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Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Titel: Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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dort ausreichende Sicherheitsvorkehrungen gäbe. Ich habe mit einem Chemiker gesprochen, mit einem, der für das Labor verantwortlich ist. So viele Leute haben einen Schlüssel, so viele gehen dort ein und aus – ich glaube nicht, daß ein Einbruch nötig wäre.«
    Er sprach zerstreut, ein Teil von ihm war noch immer bei Ruchama Schaj. Bei dem Gespräch mit ihr hatte er sich ungeheuer anstrengen müssen, er hatte seine letzten Kräfte zusammengerafft. Sie war nicht verängstigt gewesen, eher wie unter Schock, und hatte sich nicht auf seine Fragen konzentrieren können. Es gab keinen Weg, zu ihr durchzudringen, jedenfalls nicht während der ersten Stunde. Erst als er zum vierten Mal erwähnte, in was für einer heiklen Situation sich ihr Mann befinde, fing sie an, die Antworten auf seine Fragen auszuspucken, eine nach der anderen, auf eine mechanische und lakonische Weise, die ihn an Tuwjas Art zu sprechen erinnerte. Er erfuhr, daß die Beziehung zwischen ihr und Tirosch beendet war. »Von wem ging die Initiative aus?« fragte er, und sie senkte die Augen und sagte: »Von ihm.« Und als er fragte, warum, erwähnte auch sie Ruth Duda'i.
    Dann beschrieb sie, wie sie von Donnerstag morgen bis Sonntag nachmittag fast ununterbrochen geschlafen hatte. Sie wisse nicht, sagte sie, ob Tuwja zu Hause gewesen sei. Michael hatte das Gefühl, daß sie, als sie von der Ermordung Scha'ul Tiroschs erfahren hatte, trotz des Schocks nicht so überrascht war, wie es zu erwarten gewesen wäre. Als er sie darauf ansprach, reagierte sie mit Verständnislosigkeit, sie könne dazu nichts sagen, wiederholte sie hartnäckig. Er erwähnte den Detektor, und sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe nichts zu verbergen«, sagte sie, und Michael hatte – wie bei ihrem Mann – das Gefühl, als sei sie nicht da. Immer wieder fragte er sich, was ein Mann wie Scha'ul Tirosch an ihr gefunden hatte. Wenn sie sprach, waren ihre braungrünen Augen ausdruckslos. Er registrierte ihre mageren Arme, den dünnen Hals und die vorgeschobene Unterlippe, wie bei einem weinenden Clown. Ihre Haut war zwar glatt, aber sehr dünn, fast durchsichtig. Michael mußte plötzlich an Schlangen denken, deren Haut auch so dünn wurde, bevor sie sich häuteten. Wieder stimmte er dem zu, was Schorr mal gesagt hatte: »Wundersam und rätselhaft sind des Mannes Wege zum Weibe.«
    Die Aussicht auf die Fahrt zum Fernsehsender, auf den Film, den er dort sehen würde, versetzte ihn in gespannte Erwartung, er hoffte, sie würde ihm helfen, die Müdigkeit zu überwinden.
    »Du trinkst zuviel Kaffee«, warf ihm Schorr vor, »und du rauchst auch zuviel. In deinem Alter ist das kein Witz mehr, du mußt auf dich achten. Warum hörst du nicht auf zu rauchen? Schau mich an, sogar wenn du mir jetzt eine anbieten würdest, würde sie mir nicht schmecken. Schon seit vier Jahren habe ich keine Zigarette mehr angerührt.«
    Michael lächelte. Schorrs väterliche Besorgnis rührte ihn immer.
    »Es stimmt, daß ich dicker geworden bin, seit ich aufgehört habe zu rauchen«, sagte Schorr und berührte den Speckring um seine Taille, »aber das werde ich auch noch los.« Er schob sich das halbe Streichholz in den Mund und schwieg. Dann zog er es wieder heraus und bewegte es vor Michael hin und her wie ein Lehrer seinen Finger, als er sagte: »Ich sage dir, es ist nicht so einfach, eine Preßluftflasche zu leeren und mit der richtigen Menge Kohlenmonoxyd zu füllen, so daß sie dasselbe Gewicht hat. Und hier geht es um zwei Flaschen. Ich hätte zunächst auf diese Spur gesetzt, ich hätte ermittelt, wer Zugang zu einem chemischen Labor hatte oder etwas bei einer Chemikalienhandlung bestellen konnte. Erst dann kommt das Motiv. Es handelt sich um eine Tat, die äußerst kompliziert auszuführen war.«
    »Ich habe auch schon daran gedacht und in dieser Richtung nachgeforscht. Aber ich sehe bei keinem eine Verbindung zu einem chemischen Labor, trotzdem kümmert sich die Hälfte meiner Leute um diese Angelegenheit. Ich weiß nur eines: Tirosch war zweimal bei den Duda'is zu Hause, und zwar auch in deren Keller, einmal, als Ido im Ausland war, und ein zweites Mal, nachdem er schon zurück war. Sie hatten Schwierigkeiten mit der Elektrizität, das jedenfalls hat die Frau ausgesagt, und Tirosch hat angeblich etwas repariert, und dort, im Keller, befand sich Idos gesamte Taucherausrüstung, auch die Preßluftflaschen.«
    »Das Problem ist«, sagte Schorr nach längerem Schweigen, »daß die Sache mit den

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