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Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Titel: Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Er hat nicht erst heute angefangen. Angestellte Arbeiter.« Ihre Stimme erhob sich. »Angestellte Arbeiter in einem Kibbuz! Alle Kibbuzim prostituieren sich heutzutage, sie prostituieren sich! Sie vermieten die Rasenflächen vor den Speisesälen für Familienfeiern, für Hochzeiten und Bar-Mizwa-Feiern! Hat man so was schon gehört?«
    Mojsch stöhnte auf. »Dworka«, sagte er verzweifelt, »darum geht es jetzt nicht. Siehst du nicht den Unterschied? So etwas hat es noch nie gegeben, in meinen schlimmsten Träumen hätte ich mir nicht ...«
    Dworka unterbrach ihn. »Was für einen Unterschied? Es gibt keinen Unterschied. Eines führt zum anderen, es gibt einen Prozeß. Siehst du nicht, daß es einen Prozeß gibt, in dem das Individuum über die Gemeinschaft gestellt wird? Die Interessen des einzelnen über die der Gemeinschaft zu stellen, die Unfähigkeit, materielle Wünsche zu verschieben? Kannst du das nicht sehen?« Sie streckte eine Hand aus. »Siehst du nicht, daß das ein langer Prozeß ist – man fängt mit Spekulationen an der Börse an, man profitiert von Zinsen, und man hört damit auf, daß man seinen eigenen Mitgliedern Bonuspunkte gibt, wenn sie bei der Ernte mithelfen.« Ihre Stimme klang müde, als sie weitersprach. »Ihr habt euch schon lange nicht mehr kritisch mit euch selbst auseinandergesetzt. Schon lange ist das Zuhause eines Chawers sein jeweiliges Privatzimmer. Es ist ein Prozeß, dessen bisheriger Höhepunkt die Übernachtung der Kinder in den Familien ist, und das ...« Sie schwieg. Ihr Mund zog sich nach unten, ihre Hände zitterten. Sie preßte sie so fest zusammen, daß ihre Knöchel weiß wurden.
    »Ich gehe jetzt, ich halte es nicht mehr aus«, sagte Riki.
    »Wirklich, hör auf damit«, sagte Mojsch mit erstickter Stimme.
    »Ihr solltet mich ernst nehmen«, sagte Riki. Ihre Stimme klang immer hysterischer.
    »Gut, wir haben es gehört«, sagte Jojo ungeduldig. »Niemand hält dich mit Gewalt hier fest. Was ist denn, sag's doch! Hast du ein paar Minuten hintereinander nicht im Mittelpunkt gestanden?«
    Michael notierte in seinem Gedächtnis diesen offenen Wutausbruch – auch die Schweißperlen auf der Stirn ausgerechnet jenes Mannes, der sich bisher so beherrscht hatte – und nahm sich vor, die Ursache dafür herauszufinden.
    »Ich gehe noch heute oder morgen früh. Ich halte diese Blicke nicht länger aus, und die ganze Zeit habe ich gehofft, daß ihr es allen erklärt. Und jetzt soll es geheimgehalten werden, jetzt werden sich weiter alle so zu mir benehmen, als hätte ich sie umgebracht!« Riki brach in Tränen aus, und Dworka seufzte tief. »Ich schwöre, daß ich es nicht war!« rief Riki flehend. »Ich habe nichts getan.«
    »Niemand wirft Ihnen irgend etwas vor«, sagte Machluf Levi. »Allein die Tatsache, daß Sie jetzt hier sind, müßte Sie doch beruhigen.«
    Riki weinte weiter.
    »Wir werden tun, was getan werden muß«, sagte Jojo. »Wir werden den Mund halten und nach der Flasche suchen, bis wir sie finden oder Sie uns sagen, daß wir damit aufhören können. Je nachdem.«
    »So etwas kann man nicht lange geheimhalten«, sagte Mojsch verzweifelt. »Nicht bei uns, und nicht so ein Geheimnis.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Michael leise. »Vielleicht ist das auch einer von Ihren Mythen.« Er wußte selbst, daß diese Worte nicht nur Mojsch galten.
     
     
    Seine Worte waren vor allem für Dworka bestimmt gewesen, die ihm nun gegenübersaß und die er, während er in seinen Papieren blätterte, immer wieder anschaute. Auch in den anderen Zimmern fand nun das statt, was Michael vorher als »persönliches Gespräch« angekündigt hatte, eine Formulierung, die wohl nicht verbarg, daß sich eine eingehende Befragung dahinter verbarg. Machluf Levi hatte er Jojo überlassen, und Beni befragte Mojsch. Die jungen Leute hatte er ins hintere Zimmer geschickt, zu Sarit. »Er ist nicht zu sprechen, er verhört gerade jemanden«, hatte er Sarit durch die Tür hindurch sagen gehört, als er Riki aufforderte, einstweilen im Flur zu warten. Er war nun allein mit Dworka in seinem Büro. Er stellte ihr ein Glas kaltes Wasser hin und schaute ihr direkt in die blauen, geröteten Augen. Sie wich nicht aus, und ihr forschender Blick verursachte ihm ein gewisses Unbehagen, eine Mischung aus Respekt und dem Wunsch, ihrem Blick standzuhalten. Deshalb schaute er sie auch immer wieder an, während er in seinen Papieren blätterte. Endlich sagte er: »Es ist schwer, einen solchen Fall zu untersuchen,

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