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Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Titel: Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Fortbildungsvergütung«, jemand fragte nach einem Seminarschein, ein anderer nach der Bibliographie zu diesem Thema.
    Tuwja Schaj hatte wieder den leblosen Ausdruck angenommen. Michael fragte sich, welcher zerstörerischen, vergänglichen Schönheit Tuwja Schaj wohl huldigte. Plötzlich war es ihm ganz selbstverständlich, daß die Beziehung, die seine Frau mit Tirosch hatte, in Schajs Augen vollkommen gerechtfertigt war. Er senkte den Blick auf das Gedicht – der Band auf dem Holzbrett neben ihm lag noch aufgeschlagen da, der ältere Mann stand neben Tuwja Schaj, der etwas auf ein Blatt Papier schrieb und es ihm reichte –, und dann fiel ihm noch etwas ein. Ja, dachte er, aber nicht alle bewundern die Schönheit so, wie du es beschrieben hast. Es ist nicht ganz so, wie du gesagt hast. Joab zum Beispiel war von der Schönheit nicht beeindruckt und angezogen. Warum? Weil er Kriegsminister war. Er war ein Held ohne Minderwertigkeitskomplexe.
    Er betrachtete Tuwja Schaj, der seine Papiere zusammensuchte, während er dem älteren Mann zuhörte. Das Bild wurde immer klarer. Michael fühlte, daß seine Anwesenheit bei dieser Vorlesung ihm mehr als alles andere Tuwja Schajs Weltsicht klargemacht hatte.
    Wer war von der Schönheit beeindruckt? Doch vor allem du, Tuwja! Warum? Du fürchtest dich mehr als vor allem anderen vor der Armseligkeit der Existenz, vor dem Bewußtwerden der Armseligkeit der Existenz, das ist es. Die Identifikation mit der Schönheit, die Sehnsucht nach dem Erhabenen, das ermöglicht es dir, die Häßlichkeit zu leugnen. Jetzt verstehe ich, welche Rolle Tirosch in deinem Leben gespielt hat. Ich muß noch herausbekommen, ob du fähig gewesen wärest, die Quelle deiner Identifikation mit der Schönheit zu töten. Mein Gefühl sagt nein. Aber wie erklärt man so etwas Arie Levi? Noch nicht mal Schorr könnte ich das erklären. Vielleicht doch.
    Michael verließ den Raum, bevor Schaj Zeit hatte, aufzustehen und zu ihm zu kommen. Er verzichtete auf das Verhör. Mit schnellen Schritten ging er zum öffentlichen Telefon, das er vorhin in einer Ecke gesehen hatte.

Zwölftes Kapitel

    Als Zila endlich ans Telefon kam, hatte sie nichts Neues zu berichten. Eli Bachar war noch nicht von Tiroschs Haus zurück, der Spezialist vom Detektor war mitten im Verhör von Ja'el Eisenstein. »Arie Klein«, sagte Zila, »sucht dich schon die ganze Zeit. Er ruft jede Stunde an und möchte dich sprechen, wirklich verzweifelt. Ich schaffe es nur mühsam, ihm nicht zu sagen, wo du bist.« Michael versprach, ihn anzurufen. »Er ist den ganzen Tag zu Hause, bis halb vier, und dann ist er beim Detektor«, erinnerte sie ihn. Michael stand im Erdgeschoß des geisteswissenschaftlichen Gebäudes. Neben ihm, an einem anderen Telefon, stand eine junge Frau und flüsterte in den Hörer. Er betrachtete die Seidenhose, die sie anhatte, und das Trikothemd. Sie bemerkte seinen Blick und wandte das Gesicht ab.
    Und was hast du mir zu sagen? dachte er, als er die Nummer von Arie Klein wählte. Aufgrund der Ziffern wußte er, in welchem Stadtteil Klein wohnte, in Rechawja. Wo denn sonst, dachte er, mit einer Mutter in Rosch-Pina, alter Pionieradel, das Salz des Landes ... Wo konnte Klein sonst wohnen als in Rechawja? Aus dem Hörer kam das Besetztzeichen, und Michael fiel ein, daß Arie Klein drei Töchter hatte. Er fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis die Leitung frei wäre. Er schaute auf die Uhr und wartete.
    Nach einer Viertelstunde, um fünf nach eins, klappte es, und Arie Klein hob den Hörer ab. »Herr ... eh ... Ochajon«, sagte er mit einem erleichterten Seufzer, »ich habe Sie gestern und heute gesucht, ich halte es für wichtig, daß wir uns unterhalten.«
    Er spricht wirklich wie einer, der in Rosch-Pina geboren ist, dachte Michael, er achtet auf eine deutliche Aussprache. Zugleich erinnerte er sich auch an die Liebenswürdigkeit des Professors, an sein Zusammentreffen mit ihm auf dem Har ha-Zofim, nachdem Tiroschs Leiche gefunden worden war, an die Furcht, die ihn im Angesicht des Todes gepackt hatte, an seine klugen Augen, und das alles verdrängte die Aggressionen, die Rosch-Pina, Rechawja und die klare Aussprache in ihm geweckt hatten. Der Hauptgrund, weshalb Michael schließlich die Einladung in Kleins Haus in der Alcharisistraße annahm, war seine Neugier, die kindliche Neugier eines Mannes, der sich noch nicht ganz von seiner Rolle in der Lehrer-Schüler-Hierarchie befreit hatte. Er gestand sich selbst

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