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Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Titel: Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Frau hat ihr dann eine Szene im Speisesaal gemacht, ach, ich weiß nicht mehr. So ein Magerer.«
    »Typ Playboy?«
    Jetzt lächelte Awigail. »Ja, genau. Ein nicht mehr ganz junger Playboy. Seit ich hier bin, arbeitet er im Speisesaal.«
    »Er hat gerade den Job gewechselt, bisher war er für die Obstplantage zuständig«, sagte Michael. »Das ist wirklich nicht normal, wie er sich verhält. Du bist erst drei Tage hier, und schon probiert er es.«
    »Er hat mich gefragt, ob ich allein im Leben stehe«, sagte Awigail. »Und ich habe gesagt, ich wäre nicht allein, ich würde nur allein im Kibbuz leben. Und schon das scheint gereicht zu haben. Sie sind hier wirklich ziemlich durcheinander. Heute abend im Club sind zwei junge Männer beim Kabelfernsehen eingeschlafen. Und Jochewed hat von einer anderen Frau gesagt, ich weiß nicht, wie sie heißt, daß sie nicht zur Arbeit geht, sondern den ganzen Tag vor dem Fernseher verbringt. Und ich habe heute mit eigenen Augen zwei Väter gesehen, die ihre kleinen Kinder zur Feldarbeit mitnahmen. Aber nach außen hin tun sie, als wäre nichts los. Und der Speisesaal ist halbleer. Die Leute bleiben lieber in ihren Zimmern.« Sie hielt inne, dann sagte sie schnell: »Ach, ich habe ganz vergessen, dir etwas zu sagen. Heute hat eine Frau eine dringende Versammlung gefordert, eine Sicha . Sie hat neben Dworka gestanden und gesagt: ›Ich verlange eine Sicha darüber.‹ Dworka hat nichts geantwortet, aber Mojsch, der ebenfalls da war, hat gesagt, das sei nicht die passende Zeit für Versammlungen. ›Wie stellst du dir das vor, Hila?‹ hat er gesagt. ›Sollen wir eine Ver sammlung abhalten und den Mörder auffordern vorzutre ten? Jetzt hat die Polizei den Fall übernommen.‹ Die Frau fing an zu schreien: ›Nein, nein, das war keiner von uns. Ich glaube, das war ein anderer. Vielleicht einer, der den Kibbuz verlassen hat und zurückgekommen ist, um Unheil zu stiften, und das sollten alle erfahren.‹ Mojsch sagte, erst wenn alles vorbei wäre und man wüßte, wer der Mörder war, könnte man eine Sicha abhalten, inzwischen solle sie sich doch der Gruppe anschließen, die von den Psychologen eingerichtet wurde.«
    »Und Dworka?« fragte Michael. »Wie reagiert Dworka auf die ganze Situation?«
    »Keine Ahnung, ich habe sie kaum gesehen«, sagte Awi gail. »Aber ich habe gehört, daß sie bei diesem Gespräch, als Hila eine Versammlung verlangt hat, gesagt hat: ›Warum? Eine Sicha ist überflüssig, das Leben geht normal weiter. Man muß mit der Sache fertig werden, wie mit jeder Katastrophe.‹«
    »So hat sie es gesagt?« fragte Michael verwundert. »Wie mit jeder Katastrophe?«
    »Ich habe ja nicht viel mitbekommen«, sagte Awigail nachdenklich, »aber sie scheint so zu tun, als sei nichts passiert. Sie macht ein Gesicht wie › Man-muß-alles-tun-wie immer‹, so kommt es mir wenigstens vor, jetzt, wo du mich danach fragst. Kennst du dieses Phänomen? Ich kenne es aus Krisensituationen, aus meiner Zeit im Krankenhaus. Wenn in einer Familie ein Unglück passiert, gibt es immer jemanden, der das Bewahren der Normalität als Aufgabe übernimmt. Einer aus der Familie, der sagt, daß das Leben weitergehen muß, und der darauf achtet, daß keiner von den anderen es in irgendeiner Richtung übertreibt. Es ist eine besondere Art Mensch, Leute mit einer starken Selbstbeherr schung. Allerdings habe ich langsam das Gefühl, daß an dieser Selbstbeherrschung etwas Pathologisches ist.«
    »Nein, nicht unbedingt Pathologisches«, sagte Michael, »aber doch etwas Erstaunliches. Ich habe gedacht, ich war sicher ...« Er stockte. Dann erklärte er: »Ich hatte mir vorgestellt, daß sie sich so lange beherrscht, wie es nötig war, die Sache geheimzuhalten, was danach kommen würde, dazu hatte ich kein Bild. Aber ich habe irgendwie angenommen, daß sie dann zusammenbricht. Vermutlich ist sie jedoch von einem ganz anderen Schlag. Und Se'ew Hacohen?«
    »Er hat ein beeindruckendes Gesicht«, sagte Awigail, »aber er nimmt sich sehr ernst, wie die ganze Gründergenera tion, doch bei ihm ist es auch eine Pose. Ich habe nichts Anomales an ihm festgestellt.«
    »Und Dave?«
    Awigail lächelte. »Dave? Dave hat vorgeschlagen, die mystischen Zirkel zu erweitern, sich öfter zu treffen. Weißt du eigentlich, daß er Mescalin besitzt?«
    »Was ist das?« fragte Michael.
    »Eine Kaktusart, aus der man Mittel für Halluzinationen gewinnt. Eine Form von Droge.«
    »Woher weißt du das?« fragte Michael

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