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Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Titel: Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Gespanntheit, Angst und Niedergeschlagenheit.
    Sie setzten sich in Meros' Zimmer im siebten Stock, das für ihn für die Zeit, die er in Jerusalem verbrachte, reserviert war. An diesem Tag war er wegen einer Sondersitzung des Erziehungsausschusses da. Michael hielt ihm eine Fotokopie seines Briefes an Osnat hin, und Aharon Meros antwortete: »Ja, der ist von mir.« Er wurde rot und gab Michael die Kopie zurück, ohne ihn dabei anzuschauen. »Ich habe nicht geglaubt, daß der Brief irgend jemand anderem in die Hände fallen würde«, sagte er schließlich, und nach einigem Zögern riß er sich zusammen und fragte nervös: »Was geht es Sie an? Warum wurde überhaupt die Polizei eingeschaltet?«
    »Es handelt sich nicht um einen natürlichen Tod«, sagte Michael.
    Das Parlamentsmitglied Meros starrte ihn erschrocken an. »Was heißt das, kein natürlicher Tod? Lag es nicht an der Spritze? Mojsch hat doch gesagt, daß man nachforscht, ob die Spritze schuld war.«
    »Nein«, antwortete Michael, ohne sein Gegenüber aus den Augen zu lassen. »Nein. Die Spritze war nicht schuld, auch nicht die Lungenentzündung oder irgendein Virus.«
    »An was ist sie gestorben?« fragte Meros.
    Michael betrachtete forschend sein Gesicht, dachte an die Fähigkeit der Menschen, sich zu verstellen, daran, daß dieser Mensch Politiker war, und fragte sich, inwieweit man der wachsenden Panik in der Stimme und den Augen des Mannes Glauben schenken durfte.
    »An einer Vergiftung mit Parathion«, sagte er dann.
    Meros starrte ihn ungläubig an. »Wieso denn Parathion? Was hatte sie mit Parathion zu tun? Bei uns wird das Obst doch schon lange nicht mehr mit Parathion gespritzt.«
    »Es geht nicht um gespritztes Obst.«
    »Wie soll sie dann an Parathion gekommen sein?«
    »Ich werde es Ihnen gleich erklären«, sagte Michael. »Aber vorher möchte ich wissen, wann Sie sie zum letzten Mal gesehen haben.«
    Ohne nachzudenken, ohne zu zögern, antwortete Meros: »Am Samstag abend, also genau vor einer Woche und zwei Tagen.«
    »Und wann haben Sie ihr diesen Brief geschickt?« fragte Michael.
    »In der Nacht, nein, am nächsten Morgen, nachdem ich sie getroffen hatte. Ich schrieb in der Nacht, gegen Morgen, und schickte den Brief dann morgens weg. Ich habe nicht gewußt, wie krank sie ist.«
    »Und danach hatten Sie keinen Kontakt mehr mit ihr? Nach dieser Samstagnacht vor neun Tagen?«
    »Nein. Keinen Kontakt, bis Mojsch mich angerufen hat«, sagte Meros. Seine Stimme zitterte.
    »Und was bedeutet dieser Brief? Entschuldigen Sie, wenn ich Sie nach Ihrer Beziehung zu der Verstorbenen fragen muß.«
    Meros seufzte. Er blickte Michael an und sagte: »Das wissen Sie doch, Sie haben den Brief ja gelesen, sonst wären Sie nicht hier. Eine sehr enge Beziehung. Es hat keinen Sinn, das abzuleugnen, nachdem Sie den Brief gelesen haben. Was noch?«
    Michael schwieg.
    »Nun, was möchten Sie noch wissen?« fragte Meros bitter.
    »Alles, je mehr, desto besser«, sagte Michael, ohne zu zögern, mit leiser, aber fester Stimme. »Wie lange das schon ging, wer davon wußte, warum Sie es geheimgehalten haben, einfach alles.«
    Wieder seufzte Meros. »Ich weiß nicht, wozu das gut sein
soll«, meinte er schließlich. »Das hat nichts damit zu tun.«
»Alles hat mit allem zu tun«, sagte Michael, der fürch tete, das Gespräch könnte auf die Frage der Immunität hinauslaufen. (»Bemühen Sie sich, ihn nicht mehr als nötig anzugreifen«, hatte Nahari ihn in einem pseudo-väterlichen Ton gewarnt. »Sonst sitzen wir in der Tinte. Man sagt über Sie, Sie schaffen es bei Verhören immer, den Leuten Vertrauen einzuflößen. Also los, flößen Sie ihm Vertrauen ein.«)
    »Erstens bin ich verheiratet«, sagte Meros, ohne das bei Männern seiner Position übliche ängstliche Zögern. »Aber der Hauptgrund war Osnat, sie wollte nicht, daß man sich im Kibbuz die Mäuler zerreißt, sie wollte keinen Tratsch.« Er schwieg, dann brach es aus ihm heraus: »Ich will jetzt aber wissen, an was sie gestorben ist. Warum ist sie gestorben? Los, erzählen Sie mir alles.«
    »Bei der Frage nach dem Warum können Sie mir vielleicht helfen, und an was habe ich Ihnen schon gesagt.«
    »Aber wie ist das passiert? Sie müssen es mir sagen.«
    »Sie haben sie gekannt«, sagte Michael. »Halten Sie einen Selbstmord für denkbar?«
    Meros dachte lange nach, bevor er antwortete: »Nicht jetzt. Früher vielleicht mal, aber jetzt nicht. Sie war viel zu sehr mit dem Leben beschäftigt.« Bitter fügte

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