Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren
dieser Broker, den ich vor zwei Monaten mal zum Verhör hier hatte, erinnern Sie sich?« Er schaute Nahari an. Der nickte. »Ich bin zu ihm gegangen, weil ich die ganze Prozedur des Kaufens und Verkaufens von Aktien verstehen wollte.«
»Das ist Ihnen auch gelungen«, sagte Nahari ironisch. »Sie sind ein Experte in Aktiengeschäften geworden.«
Michael lehnte sich im Stuhl zurück, dessen Lehne leise knarrte. Er streckte die Beine aus. Erst als Sarit ihn anschaute, warf er einen Blick unter den Tisch und sagte »Entschuldigung«. Er spürte, daß er rot wurde. »Ich habe gedacht, es wäre ein Tischbein«, fügte er hinzu.
Nahari wandte den Kopf zur Seite. »Ich habe gehört, Sie hätten viel Erfolg bei den Frauen«, sagte er spöttisch. »Das ist also Ihre Methode? Unter dem Tisch?« Nur er selbst lachte über diesen Witz.
»Vielleicht sollte ich es noch einmal erwähnen«, sagte Michael. »Sein Hauptziel war, dem Kibbuz nach der Aktiengeschichte aus der Patsche zu helfen. Er war mit den Aktien baden gegangen, wie alle, und jetzt brauchte er anderthalb Millionen Dollar. Die bekam er von den Schweizern. Er hat niemandem etwas gesagt und hat von dem Geld sichere Wertpapiere gekauft. Den Leuten vom Kibbuz hat er erzählt, er wäre rechtzeitig aus der Aktiengeschichte ausgestiegen. Mir hat er gesagt, er wollte verheimlichen, daß er Mist gebaut hatte, außerdem habe er keine Zeit gehabt, um auf die Erlaubnis zum Verkauf der Formel zu warten, vor allem, weil er wußte, daß er sie nicht bekommen würde.«
»Gut, das haben wir kapiert«, sagte Nahari und deutete mit einem kurzen, manikürten Finger auf das Papier vor ihm auf dem Tisch. »Wir warten auf Ihre Geschichte mit dem Glück.«
»Vor zwei Monaten habe ich mit einem Broker gesprochen, der wegen einer anderen Sache verhaftet worden war. Nun fuhr ich zu ihm, und er hat sich um die Sache gekümmert. Er hat mich mit einem anderen Broker zusammengebracht, der ganz zufällig Osnat gekannt hatte. Er hatte ihr sogar den Hof gemacht. Auch Osnat ist ganz zufällig auf die Sache gestoßen. Dieser Broker, ihr Verehrer, hat sie angerufen und sich mit ihr verabredet. Sie traf sich mit ihm, und er hat beiläufig zu ihr gesagt, er habe gar nicht gewußt, daß sie reich geworden sei.«
»Und sie ist damit zu Jojo gegangen«, sagte Nahari.
»Ja, sie ist zu ihm gegangen, nachdem sie erfahren hat, um welche Summe es sich handelte.«
»Ich habe diesen Teil auch beim Abtippen nicht verstanden«, sagte Sarit in einem mäkeligen Ton. »Ich habe das mit den ganzen Zahlen nicht kapiert.«
»Da ist nichts zu kapieren«, sagte Nahari. »Er und Osnat hatten gemeinsam die Prokura für den Kibbuz. Die Papiere hat er meiner Meinung nach allein gekauft, nach eigenem Gutdünken, und ihre Unterschrift gefälscht. Das Geld, das er für sich genommen hat, hat er auf ein Konto mit Osnats Namen gelegt, auf diese Art hat er sie in die Sache hineinge zogen. Was gibt es da zu verstehen?«
»Den ganzen Rest ihrer Untersuchung, wie sie ihm auf die Schliche gekommen ist«, sagte Sarit, ohne jemanden anzuschauen.
»Sie wollte, daß er vor Mojsch und allen anderen ein Geständnis ablegt«, sagte Beni, »aber sie hat nicht gewußt, daß er Geld für sich selbst abgezweigt hat. Das ist ihr einfach nicht eingefallen. Wie kann man bloß so naiv sein!«
»So naiv ist das gar nicht«, sagte Michael. »Sie wußte nichts von seiner Vergangenheit, vielleicht noch nicht mal, daß er ein Flüchtling war, der nach dem Holocaust mit der Alijat Noar ins Land gekommen ist, der Jugend-Einwanderung. Er war ein paar Jahre älter als sie. Hätte sie nicht die Sache mit seiner Schwester entdeckt, wäre sie nie draufgekommen. Er hat ihr gesagt, es handle sich um eine Anlage für den Kibbuz. Was sie auf die Palme gebracht hat, war, daß er alles ganz allein gemacht hat, ohne die anderen miteinzubeziehen, die Buchhaltung, den Finanzauschuß. Ein ganzes Jahr lang hat er es geschafft, alles vor den anderen geheimzuhalten. Sogar vor dem Buchhalter. Alle haben geglaubt, er sei rechtzeitig vor dem Aktiencrash ausgestiegen, habe Wertpapiere gekauft und so den Kibbuz aus der Misere gerettet.«
»Einmal im Jahr bringen sie den Jahresbericht über die finanzielle Situation heraus«, sagte Beni. »Jedes Mitglied bekommt ein Exemplar. Es gibt sogar eine eigene Sicha aus diesem Anlaß, und der Verantwortliche trägt den Etat vor und erklärt alles.«
»Verflixt langweilig ist so was«, sagte Nahari. »Das ist immer die
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