.«
Verwundert schaute ich mich im Café um. »Ich kenne hier niemanden.«
»Na ja, jedenfalls kennt sie dich. Ich weiß nicht, wie sie heißt, aber sie hat mich über dich ausgefragt. Wollte wissen, wie es dir geht, als ob sie gehört hätte, dass du krank geworden bist oder so.«
Rund um das Tresenviereck waren Barhocker aufgereiht, die alle besetzt waren, und dahinter konnte ich nur einen Mitarbeiter erkennen: einen jungen Mann, der abwechselnd Bestellungen annahm und zur Cappuccino-Maschine rannte.
»Okay, ich sage mal hallo.« Ich wollte außer Reichweite sein, wenn Matt an den Tisch zurückkehrte. Ich beugte mich hinunter und umarmte Paige kurz. »Danke noch mal. Du bist die Beste!«
Ich ging zu unserem vorherigen Tisch, holte das Sweatshirt aus dem Rucksack, streifte es über meine Bewerbungsklamotten und zog mir die Kapuze ins Gesicht. Dadurch schwitzte ich noch mehr und musste das Glas Eistee mit beiden Händen festhalten, damit es mir nicht wegrutschte.
Das kalte Getränk tat so gut, dass ich mich kaum zurückhalten konnte, es in einem Zug hinunterzustürzen. Erst als ich den letzten Tropfen getrunken hatte, wurde mir bewusst, dass der Geschmack anders gewesen war als bei dem Eistee, den ich vor meiner Umkleideaktion serviert bekommen hatte.
Salz. In mein erstes Glas hatte ich kein Salz schütten können, weil mir mein Vorrat ausgegangen war, aber jetzt schmeckte ich es eindeutig.
Vorsichtig schaute ich über die Schulter, das Gesicht noch immer unter der Kapuze verborgen. Falls Paige mein Getränk heimlich gesalzen hatte, weil ihr aufgefallen war, wie oft ich das selbst tat, ließ sie sich jedenfalls nichts anmerken. Sie versuchte nicht, meine Reaktion zu beobachten, sondern redete auf Matt ein, der an den Tisch zurückgekehrt war. Anscheinend stellte sie weitere absurde Forderungen, denn er schrieb gerade einen Notizzettel voll.
Ich drehte mich wieder um und schaute die Tütchen durch, die in einer Tonschale auf dem Tisch standen: Zucker, zwei Sorten Süßstoff – kein Salz.
Als Nächstes ging ich zum Tresen, drängte mich zwischen zwei Gästen auf Barhockern hindurch und winkte, um den Kellner auf mich aufmerksam zu machen. Nach ein paar Fehlversuchen bemerkte er mich und kam herüber.
»Eistee«, sagte ich.
»Gesüßt oder ungesüßt?«
Ich zögerte. »Ein Glas von beidem?«
Er öffnete den Kühlschrank unter der gegenüberliegenden Tresenseite und holte zwei Kannen heraus. Mit den gefüllten Gläsern kehrte er zurück.
»Wie viel?«, fragte ich und griff in meiner Sweatshirttasche nach der Geldbörse.
»Geht aufs Haus.«
»Was? Aber …«
Ich verschluckte meinen Protest, als er herumwirbelte und zur Cappuccinomaschine spurtete, die zischende Geräusche von sich gab. Danach wandte er sich dem nächsten Gast zu und machte keine Anstalten zurückzukehren, also legte ich einen Zehndollarschein auf den Tresen und probierte einen Schluck von jedem Glas.
Keiner der Eistees schmeckte salzig.
»Deine Bekannte hat ihm die Anweisung gegeben, kein Geld zunehmen.«
Die leise Stimme erklang direkt neben meinem Ohr. Ich fuhr herum und presste den Rücken gegen den Tresen, bis ich feststellte, dass mich der Schüler mit Liebeskummer angesprochen hatte, den ich von der Begegnung bei der Toilette kannte. Da entspannte ich mich, aber nur ein bisschen. Er stand weniger als einen Meter entfernt, hielt einen leeren Teller in der einen Hand und wischte sich mit der anderen über die Augen.
»Welche Bekannte?«, fragte ich.
»Die Frau hinter der Theke. Sie hat ihm gesagt, dass sie
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