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Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Titel: Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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gekommen war – das »Leben draußen«, wie Zila es nannte, wenn sie mitten in einem Fall steckten. Der Gedanke an das Leben außerhalb dieses Gebäudes weckte eine schmerzhafte Sehnsucht in ihm, als wäre es eine Welt, zu der er keine Beziehung hatte, eine ferne, unvorstellbare Welt. Seit heute morgen hatte er vier neue Menschen ziemlich gut kennengelernt, er hatte mit ihnen über ihre Weltanschauungen gesprochen, über ihre Lebensgewohnheiten. Und jetzt mußte er einer neuen Figur in diesem komplizierten geometrischen Gefüge gegenübertreten.
    Er freute sich, daß er sich mit Schorr in einem Café in der Stadt verabredet hatte. Noch zwei Stunden bis dahin, dachte er und sagte laut: »Ich fange mit ihr an. Schick Rafi vorbei, vielleicht brauche ich ihn, damit er später weitermacht.«
    »Zila läßt dir ausrichten, daß sie die Filmvorführung für heute abend um zehn ausgemacht hat. Willst du, daß wir den Film alle anschauen?«
    Michael nickte. »Wenn du nach der Obduktion noch Kraft hast«, sagte er und fühlte, wie sich ein entschuldigender Ton in seine Stimme schlich. Eli Bachar gab keine direkte Antwort. Er begann mit einem detaillierten Bericht über das, was bei der Obduktion herausgekommen war. Letztlich wiederholte er aber nur das, was Hirsch bereits am Telefon gesagt hatte, und ließ sich über die Untersuchung des Mageninhalts aus. »Keine Spur von Gift, das Essen war sauber«, antwortete er auf die Frage, die Michael beschäftigte. »Sollen wir dich also um kurz vor zehn abholen?« fragte er zum Schluß.
    »Nein, ich komme allein hin«, sagte Michael. Er spürte genau, daß die Verzweiflung Tuwja Schajs auf ihn übergegriffen hatte, ebenso dessen Gleichgültigkeit und abgrundtiefe Müdigkeit. Die Worte kamen ihm überflüssig vor, als er Zila am Telefon bat, Ruchama Schaj zu bringen, und er fragte sich, woher er die seelische Kraft nehmen würde, sie zu verhören.

Zehntes Kapitel

    »Das ist, glaube ich, alles, was ich zur Zeit weiß«, sagte Michael, als er fertig war. Imanuel Schorr betrachtete den Aschenbecher, der voller Kippen und Streichhölzer war, und zerbrach ein weiteres Streichholz.
    Sie saßen im überfüllten Gartencafé des Tichohauses. Drinnen, im unteren Stockwerk, gab es einige freie Tische, doch trotz der Enge saßen alle hier auf der Terrasse, vor dem großen Park, und atmeten nach einem heißen, trockenen Tag die kühlere Abendluft ein. Über ihnen war der Himmel dunkel und sternlos, und von seinem Platz aus konnte Michael die hohen Zypressen und Kiefern im Park sehen, dunkel und drohend. Vom Nachbartisch klang das alberne Gelächter zweier Frauen zu ihnen herüber, nicht mehr jung, die miteinander flüsterten. Ein Gelächter, das Michael nur noch nervöser machte. Es war die Nervosität eines übermüdeten Kindes, das sich seine Müdigkeit nicht eingestehen will und auf alles mit Wut reagiert.
    Imanuel Schorr trank den letzten Schluck Bier aus, wischte sich über die Lippen und fragte: »Wann genau hat er Ruchama Schaj den Laufpaß gegeben?«
    »Am Donnerstag morgen. Tatsächlich haben wir Fingerabdrücke von ihr in seinem Zimmer gefunden, auch auf dem Tisch. Er hatte noch nicht einmal soviel Takt, sich dafür woanders mit ihr zu verabreden.«
    »Vielleicht hatte er Angst vor einer Szene«, meinte Schorr, und Michael murmelte, wenn er diese Frau gesehen hätte, wüßte er, daß man sich bei ihr nicht vorstellen könne, daß sie jemandem eine Szene macht. »Hast du in der Angelegenheit mit den Preßluftflaschen«, fuhr Imanuel Schorr fort, »eigentlich schon untersucht, wo man reines Kohlenmonoxyd bekommen kann?«
    »Ja. In jedem chemischen oder physikalischen Labor an der Universität. Und man kann sie auch in einer Chemikalienhandlung bestellen und sie sich nach Hause liefern lassen.«
    »Gab es da vielleicht irgendeinen Einbruch in der letzten Zeit?« fragte Schorr, und während die junge Kellnerin den Kaffee vom Tablett nahm und auf den Tisch stellte, dachte Michael an das kleine Café neben dem Migrasch ha-Russim, wo er und Schorr Dutzende von Malen gesessen und Kaffee getrunken hatten. Imanuel Schorr hatte sich an seinem Schnurrbart gezupft – er hatte ihn vor zwei Jahren abrasiert – und beiläufige Bemerkungen gemacht, und erst später hatte Michael ihre Bedeutung verstanden.
    Er rührte den Zucker in seinem Kaffee um und antwortete, er wisse nichts von einem Einbruch in ein Labor. »Allerdings«, sagte er und beugte sich vor, »kann man nicht gerade behaupten, daß es

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