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Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Titel: Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Auftrag der geologischen Gesellschaft, für die er tätig war, zu Erdölbohrungen nach Südamerika gereist war, wo ihre beiden Kinder geboren wurden. Sie erzählte ihm auch von der langwierigen Krankheit ihres Mannes und von seinem Tod, sehr wenig allerdings von den Umständen, die sie zum Fotografieren gebracht hatten (»zuerst mit Automatik, bloß so, Schnappschüsse von den Kindern, dann mit einer richtigen Kamera, Kurse und ... frag mich nicht«). Nach drei Jahren Ausbildung in Paris war sie schließlich Dokumentarfilmregisseurin geworden und danach für eine holländische Filmgesellschaft von Ort zu Ort gereist (»Es war ziemlich schwierig für mich mit den Kindern, sie waren ja keine Babys mehr, aber...«, hier breitete sie die Hände aus und lächelte reizend hilflos übers ganze Gesicht, bevor sie ihm in die Augen sah und fragte: »Und du?«).
    Es war nicht wirklich über zukünftige Treffen gesprochen wor den, denn als er seinen Beeper kontrollierte, fand er drei Nachrichten von Wachtmeister Ja’ir und von Dr. Solomon vor und musste schleunigst in sein Büro zurück. Doch schon am nächsten Tag trafen sie sich, auf seine Initiative hin, wieder in dem Café, wo sie stundenlang redeten, über sie und über ihn, und am Ende, unvermeidlich, allerdings äußerst behutsam, auch über sie beide. Und da kam, und das nicht nur einmal, das Thema zur Sprache, das auch bei ihrem ersten Treffen aufgetaucht war: Warum er seit damals nie versucht hatte, sie zu finden (worauf er immer mit einer Frage antwortete, die sie aufbrachte: Warum sie nicht versucht habe, ihn zu finden?). Einmal erwähnte sie jenes Sommer camp, aber sie machte einen Rückzieher, als er fragte, weshalb sie damals die Schule verlassen hatte, und er ließ es dabei bewenden. Bei diesem Treffen hielt er ihre Hand in seiner, streichelte ihre Finger und sagte, er wolle sie gerne noch einmal kennen lernen, »aber wirklich, ganz langsam, wie es sich gehört«. Sie lachte leise darauf: »Langsam? Warum langsam? Haben wir nicht schon einen Vorsprung?«
    »Was weiß ich«, murmelte er und beugte sich zu ihrer Hand, »Menschen verändern sich, und auch damals haben wir uns nicht wirklich gut gekannt.« Sie hatte nicht mehr gelacht, sondern gesagt, dass der Geschmack seiner Küsse und die Berührung seiner Hand sie all die Jahre begleitet hätten, und der Körper irre sich nie. Wer einem Menschen körperlich nahe komme, lerne ihn auf die beste Art und Weise kennen.
    »Da bin ich nicht sicher«, erwiderte ihr Michael, »früher ein mal habe ich auch so gedacht, inzwischen bin ich überhaupt nicht mehr sicher, das ist vielleicht eine notwendige Bedingung, aber nicht hinreichend.«
    Als er sie zu ihrem Wagen begleitete, legte sie eine Hand an seine Wange und blickte ihn mit einer Zärtlichkeit an, die ihn von oben bis unten durchrieselte. Schon da war ihm klar, dass sie sich wiedersehen würden, nachdem er »diesen Fall« abgeschlossen hätte (»der in ein, zwei Tagen, wie ich hoffe, einen Gang zulegen wird, wenn wir die Leiche identifiziert haben«), und dass sie im Laufe der Tage, in denen er noch in die Ermittlung vertieft wäre, vielleicht telefonieren würden. Daher war er ziemlich überrascht davon, sie an dem Abend in dem kleinen Zimmer am Migrasch Harussim vorzufinden, gleichzeitig aber so erfreut, dass er ohne lang zu überlegen in ihr Auto einstieg, um zum Festtagsessen zu ihr nach Hause zu fahren.
    Als hätten sie das bereits auf der Fahrt unterwegs zu ihr besprochen, war er geblieben, auch nachdem der letzte Gast gegangen war, und folgte ihr dann aus dem fast unmöblierten Wohnzimmer, in dem sie den Tisch gedeckt hatte, in die kleine Küche, lehnte sich dort an den Türrahmen, betrachtete die Linie ihres dunklen Haars, das den langen, zarten Nacken entlang geschnitten war, ihren schmalen Rücken und die Geschicklichkeit, mit der sie mit den Tellern hantierte, die Essensreste in den Mülleimer warf, bevor sie sie in die Spüle stellte. Er sah sich verblüfft dabei zu, wie er sich hinter sie stellte, ganz dicht, bis seine Lip pen über ihren Nacken streiften und, nachdem sie sich umge dreht hatte, über ihren Mund, als hätte er sie tatsächlich schon vor langer Zeit gekannt. Als sie, einen Kopf kleiner als er, ihr Ge sicht zu ihm aufhob, überraschten ihn ihr heiteres Lächeln und der weiche braune Blick, dessen Tiefen Freude, Erschrecken und Verlangen enthüllten.
    »Sogar dein Geruch ist noch derselbe«, flüsterte sie nun heiser, als seine Finger

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