Oceano Mare - Das Märchen vom Wesen des Meeres
sie ein einziger. Von hier bis zu meinem Tod wird es nur noch diesen Augenblick geben und sonst nichts.
Ich werde nicht mit Dir gehen, André. Ich werde mir kein neues Leben aufbauen, denn ich habe gerade gelernt, die Wohnung dessen zu sein, was mein Leben war. Und das gefällt mir. Ich will nichts anderes. Ich verstehe sie, Deine fernen Inseln, und ich verstehe Deine Träume, Deine Pläne. Aber es gibt keinen Weg mehr, der mich dahinführen könnte. Und Du wirst mir, in einer Welt, die es nicht gibt, keinen erfinden können. Verzeih mir, mein geliebter Liebster, aber Deine Zukunft wird nicht die meine sein.
In dieser Pension gibt es einen Mann mit einem komischen Namen, der erforscht, wo das Meer aufhört. In diesen Tagen, während ich auf Dich wartete, habe ich ihm von uns erzählt und wie sehr ich mich vor Deiner Ankunft fürchte und mir gleichzeitig wünsche, daß Du kommst. Er ist ein guter, geduldiger Mann. Er hörte mir zu. Und eines Tages sagte er zu mir: »Schreiben Sie ihm.« Er sagt, jemandem zu schreiben ist die einzige Art und Weise, auf ihn zu warten, ohne sich zu verletzen. Und so habe ich Dir geschrieben. All das, was ich in mir trage, habe ich in diesen Brief gelegt. Er sagt, der Mann mit dem komischen Namen, daß Du es verstehen wirst. Er sagt, Du wirst ihn lesen und dann zum Strand hinunter- und am Ufer entlanggehen, Du wirst über alles nachdenken und es begreifen. Ob es eine Stunde oder einen Tag dauern wird, ist nicht wichtig. Aber schließlich wirst Du zur Pension zurückkommen. Er sagt, Du wirst die Treppe hinaufsteigen, meine Tür öffnen, und ohne etwas zu sagen, wirst Du mich in die Arme schließen und mich küssen.
Ich weiß, daß das albern klingt. Aber ich wünschte, es würde wirklich so kommen. Es ist eine schöne Art, sich zu verlieren, der eine in den Armen der anderen.
Nichts wird mir die Erinnerung an damals rauben können, als ich, mit meinem ganzen Ich,
Deine Ann
war.
4. Plasson
VORLÄUFIGER KATALOG DER WERKE DES MALERS MICHEL PLASSON, IN CHRONOLO-GISCHER REIHENFOLGE VOM AUFENTHALT DESSELBEN IN DER PENSION ALMAYER (ORT-SCHAFT QUARTEL) BIS ZUM EINTRITT SEINES TODES.
Zum Wohle der Nachwelt redigiert von Herrn Professor Ismael Adelante Ismael Bartleboom, auf der Grundlage ganz persönlicher Erfahrungen sowie anderer zuverlässiger Zeugnisse.
Madame Ann Deverià zugedacht.
1. Ozean Meer, Öl auf Leinwand, 15 x 21,6 cm Sammlung Bartleboom
Beschreibung. Vollständig weiß.
2. Ozean Meer, Öl auf Leinwand, 80,4 x 110,5 cm Samml. Bartleboom Beschreibung. Vollständig weiß.
3. Ozean Meer, Aquarell, 35 x 50,5 cm Samml. Bartleboom Beschreibung. Weiß, vager ockerfarbener Schatten im oberen Teil.
4. Ozean Meer, Öl auf Leinwand, 44,2 x 100,8 cm Samml. Bartleboom Beschreibung. Vollständig weiß. Signatur rot.
5. Ozean Meer, Zeichnung, Bleistift auf Papier, 12 x 10 cm Samml. Bartleboom Beschreibung. In der Blattmitte sind deutlich zwei nah beieinander stehende Punkte zu erkennen. Der Rest ist weiß. (Am rechten Rand ein Fleck: Fett?)
6. Ozean Meer, Aquarell, 31,2 x 26 cm Samml. Bartleboom. Augenblicklich, jedoch nur vorübergehend, Frau Maria Luigia Severina Hohenheith überlassen. Beschreibung. Vollständig weiß. Bei der Übergabe des Werkes an mich sagte der Maler wörtlich: »Das ist das Beste, was ich bisher gemacht habe.« Sein Tonfall drückte tiefe Befriedigung aus.
7. Ozean Meer, Öl auf Leinwand, 120,4 x 80,5 cm Samml. Bartleboom Beschreibung. Zwei Farbflecke heben sich deutlich ab: ein ockerfarbener im oberen Teil der Leinwand und ein schwarzer im unteren. Ansonsten: weiß. (Auf der Rückseite eine autographe Anmerkung: Gewitter. Und darunter: tatatum tatatum tatatum.)
8. Ozean Meer, Pastell auf Papier, 19 x 31,2 cm Samml. Bartleboom Beschreibung. In der Blattmitte, leicht nach links versetzt, ein kleines blaues Segel. Ansonsten weiß.
9. Ozean Meer, Öl auf Leinwand, 340,8 x 220,5 cm Bezirksmuseum Quartel. Katalognummer 87. Beschreibung. Rechts ein dunkler, aus dem Wasser ragender Felsen. Haushohe, sich an den Felsen brechende Wellen schäumen eindrucksvoll. Im Unwetter erkennt man zwei im Meer versinkende Schiffe. Vier Rettungsboote balancieren auf dem Rand eines Strudels. In den Rettungsbooten drängen sich Schiffbrüchige. Einige von ihnen, die ins Meer gefallen sind, sinken auf den Grund. Das Meer ist hinten zum Horizont hin sehr hoch, sehr viel höher als im Vordergrund, und verwehrt den
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