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Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Titel: Ochajon 04 - Das Lied der Koenige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Isi Maschiach rührte sich nicht. »Warum ist die Untersuchung bei Gericht nicht zugelassen, wenn sie so eindeutig ist?«
    »Ach das«, sagte Michael und setzte sich wieder. Ein schneller Blick, den er mit Eli wechselte, brachte Eli dazu, den Stuhl erneut heranzuziehen und sich betreten zu setzen. »Wollen Sie, daß ich es Ihnen erkläre?« Isi Maschiach zuckte die Achseln, aber er rührte sich nicht.
    »Der Lügendetektor wird nicht zugelassen, weil es Situationen gibt, in denen Menschen eine Legitimation zum Lügen verspüren. Wenn der Überprüfte sich nicht bewußt ist, daß er lügt, sind die Reaktionen nicht aussagekräftig.«
    »Was meinen Sie mit einer Legitimation zum Lügen?«
    Michael sah Eli Bachar an. »Erzähl du ihm von dem Vortrag«, bat er.
    »Jetzt?« protestierte Eli Bachar.
    Michael antwortete nicht.
    »Gut, wenn es sein muß«, erklärte Eli sich bereit. »Ich war einmal bei einem Vortrag, in dem der Referent eine Polizistin nach vorne rief, ihr eine Reihe Karten zeigte, sie mit Reißzwecken an der Tafel befestigte und sie bat, laut die Zahlen auf den Karten vorzulesen. Sie von eins bis sieben vorzulesen. Aber wenn sie an eine Karte mit der Zahl fünf käme, bitte er sie, die Sieben zu nennen. Das hat sie getan. Man hat sie an den Lügendetektor angeschlossen, und als sie an die Karte mit der fünf kam, sagte sie sieben, und der Zeiger schlug nicht aus. Sie spürte nicht, daß sie log. Sie hatte das Gefühl, einer Anweisung zu folgen. Mit anderen Worten, eine Legitimation zu lügen.«
    »Die Frage ist, welche Autorität einen zum Lügen animiert hat«, fügte Michael hinzu. »Man hat es nicht erforscht, aber ich bin sicher, wenn man die Reaktionen von Ultraorthodoxen auf dem Lügendetektor untersuchen würde, würde man feststellen, daß jede Lüge, die auf ein Gebot ihres Rabbis zurückgeht oder sie zu Märtyrern macht, kein Problem für sie darstellt.«
     
    »Er ist nicht über seine Rechte aufgeklärt worden«, flü sterte Eli Bachar und legte die Hand auf das Gerät, mit dem das Gespräch zwischen Michael und Isi Maschiach aufgenommen wurde. Die Technikerin schloß inzwischen den Lügendetektor an. »Ich dachte, daß es nicht notwendig ist«, sagte Michael. »Er hat kein Motiv, von dem ich wüßte, und hat heute, falls wir nun nichts anderes erfahren, auch seine Wohnung nicht verlassen. Er hat nicht mal um einen Rechtsanwalt gebeten.«
    »Aber es gibt keine Zeugen dafür, daß er das Haus nicht verlassen hat«, erinnerte Eli Bachar.
    »Wir werden ihn fragen.«
     
    »Zweimal!« sagte Eli Bachar aufgeregt, als beide draußen standen. »Zweimal hat er eindeutig gelogen.«
    »Das stimmt nicht ganz«, sagte Michael und überprüfte erneut die Kurve. »Einmal war es klar, als ich ihn über eine Krise in der Beziehung gefragt habe. Aber das zweite Mal, als ich wissen wollte, ob er das Haus verlassen hat, war es nicht eindeutig.«
    »Zweimal«, beharrte Eli Bachar. »Willst du ihn bierbehalten?«
    »Vorläufig«, sagte Michael. nachdenklich. Er versuchte seine plötzliche Enttäuschung über Isis Reaktionen einzudämmen.
    »Mach du jetzt weiter, ich fahre zu Balilati und komme später zurück. Die anderen Kollegen kommen bald vom Tatort zurück. Du wirst Unterstützung bekommen.«
    Nach ein Uhr nachts stand Michael in Nitas hell erleuchte ter Wohnung. Als er sich über das Baby beugte, das im Kin derwagen schlief, sah er, daß der Wagen ihr bald zu eng sein würde. Sie war im letzten Monat sehr gewachsen, und man mußte sie in ein Kinderbett legen, auch wenn sie in Nitas Wohnung war. Ihm fiel ein, daß er seine Schwester nicht an gerufen hatte. Vielleicht war es auch gut so, denn es hatte sich herausgestellt, daß die Polizistin Dalit es fertiggebracht hatte, eine Äthiopierin mit strahlendem Lächeln aufzutreiben, die auch nachts dableiben würde. Dalits Augen funkelten vor Stolz. Sie erklärte hastig, wie sie dies angestellt hatte. Zufällig hatte sie von der Äthiopierin gehört und erfahren, daß diese auf einen Studienplatz wartete, und zufällig kannte sie deren Fähigkeiten – sie hatte ein ganzes Jahr lang als Hilfspflegerin in der Wizo-Krippe gearbeitet, und die Kinder liebten sie sehr. Dalit wußte, daß die Frau eine Wohnung suchte und über keine Mittel verfügte.
    Neben Idos Gitterbett schüttelte Balilati den Kopf. »Man kann mit deiner Freundin nicht reden. Sie sagt immer wieder, sie sei nicht sicher, sie erinnere sich nicht genau. Vielleicht steht sie noch unter dem Einfluß des

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