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Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Titel: Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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demonstrative Feindseligkeit ignorierte er vollkommen –, eroberten Michaels Herz, als sei Ja’irs bloße Anwesenheit in der Polizei schon ein Trost an sich.
    »Mein Vater«, hatte er einmal zu Michael gesagt, »wollte, dass ich etwas Neues, anderes finde, zur Sicherheit, denn die Landwirtschaft hier hat keine Zukunft, und es ist klar, dass wir von ihr nicht leben können. Wie könnte man sich davon ernähren, bei der ganzen Dürre und den regenarmen Jahren, den Fremdarbeitern und den ganzen Problemen mit der Wirtschaft? Am Anfang bin ich auf die Universität gegangen, um zu studieren, aber ich wusste nicht, was ich wollte, das heißt, ich hätte gern Veterinärmedizin gemacht, aber das war hier in Israel nicht möglich und ich wollte nicht in Holland oder der Schweiz studieren. Ich wollte nicht von hier weg. Ich liebe ... egal, ich wollte eben nicht. Auch in finanzieller Hinsicht war es nicht machbar. Also habe ich den allgemeinen Abschluss gemacht und dann mit Kriminologie angefangen, ich weiß nicht, warum, aber was hätte ich mit solch einem Abschluss anfangen sollen? Was für eine Arbeit kann man damit finden? Und genau da hat mir ein Freund gesagt, dass bei euch Leute gesucht würden und die Arbeit interessant sei, also habe ich es einfach probiert.« Nur Michael hatte er diese Dinge erzählt, doch sogar ihm erzählte er nichts von seinem Leben in Jerusalem unter der Woche, an deren Ende er immer in sein Elternhaus im Moschav zurückkehrte.
     
    Trotzdem wurde er jetzt blass angesichts der Leiche, wich zurück, und als er mit überstürzten Schritten den Obduktionsraum verließ, presste er die Maske auf seinen Mund. Auch Michael ver spürte die bekannte Welle der Übelkeit, als die Eimer zu Füßen der Leiche bereitgestellt wurden und Dr. Solomon und sein schweigsamer Assistent die Bauchhöhle gähnend weit öffneten und mit vereinten Kräften die Eingeweide herauszerrten, als holten sie einen Anker an einer langen, schweren Kette ein. Sie legten alles zusammen auf das große Tablett, und süßlich fauliger Aasgeruch überschwemmte den großen Raum und kroch auch unter die Maske, die Michael schleunigst über sein Gesicht gezogen hatte. Gegenüber dem Tod, der den ganzen Raum durchwallte und in alle Poren der Haut sickerte, was halfen da alle seelischen Präventivmaßnahmen und Verfremdungsmethoden (eine Frau, die er einmal gekannt hatte, eine Hobbymalerin, erzählte ihm, wie sie am Bett ihrer sterbenden Mutter saß, der wegen einer Diabeteskomplikation die Beine amputiert worden waren, und mit Bleistift auf einen Block den Stumpf bis ins letzte Detail skiz ziert hatte). Ja’ir, der leise in den Raum zurückgekehrt war, wischte sich mit dem Handrücken über sein graues Gesicht und blickte besorgt den Pathologen an, der sich weiter seinem Werk widmete.
    Das Herz, rot und feucht, wurde auf die Waage gelegt und gewogen, und danach reichte es der Assistent an Dr. Solomon, der es sezierte, die Klappen und Kammern untersuchte und murmelte: »Völlig intakt, das Herz, hätte hundert Jahre überlebt.« Auch die Lungen wurden eine nach der anderen auf der Nirostaablage ausgebreitet. »Auch hier nichts Besonderes«, fasste Dr. Solomon zusammen, »dann wollen wir also den Magen untersuchen. Steht der Eimer da?«
    In der Stille, die sich einen Augenblick dehnte, hörte man deut lich, wie die auslaufenden Bauchflüssigkeiten in den schwarzen Plastikeimer tropften. Dr. Solomon hob den Kopf und sagte: »Demnach ist es noch früher passiert, als wir gedacht haben. Was haben Sie mir vorher von dem Bankomat gesagt?«
    »Es gibt das abgerissene Stück einer Quittung von zehn Uhr abends«, antwortete Michael vorsichtig.
    »Nach dem, was ich hier sehe«, Dr. Solomon deutete auf den Inhalt des Magens, »weilte sie um zehn Uhr abends bereits nicht mehr unter uns.«
    »Wann dann?«
    »Ich würde sagen, sechs oder sieben, nicht später. Vergessen Sie nicht, dass wir Winterzeit haben, Oktober, um fünf, halb sechs wird es bereits dunkel, können Sie mir folgen? Und dort, unter diesem Dach, wie wir ja gesehen haben, ist es stockdunkel und kalt. Wir haben, wie gesagt, Oktober.«
    »Aber die Quittung«, sagte Michael zögernd, »die Quittung vom Bankomat. Das heißt, dass ...«
    »Das ist nun schon eure Arbeit, nicht die meine«, äußerte Dr. Solomon mit Genugtuung, »und Sie gestatten, dass ich Sie daran erinnere, dass es alles schon einmal gegeben haben soll, Menschen brauchen nicht am Leben sein, damit man mit ihrer Karte Geld aus

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