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Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Titel: Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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glaube nicht, aber vielleicht solltest du etwas trinken, im Kühlschrank gibt es kaltes Wasser. Und nun erzähl mir mal, was geschehen ist.« Letzteres war an Fanja gerichtet, die ihre Augen zumachte und das Gesicht verzog. »Tut dir etwas weh?« fragte Awigail weich.
    »Was tut dir weh?« schrie Guta. »Fanja, los, sag, was dir weh tut. Alles nur wegen dieser Rowdys.« Awigail sagte nichts. »Wegen der Polizei!« brüllte Guta. »Erst holen sie Jankele ab, und dann graben sie Srulkes Leiche aus!«
    »Langsam, langsam«, sagte Awigail, »eins nach dem anderen. Erkläre mir doch, was genau geschehen ist.«
    Guta griff in die Tasche ihres blauen Kittels und zog eine Schachtel Zigaretten heraus. »Man hat mich mitten aus der Arbeit im Kuhstall gerufen. Ich glaube, das ist erst zweimal passiert, daß ich mitten aus der Arbeit gerufen worden bin. Fanja war in der Schneiderei, sie ist beinahe umgekippt, als man ihr von Srulke erzählt hat.«
    »Was ist mit Srulke passiert?« fragte Awigail, den Blick auf den Sekundenzeiger gerichtet, während sie Fanjas Handgelenk hielt.
    »Srulke ist...« Guta starrte sie an, als hätte sie sie die ganze Zeit nicht gesehen. »Srulke... Er ist vor anderthalb Monaten gestorben, plötzlich, an Schawu'ot. An einem Herzschlag. Srulke ...« Guta schwieg und unterdrückte aufsteigende Schluchzer mit einem tiefen Zug an ihrer Zigarette. Fanja öffnete die Augen und schaute ihre Schwester erschrocken an. Ihr Atem wurde leiser, und der schmerzliche Ausdruck auf ihrem Gesicht wich einem tiefen Schrek ken. Wieder spürte Awigail die Panik, die sie vorhin gepackt hatte, als Guta in die Ambulanz gestürzt war, und in ihr kämpfte die Krankenschwester, die ruhig den Puls gefühlt hatte und das Handgelenk nun sinken ließ, mit der Polizistin, die alles erfahren wollte.
    »Du weißt doch, daß es hier einen Todesfall gegeben hat, einen Mord«, sagte Guta. »Du hast doch schon gehört, daß irgend jemand Osnat vergiftet hat.«
    Awigail sagte nichts.
    »Jemand hat ihr Parathion gegeben, und sie ist gestorben«, sagte Guta abschließend und starrte die weiße Wand hinter der schmalen Liege an. Sie hielt den Blick auf ein Bild gerichtet, eine Zeichnung der Jerusalemer Berge von Anna Ticho. Fanja stöhnte. Awigail griff wieder nach ihrem Handgelenk und merkte, daß sich der Puls beschleunigte.
    »Letzte Nacht haben sie Srulkes Leiche ausgegraben und festgestellt, daß auch er ... Heute morgen sind sie in die Schneiderei gekommen und haben es ihr gesagt.« Guta blickte ihre Schwester an.
    »Und was ist passiert?« fragte Awigail. »Was haben sie ihr erzählt?«
    »Daß auch er ...« sagte Guta und verschluckte den Rauch.
    »Daß auch er ...« wiederholte Awigail.
    »Auch bei ihm haben sie Parathion gefunden. Jetzt gibt es wieder Nachforschungen und Gerede über Jankele.«
    Fanja schloß erneut die Augen, ihr Gesicht verzerrte sich, und ihr schneller, stoßweiser Atem war zu hören.
    »Sie verdächtigen ihn, obwohl er keiner Fliege etwas zuleide tun kann«, sagte Guta, zog ein Stück Toilettenpa pier aus ihrer Kitteltasche und putzte sich die Nase. Ihre Augen waren trocken. »Entschuldigung. Das ist zuviel für uns. Das und dazu noch die Sache mit Srulke.«
    Fanja fing an zu murmeln. Die Töne, die aus ihrer Kehle kamen, wurden immer lauter und bekamen etwas Erschrekkendes.
    »Hysterie«, sagte Awigail später zu Michael. »Reine Hysterie. Ich habe es von Anfang an gewußt.«
    Guta schaute ihre Schwester an. »Srulke war für uns wie ...« Wieder sog sie den Rauch ein und schwieg. »Er war wie unsere Familie«, sagte sie schließlich. »Er hat uns hierhergebracht, er hat uns gerettet. Er hat sich immer um Fanja gekümmert, und auch um Jankele. Jetzt haben sie zu Fanja gesagt, daß Jankele, weil er sich nachts in der Nähe von Osnats Zimmer herumgetrieben hat ... Sie haben ihn zu einem Verhör abgeholt. Und man kann mit niemandem sprechen, auch nicht mit Mojsch ... Und ich möchte ...« Guta schaute zu der schmalen Liege hinüber. »Geht es dir besser?« fragte sie ihre Schwester. Fanja antwortete nicht. Sie lag da, und ihre nackten geschwollenen Füße sahen auf dem weißen Laken aus wie zwei Brocken aus rotem Stein. Ihre Arme schauten dünn und runzlig aus den weiten Ärmeln ihres abgetragenen Kleides heraus. Ihre kastanienbraunen Haare, durch die sich graue Strähnen zogen, waren länger als die ihrer Schwester und umrahmten ein breites Gesicht. Sie sah Guta überhaupt nicht ähnlich. »Sie haben Srulke

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