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Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Titel: Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Geschichte weitermachen sollen«, sagte Ada, »Historiker werden. Einer, der nicht an Zufall glaubt, das ist genau ... wieso arbeitest du bei der Polizei? Wie kann man so leben, jedes Mal mit diesem ganzen Blut und den grauenhaften Dingen, nun gut, daran gewöhnt man sich sicher.«
    »Man gewöhnt sich nicht daran«, entgegnete Michael, »wer hat denn gesagt, dass man sich daran gewöhnt, im Gegenteil, man wird immer empfindsamer dabei. Du selbst hast zu mir gesagt, wie das Leben immer komplizierter wird, hast du nicht zu mir gesagt, dass man gegen das ganze Unrecht, das man ringsherum sieht, nicht immun wird?«
    »Ich? Wann habe ich das gesagt?«, zweifelte sie.
    »Vorgestern Abend, in dem Cafe gegenüber der Post, bevor wir uns verabschiedet haben.«
    »Wie kommt es, dass du dich daran erinnerst?«, staunte sie.
    »Ich war dort. Wo ich wirklich bin, da vergesse ich nichts. Du würdest dich auch daran erinnern, wenn du nicht so außer dir gewesen wärst wegen ... nun, wegen der Leiche, wegen Balilati und dem Bauleiter und dem Ganzen. Aber gerade dass ich mich erinnere, macht das Ganze umso quälender. Bei einer solchen Arbeit wird man täglich von Neuem mit Dummheit, Bösartigkeit und den ganzen Perversionen der menschlichen Art konfrontiert. Besonders wenn man ein gutes Gedächtnis hat. Der Mensch ertappt sich dabei, dass er sich die meiste Zeit fragt, was es mehr gibt, Dummheit oder Bösartigkeit.«
    »Warum hörst du dann nicht auf damit?«, fragte sie ihn wieder, doch auf diese Frage war er jetzt nicht bereit zu antworten.
    »Und wie hätte ich dich sonst getroffen?«, nun lächelte er, »wenn ich vor einer Woche aufgehört hätte, wären wir uns nicht so begegnet.«
    »Das heißt, das Haus, das ich gekauft habe, von dem ich mein ganzes Leben lang geträumt habe, und auch ...« – ihr Arm um schloss sie beide – »unsere Geschichte hier ... beides ist sozusagen wie ... über Leichen gehen. Beides, du entschuldigst die dramatische Formulierung, ist wie ... mit Blut behaftet.«
    »Sag mal«, er wurde langsam ärgerlich, »hast du jemanden umgebracht, um an dieses Haus zu kommen? Habe ich jemanden ermordet, um an dich heranzukommen?«
    »Du ... tu nicht so, als würdest du nicht verstehen! Es ist keine große Kunst, gegenüber Aberglauben rational zu tun.«
    »Das hast du gesagt.« Er erhob sich vom Badewannenrand, blickte auf die Uhr und ging zur Tür.
    »Was habe ich gesagt?«, fragte sie mit kleinlauter Stimme und stand ebenfalls auf.
    »Aberglauben, das hast du gesagt.« Dann erinnerte er sie daran, dass er sich zu beeilen hatte.
    »Ich fahr dich«, sagte sie hastig, »dann haben wir auch noch ein paar Minuten zusammen.« Sie trat zu ihm. »Gleich wirst du so etwas wie ›Frauen!‹ zu mir sagen. Sagst du nicht? Nicht nötig. Ja und? Meinst du, ich weiß nicht, dass das abergläubische Vorstellungen sind?«
    Er löste ihre Hände sanft von seinem Arm, und in der Stille war einen Augenblick lang das Tröpfeln des Wasserhahns zu hören, bis er ihn fest zudrehte. »Ziehst du noch was an, oder bleibst du so, wie du bist? Und nur dass du es weißt, das Haus und auch wir sind eine Belohnung ... ja, eine Art Preis dafür, dass wir letztendlich, in begrenztem Rahmen, gar keine so schlechten Menschen sind.«
     
    Die Fahrt, die an einem normalen Morgen etwa eine halbe Stunde in Anspruch genommen hätte, dauerte jetzt nur zehn Minuten. Sie fuhren schweigend. Wegen des Feiertags und der frühen Mor genstunde waren die Straßen leer und still, doch die Feiertagsatmosphäre war getrübt, und seine Hand streckte sich wie von selbst zum Radio aus, um etwas über die Ereignisse der letzten Nacht zu erfahren – »Vorkommnisse mit Schüssen«, wie sie bezeichnet wurden – und wo es Tote gegeben hatte. Seit dem Pogrom (Michael beharrte darauf, zum großen Leidwesen Balilatis, der ihn als Verräter titulierte, jenen Abend von Jom Kippur in Unter-Nazareth so zu bezeichnen, an dem israelische Araber von einem jüdischen Pulk überfallen und erschossen worden waren) lauschte er mit ständig wachsender Besorgnis den Berichten in den Nachrichten.
    Er fühlte sich nahezu schwerelos, als hätte er im Laufe der Nacht seine Haut abgestreift, und nicht nur wegen des Liebesakts. Es war das Empfinden, als hätte er Adas Körper all diese Jahre gekannt, und jede Berührung würde ihm somit das Vergnügen, die Überraschung und auch die Freude der Bestätigung dessen wiederbringen, was er sozusagen schon kannte. Er schaltete das Radio ab

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