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Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Titel: Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Zedek gewesen war, in dem Krankenhaus, wo ihr Mann arbeitete, und die Namenschilder betrachtet hatte, die die Ärzte auf der Brust trugen, ihn aber nicht entdeckt hatte.
    Rückblickend wußte er nicht, in welchem Augenblick Maja von einem angenehmen Abenteuer zum Gegenstand seiner Sehnsucht geworden war. Rückblickend – und er hörte nicht auf, zurückzublicken, in den langen Nächten, die er immer öfter allein verbrachte, müde von den vergeblichen Versuchen, einen Ersatz für sie zu finden – dachte er manchmal, daß Maja schon bei ihrem ersten Zusammentreffen, so unschuldig es auch gewesen war, zur Frau seines Lebens geworden war. Doch auch er wußte, daß es nur im Rückblick möglich war, die Struktur, den Verlauf, die Verhaltensmuster festzustellen. Zu dem Zeitpunkt, als die Geschichte anfing, hätte er die Entwicklung unmöglich voraussagen können. Hätte man ihn gefragt: Und wenn du es gewußt hättest, hättest du etwas anders gemacht?, so hätte er auf der Stelle und ohne Zögern geantwortet, daß es auch dann genau so geschehen wäre.
    Jetzt hörte er sich in demselben kühlen Ton wie sie fragen, ob sie Kaffee wolle, und er sah, daß sie den Kopf schüttelte.
    Sie wollte nichts, nur seine volle Aufmerksamkeit. Die Dinge seien ohnehin schwer genug, sagte sie und glättete den Saum ihres Rockes. Es gehe um ihren Mann.
    Michael war wie betäubt. Nie hatte Maja die Formulierung »mein Mann« benutzt, nie seinen Namen erwähnt. Selbst er schaffte es meistens, das Thema zu verdrängen. Doch immer hatte er das Gefühl, daß hinter der Fröhlichkeit, die sie zeigte, wenn sie zu ihm kam, etwas Tieftrauriges steckte, daß sich hinter der erfahrenen und selbstsicheren Frau ein kleines, erschrecktes Mädchen verbarg. Aber so war es doch meistens, hatte er gedacht. Nimm eine selbstsichere Frau, und du wirst ein erschrecktes Mädchen finden. Trotzdem war es bei Maja etwas anderes. Unter der kindlichen, unsicheren Schicht, das fühlte er deutlich, verbarg sich noch etwas, was tiefe Furcht in ihm weckte, eine Kraft und eine Fähigkeit, auch das Schlimmste auszuhalten. Was »das Schlimmste« war, wußte er nicht, doch das Gefühl, sie verfüge über eine Art tragischer Kraft, war für ihn absolut eindeutig. Und jetzt bekam das Gefühl einen Namen, wurde real.
    »Multiple Sklerose«, sagte Maja mechanisch, in wissenschaftlichem Tonfall. »Lange war der Verlauf sehr langsam, aber jetzt sitzt er schon seit einem Jahr im Rollstuhl, und vermutlich wird er ihn nicht mehr verlassen können.« Er hielt den brennenden Zigarettenstummel in der Hand, zog aber nicht daran. Ungläubig schaute er sie an.
    »Es kann doch nicht sein, daß du das nicht gewußt hast«, sagte sie. »Wir leben in Jerusalem. Das ist eine kleine Stadt, kein Ort, an dem man nichts erfährt. Ich war sicher, daß du es weißt und nur so getan hast, als wüßtest du es nicht, um es mir nicht schwerzumachen. Schließlich bist du ein berühmter Kriminalist! Auch wenn es aufgrund der Tatsache, daß er Arzt ist, wegen der Nachbarschaft und wegen tausend anderer Gründe nicht so bekannt wurde.«
    »Und als wir uns kennenlernten?« fragte Michael. Sie nickte.
    »Zehn Jahre. Ein langsamer Verlauf. Er ist jetzt siebenundvierzig.« Maja ist also zehn Jahre jünger als er, dachte Michael schnell, und sofort schämte er sich.
    »Aber ich hätte ihn nicht verlassen, auch wenn er nicht so schwer krank wäre, auch wenn er gesund wäre, aber dann hätte ich mir vielleicht nicht erlaubt, eine so tiefe Beziehung mit dir einzugehen.« Michael haßte das Wort »Beziehung« und dachte, wie hochmütig doch die Menschen waren, die meinten, sie könnten die Tiefe ihrer Liebe selbst bestimmen. Dabei bemühte er sich, ein undurchsichtiges Gesicht zu machen, und hielt sich zurück, um ja kein Wort zu sagen.
    »Frag mich nicht, warum, aber ich habe nicht vor, ihn von zu Hause wegzubringen. Ich werde ihn selbst pflegen, solange das möglich ist. Und ich weiß nicht, wie ich das alles aushalten soll, ganz abgesehen von meinem Schuldgefühl.«
    Es gab nur sehr wenige Momente in seinem Leben, überlegte Michael später, in denen er so gelähmt gewesen war wie jetzt. Und wie in einem Film spulten sich alle Bilder von ihrer gemeinsamen Zeit vor seinem inneren Auge ab, angefangen bei ihrer ersten Begegnung: Eines Nachts fuhr er von Tel Aviv nach Jerusalem, und hinter der Biegung von Sche'ar Hagai sah er plötzlich ein Auto und die Gestalt einer Frau, die an dem Auto lehnte. Er blieb stehen. Es

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