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Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Titel: Ochajon 04 - Das Lied der Koenige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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der das Auto anließ und losfuhr, als hätte er nichts gehört.
    »Kein Problem, ich lasse dich dort raus«, sagte er zu Michael, als sie am Ende der Straße waren. »Du hast mir selbst vor einer Weile gesagt, daß die Angst vor der Angst schlimmer ist als die Angst an sich. Was kann schon passieren? Du redest mit ihm und basta.«
    Michael schwieg. Er wollte Dinge sagen wie: Laß es nicht zu, daß er mich von dem Fall abzieht. Worte, die er normalerweise zu Schorer selbst gesagt hätte. Und nun, plötzlich, war Schorer derjenige, vor dem man sich verteidigen und schützen mußte. Für eine Weile übermannte ihn das Gefühl, allein auf weiter Flur und hilflos zu sein. Er dachte sogar an die Möglichkeit, Balilati zu bitten, ihn in das Krankenhaus zu begleiten, damit er mit Schorer nicht allein war. Sofort haßte er sich für seine Schwäche und sein Selbstmitleid. Wäre es nur möglich gewesen, ihn einfach an dem Glück über das Baby teilhaben zu lassen. Wäre der Fall nicht gewesen, wäre er nicht zufällig in ihn verstrickt, hätte er es versuchen können.
    »Dein großes Glück«, erklärte Balilati, »ist, daß er so schwere Sorgen hat. Er ist total fertig wegen seiner Tochter. « Er bemerkte offenbar sofort die Geschmacklosigkeit seiner Worte, denn er begann in seiner üblichen Art draufloszureden, als beeile er sich, den Beigeschmack einer Schlappe zu verwischen, und sprach von der Nacht, in der seine eigene Tochter geboren wurde. Über die unmögliche, machtlose Situation des Wartens im Krankenhaus auf schicksalhafte Entscheidungen beklagte er sich an der letzten Ampel vor der Klinik.
    »Ich werde mich den Leuten in Herzls Wohnung anschließen. Vielleicht werden wir dort irgendwelche Noten finden«, sagte er mit verzerrtem Mund, als er neben dem Haupteingang hielt. »Woher sollen wir wissen, nach welchen Noten wir suchen sollen?« beklagte er sich. »Wir werden alles mitnehmen und einem Sachverständigen vorlegen müssen. Ich werde Zila eine Nachricht hinterlassen«, versicherte er. »Wenn du fertig bist, ruf an. Sieh nur, was für ein Rasseweib«, er zeigte mit dem Kopf in Richtung einer jungen Frau in einem weißen, engen Kittel, die über den Geh weg vor ihnen lief. »Wie im Kino. Sieh dir das an, man kann alles sehen, sogar wo die Unterhose zu Ende geht. Und wie sie läuft! Ein Paar Äpfel hat sie! Diese Krankenschwestern! « seufzte er, nickte Michael zu, der aus dem Wagen stieg, und stieß zurück.
     
    Das große Fenster, vor dem sie standen, brannte in rotem Gold. Es hatte keinen Regen gegeben. Der Moment, in dem das bedrohliche Graugelb des Himmels zu den Farbtönen solch eines Sonnenuntergangs übergegangen war, war seinen Augen verborgen geblieben. Nur wenn der drückend heiße Chamsin* wehte, kam man in den Genuß solch eines Abendhimmels. Aus der Entfernung sahen sie zwei Planierraupen, deren Fahrer das letzte Licht nutzten, um die gegenüberliegenden Hügel zu glätten. Die Fahnen neben den riesigen Werbeplakaten, die das elegante Wohnviertel zeigten, das hier im Entstehen war, bewegten sich nicht. Die ganze Zeit über, die sie im Flur gesessen hatten, hatte Schorer bis ins kleinste Detail den Verlauf der letzten vierundzwanzig Stunden geschildert. Zweimal hatte er sich die Augen getrocknet. Michael spürte, wie die Angst an ihm nagte, Schorer könnte plötzlich in Tränen ausbrechen. Vor seinen Augen zusammenbrechen. Weiße Bartstoppeln bedeckten Schorers Gesicht. Nur an der Stelle zwischen Oberlippe und der großen Hakennase, an der jahrelang ein dicker Schnurrbart gesessen hatte, waren graue Schattierungen zu sehen. Schorers Augen waren gerötet, und seine sonst dunkle Haut hatte einen Gelbstich. Braune Sommersprossen, die seine Wangen bedeckten, stachen jetzt hervor und betonten die Narben, mit denen die Haut übersät war. Er sprach wie gehetzt, ohne eine Pause zu machen, und es war schwer zu sagen, wann der richtige Moment gekommen war, um mit den eigenen Angelegenheiten zu beginnen. Für einen Augenblick sah Michael die Möglichkeit eines Ausweichens. Letztendlich, versuchte er sich einzureden, als er zum Schwesternzimmer ging, um Kaffee zu holen, war es nicht klar, warum man Schorer jetzt mit diesem Problem belästigen sollte?
    Der Gedanke verwandelte sich in eine ganze Rede, die sich überzeugend anhörte, während er das Wasser über das Pulver goß. Aber da war der Anblick des breiten Rückens, der sich dem Flur zukehrte, die Stirn, die sich gegen die große Scheibe lehnte, die Augen,

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