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Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Titel: Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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langweiligste Sicha im ganzen Jahr. Niemand geht hin, außer ein paar Fanatikern, das weiß ich noch genau.« Er steckte sich die Zigarre zwischen die Zähne.
    »Ja, und kaum einer liest den Jahresbericht«, sagte Mi chael. »Man wirft einen Blick darauf, und damit hat sich's.«
    Nahari schob den senffarbenen Aschenbecher zur Seite. »Schwierig wurde es erst, als Osnat ihn dazu brachte, einen Brief zu unterschreiben, in dem er versprach, die Sache bis Ende des Jahres bei einer Sicha vorzubringen. Das steht hier, in der Abschrift des Verhörs von gestern abend.«
    »Ja«, sagte Michael seufzend. »Er hat ihr so eine Erklä rung unterschrieben. Es ging ihr angeblich nicht darum, ihn zu verraten. Er hat gesagt, sie habe ihn nur an seine Zusage binden wollen.«
    »Bringen Sie mich nicht zum Lachen«, sagte Nahari. »Manchmal sind Sie ... Was sie wirklich wollte, ist, sich selbst von jedem Verdacht befreien. Sie wollte das Drama einer Sicha , um sich reinwaschen zu können. Denn er konnte sie ja mit dem Konto auf ihren Namen erpressen.«
    Michael atmete tief ein. »Man muß die verschiedenen Charaktere in Betracht ziehen. Zum Beispiel Osnat. Die Sache ist nicht so einfach. Es stimmt, daß er sie hineingezogen hat, um sich selbst zu schützen, aber andererseits war sie keine Person, die sich erpressen ließ, und sie war fest entschlossen, die Sache vor das Plenum zu bringen.«
    »Lassen Sie sich nicht so mitreißen«, sagte Nahari mit halbgeschlossenen Augen. »Und glauben Sie nicht, daß Sie der einzige sind, der alles versteht. Wo ist übrigens der Brief?«
    »Ich habe alle ihre Sachen durchsucht und ihn nirgends gefunden. Vielleicht hat sie ihn irgendwo außerhalb des Kibbuz aufgehoben.«
    »Bald stellt sich noch heraus, daß sie ein Banksafe hatte«, sagte Nahari, vor sich hin lächelnd. Aus der Tischschublade zog er eine Schachtel und öffnete sie. Dünne Zigarren waren darin, andere als die, die er sonst rauchte. Er wählte sich sorgfältig eine aus. Michael verfolgte seine Bewegungen. »Will jemand eine?« fragte Nahari und deutete auf die Schachtel. Michael zog eine Zigarette aus seiner Schachtel Noblesse . »Vielleicht ist es Zeit für eine Tasse Kaffee?« sagte Nahari mit einem Blick zum Telefon. Sarit wählte und sprach mit leiser Stimme in den Hörer, ihre andere Hand ruhte auf dem grauen Apparat.
    »Was war das für ein Artikel, den sie für das Bulletin geschrieben hat?« erkundigte sich Nahari.
    »Wer weiß, vielleicht hat sie ihn nur erschrecken wol len«, sagte Beni und zog die Nase hoch.
    »Funktioniert die Klimaanlage eigentlich?« fragte Sarit gereizt. »Wie lange kann man es so nur aushalten!«
    »Zwei Dinge haben mich gestört, seit ich auf die Sache gestoßen war«, sagte Michael. »Erstens paßte es überhaupt nicht zu ihr, sich so beherrscht zu geben, mit niemandem darüber zu sprechen und sich überhaupt so erpressen zu lassen, und zweitens die Sache mit dem Brief. Darin stand, daß sie den Brief vorzeigen würde, falls er die ganze Angele genheit nicht bis zu einem bestimmten Termin bei einer Sicha zur Sprache gebracht hätte.«
    »Bis wann?« fragte Nahari.
    Beni und Sarit schauten ihn fragend an, aber Michael antwortete schnell: »Bis in zwei Wochen. Die Sicha , die in zwei Wochen stattfinden wird, war der späteste Termin.«
    »Bestimmt hatte sie ein Banksafe«, stellte Nahari fest.
    »Sie hatte kein Banksafe, in keiner Bank«, sagte Michael. »Wenigstens nicht auf ihren Namen. Meiner Meinung nach gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder hat sie ihn einer anderen Person zur Aufbewahrung gegeben, oder Jojo hat ihn vernichtet. Dazu haben wir ihn noch nicht mit dem Detektor verhört, aber er behauptet, er habe ihn seit da mals, als er ihn unterschrieb, nicht mehr gesehen.«
    Beni seufzte. Er strich sich mit beiden Händen über die Glatze und sagte: »Aber das ist nicht das Hauptproblem.«
    »Was ist denn das Hauptproblem?« fragte Sarit. »Nach dem ganzen Abtippen fehlt mir der Überblick, ich weiß nur noch Einzelheiten, Formulierungen.«
    »Das Hauptproblem«, sagte Michael, »ist, daß er zwar ein Motiv hat, aber auch ein wasserdichtes Alibi.«
    »Er war die ganze Zeit mit Mojsch zusammengewesen«, erinnerte sie Beni.
    »Vielleicht ist Mojsch auch in die Geschichte verwikkelt«, sagte Sarit zweifelnd.
    »Wir haben es nachgeprüft«, sagte Beni, »an dem Alibi ist nicht zu rütteln, es gibt Zeugen.«
    Nahari faßte die Ergebnisse zusammen. »Da stehen wir also jetzt da mit einem Mann, der ein

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