Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand
das ist die Sache.«
»Eifersüchtig!« Balilati winkte verächtlich ab. »Worauf denn? Bin ich vielleicht dein Mann?« Sein Kopf wandte sich zu Eli Bachar hin, »er kann eifersüchtig sein, soviel er will, dafür ist er schließlich der Ehemann, aber ich? Wieso soll ich auf ein Baby, das noch nie aus dem Land rausgekommen ist, das nichts kennt und nichts gesehen hat, eifersüchtig sein? Worauf denn bitte, sag’s mir!«
»Gerade auf seine Unschuld«, erwiderte Zila, »gerade darauf, dass er alles anders anfängt.«
»Das vergeht ihm noch«, versprach Eli, »glaub mir, in ein, zwei Jahren, vielleicht auch schon früher, da reichen ein bis zwei ordentliche Gemetzel, es genügt, wenn er einmal über einen stolpert, der seine Kinder und nachher auch noch seine Frau erschossen hat. Einmal nur eine ganze Familie verbrennen sehen, und es wird ihm vergehen, die Lebensfreude gleich zusammen mit der ganzen Unschuld.«
»Er hat solche Dinge doch schon gesehen«, erinnerte Zila, »ver giss nicht, er war derjenige, der dieses Mädchen gefunden hat, das dieser Psychopath im Wadi zum Vertrocknen gelassen hat, mit allen Anzeichen einer Vergewaltigung. Und die ganze Verän derung, die ich an ihm gesehen habe? Er ist nur trauriger gewor den und ...« Da war Ja’ir in den Raum zurückgekommen mit einem Plastiktablett, auf dem Kaffeegläser, Milch und Zucker standen, den stolzen Blick eines Menschen in den Augen, der es geschafft hat, über alle Hindernisse zu triumphieren.
»Ich habe Hanna vom Imbiss versprochen, dass ich ihr das in der Sekunde, in der wir fertig sind, zurückbringe, denn ihr fehlen Gläser dort«, erklärte er, während er das Tablett abstellte, und zu Balilati sagte er befriedigt: »Und für Sie habe ich sogar Süßstoff aufgetrieben, sie lässt einen sonst keinen mitnehmen.«
Michael hütete sich davor, erkennbar Stellung zu beziehen. Ihm schien, dass es seine Zuneigung zu dem Jungen und nicht die Zilas war, die Eli Bachars Eifersucht hervorrief, der normalerweise problemlos mit allen Polizeikollegen zurechtkam (außer natürlich mit Balilati, da aller Groll der Welt zwischen ihnen stand und jeder Fall, an dem sie zusammen arbeiteten, nur einen vorübergehenden Waffenstillstand bedeutete). Eli Bachar war Michael mit Leib und Seele ergeben, vor allem seit jener Zeit, als dieser an seinem inneren Ringen Anteil genommen hatte, ob er Zila heiraten sollte. Doch es gelang ihm nie, sein Misstrauen gegenüber denjenigen zu verbergen, für die sein Vorgesetzter Sym pathie hegte. Michael betrachtete ihn, wie er ausdauernd in seinem schwarzen Kaffee rührte, das Kinn in die Linke gestützt, seine grünen Augen auf einen unsichtbaren Punkt geheftet. Es war höchst verwunderlich, dass ein erfahrener Kriminalbeamter wie Eli Bachar in dem neuen Wachtmeister eine Bedrohung seiner Stellung sehen sollte.
Vom ersten Moment an hatte Michael diesen jungen Mann tief ins Herz geschlossen, vielleicht wegen dieser Sehnsucht in seinem Blick, und vielleicht löste gerade seine Andersartigkeit Sympathie aus – seine gelassene Unschuld und der grüblerische Ausdruck, mit dem er die seltsamsten Beispiele aus dem Bereich der Landwirtschaft daherbrachte, um damit irgendein polizeiliches Problem zu veranschaulichen.
Auch jetzt, als der junge Wachtmeister die Leiche anblickte, la gen in seinen sanften braunen Augen weder Entsetzen noch Ekel, sondern eine Art stiller, ganz privater Kummer. Nicht einmal Schorr hatte er von seiner Zuneigung zu diesem Jungen erzählt, da er befürchtete, er würde wieder zu ihm sagen – wie damals, als ihm Ja’ir zum ersten Mal vorgestellt worden war –, »aber er ähnelt Juval überhaupt nicht, ist dir das aufgefallen? Dein Sohn ähnelt viel mehr seiner Mutter, während dieses Jüngelchen ... erinnert er dich vielleicht an dich selber, als du jung warst? Alle sagen mir, wie ähnlich er dir ist. Vielleicht ist etwas dran, die Größe und die Augen, sogar seine Augenbrauen. Aber die Gesichtsform ist vollkommen anders, er hat nicht diese Wangen knochen wie du ...« Michael protestierte, weil er es für grob vereinfacht hielt, seine Gefühle als väterlich zu bezeichnen. Er dachte an Ja’ir als eine Art Schüler – einen Schüler, von dem man ein wenig über Unschuld ohne Sentimentalität lernen konnte. Die Natürlichkeit, mit der Ja’ir seine neue Welt begriff, die Neugier und Ungezwungenheit, mit der er auf jeden Menschen zuging – sogar Balilati gegenüber entfaltete er kein Misstrauen, und Eli Bachars
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