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Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Titel: Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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gegenüber auch den Wunsch ein, diesen Mann näher kennenzulernen, obwohl er wußte, daß dies nicht der Grund war, den er der Sonderkommission angeben würde, falls man ihn danach fragen sollte.
    Elfandari sagte nichts, als Michael verkündete: »Wir fahren zurück, ich hole meinen eigenen Wagen vom Parkplatz. Du bringst das Material von heute zu Zila, sie soll bis abends alles tippen. Und bestellt Tuwja Schaj ein zweites Mal zum Detektor. Ich habe ihm nichts davon gesagt, daß er beim ersten Mal keine signifikanten Reaktionen zeigte.«
    An Elfandaris zusammengepreßten Lippen erkannte Michael, daß ihm etwas nicht paßte.
    »Du meinst wohl auch, man müßte ihn gleich verhaften«, stellte er fest.
    Elfandari gab keine Antwort. Er starrte auf die Straße vor sich, wie jemand, der durch eine stockfinstere Nacht fährt.
    Erst als er den Kombi auf dem Parkplatz abstellte, machte er den Mund auf. »Nein, ich bin mir sicher, daß er nicht abhaut. Aber ...« Er zögerte. »Ich nehme an, du weißt genau, was du tust.«
    Michael lächelte ihm zu und hoffte, daß das Lächeln seine Verlegenheit nicht verriet. »Sag Zila, daß ich bei Klein bin«, sagte er und ging zu seinem Auto.

    Er fand das Haus schnell und bog in den Weg ein, der zum Eingang hinten am Haus führte. Als er auf die Klingel drückte, fühlte er, daß sein Atem schneller ging. Er war gespannt und griff sofort nach dem kleinen Aufnahmegerät, das er in der Tasche seines Hemdes trug. Die morgendliche Müdigkeit war verflogen. Einen Moment schien es ihm, als höre er, wie im Haus Musik abbrach, war sich aber nicht ganz sicher, bis die Tür aufging. Da vernahm er deutlich die Klänge eines Saiteninstruments und eines Klaviers. Er verstand nicht viel von Kammermusik. Als er sechzehn gewesen war, hatte ihm Becky Pomeranz gesagt, diese Musik verlange ein gewisses Erwachsensein, nur einmal hatte sie ihm das Forellenquintett von Schubert vorgespielt. Das Musikstück, das in Kleins Haus gespielt wurde, kannte er nicht. Er konnte nicht feststellen, ob es von einer Platte stammte. Und wie um ihm zu beweisen, daß es sich um keine Aufnahme handelte, hörte die Musik auf, statt dessen waren laute Kinderstimmen zu hören. »Sie spielen«, sagte Arie Klein, der ihn zu seinem Arbeitszimmer führte, das nicht weit vom Eingang lag, in einem entschuldigenden Ton, der kaum seinen Stolz verbarg, dann zog er die Zimmertür hinter sich zu.
    »Normalerweise ist die Tür offen, die Frauen im Haus sind daran gewöhnt, nach Lust und Laune hereinzukommen«, sagte Klein, »und um die Wahrheit zu sagen, ich habe das normalerweise ganz gern.« Um die Tür schließen zu können, hatte er einen Stapel Bücher, der sie aufhielt, in eine andere Ecke des Zimmers tragen müssen. Nun ließ er sich schwer auf den Stuhl hinter seinem großen Schreibtisch sinken, der mit Papieren, aufgeschlagenen Büchern, Broschüren, Kopien und Kaffeetassen übersät war.
    Das Zimmer war voller Bücher, überall lagen und standen sie herum, in Schränken, auf dem Boden, stapelweise, auch neben dem abgewetzten Sessel, auf dem Michael saß und schweigend von dem starken, bitteren Kaffee trank, den Klein gekocht hatte. An der Wand hinter Kleins Rücken befand sich ein großes, offenes Fenster zum Garten, im Zimmer hing ein Duft nach feuchter Erde und Blumen, gemischt mit Gemüsesuppe. Im Vergleich zur Hitze draußen war es hier angenehm kühl, was charakteristisch für die hohen Räume in Rechawja war.
    In dem großen Gesicht Kleins las Michael Verwirrung und Schmerz, jedoch auch eine Empfindsamkeit, die so gar nicht zu seiner Körpergröße zu passen schien. Er hatte einen breiten, kräftigen Oberkörper, und Michael betrachtete die schweren Oberarme, die grauen Haare über der hohen Stirn, die breiten Hände mit den langen, schlanken Fingern.
    »Wir haben sie nicht in die Schule geschickt, Mitte Juni lohnt sich das schon nicht mehr«, entschuldigte sich Klein, als wieder die Klänge einer Geige zu hören waren. Er spiele die erste Geige im Familien-Kammerquartett, erklärte er mit verhaltenem Stolz, nachdem er seine jüngste Tochter, ein etwa achtjähriges Mädchen mit milchweißer Haut, weggeschickt hatte. Sie hatte so lange an die Tür geklopft, bis er sie aufgemacht und ihr in entschiedenem Ton ein paar Worte zugeflüstert hatte. Die kleine Geige schwenkend, war sie wieder verschwunden. Seine Frau spiele Cello, sagte Klein, die älteste Tochter Klavier. Nur die mittlere Tochter, erklärte er mit einem Lächeln,

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