Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand
Balilatis massiger Körper füllte den Rahmen. »Hör dir das mal an«, frohlockte er, neigte sich leicht nach vorn und streckte seine Hand mit geschraubter Geste aus, als wolle er den Bediensteten eines französischen Ade ligen imitieren. In seinen Augen blitzte ein amüsiertes Funkeln, als sei ihm eine sensationelle Botschaft in die Hände gefallen, die keinesfalls schaden konnte. Mitten in seiner zeremoniellen Verbeugung stieß er auf den warnenden Blick, den Zila ihm zuwarf, und sofort richtete er sich auf und zog seine Hand zurück. Als er Orli Schoschan gewahrte, veränderte sich sein Gesichtsausdruck, und er signalisierte Michael mit einem lautstarken Räuspern, mit ihm nach draußen zu kommen.
Michael begriff, wenn er Balilati nicht auf der Stelle folgte, würde er das, was ihm auf der Zunge brannte, vor der Journalistin aussprechen. Er verließ eilig den Raum, wobei der Ausdruck auf seinem Gesicht besagte: Was ist jetzt wieder? Auf dem Gang jedoch zog er eine Zigarette aus seiner Packung und überließ es dem Nachrichtenoffizier, sie anzuzünden.
»Zwei Sachen habe ich«, verkündete Balilati feierlich.
Michael reckte den Daumen hoch, als beginne er mitzuzählen.
»Ich habe mit Der’i geredet, mit dem Rechtsanwalt des zweiten Käufers –«
»Welcher zweite Käufer?«
»Der eine, der die Wohnung in der Rakevetstraße auch wollte, die Wohnung, von der Rosenstein wollte, dass Zohra sie haben sollte!«
»Nu?«, trieb ihn Michael an.
»Und es stimmt wirklich«, sagte Balilati mit enttäuschtem Gesichtsausdruck, »er wollte die Wohnung, und Rosenstein hat ihn ausgebootet, wegen irgendeinem technischen Detail, und Rosenstein wird sie auch kriegen, in der Sache hat er wenigstens nicht gelogen. Und der Herr Wohnungsbesitzer, Monsieur Avital, ist auf dem Weg hierher, er hat nicht mal eine Diskussion angefangen.«
Michael blickte ihn schweigend an.
»Das war’s«, schloss Balilati und wandte sich ab, als wollte er gehen.
»Dani«, sagte Michael.
Balilati drehte sich um und schaute ihn an, das amüsierte Funkeln kehrte in seine Augen zurück: »Ja, was denn?«
»Spielst du jetzt Columbo?«
»Was? Wie? Was hab ich denn gesagt?«
»Das ist es ja, du hast es nicht gesagt. Du hattest vor, zu gehen und dann wieder zurückzukommen, gleich wärst du mir mit der Hauptsache, die du vergessen hast, davongerannt.«
»Ach ja«, Balilati grinste breit, »das musst du schon sagen, ob das die Hauptsache ist oder nicht«, er drehte seinen Kopf zum Ende des Ganges hin, »sie wartet in dem kleinen Zimmer auf dich, ich wollte sie nicht einfach so herumlaufen lassen, damit es alle sehen und ...«
»Nu, ich verstehe schon, bevor du mich nicht wie vom Blitz getroffen vor Erstaunen hast umfallen gesehen, werden wir keine Ruhe haben«, Michael lächelte, »vielleicht hättest du die Güte, mir gnädigerweise zu sagen, wer auf uns wartet?«
»Komm und schau’s dir an«, sagte Balilati und ging langsam, mit demonstrativ gerecktem Rücken, in Richtung des Zimmers, und Michael trödelte ihm unschlüssig hinterher.
Das kleine Zimmer, das normalerweise laufendes Aktenmaterial und Bürobedarf sowie Kaffee, Zucker, Kondensmilch und Kartons mit Einwegbechern und Mineralwasserflaschen beherbergte, lag am Ende des Korridors. Ihre Schritte hallten in den fast leeren Fluren wider. Aus dem ersten Stock drang Gelächter, die Neonbeleuchtung verlieh Wänden und Boden eine kränklich gelbe, niederdrückende Färbung.
Auf dem einzigen Stuhl im Zimmer an dem Stahltisch, unter dem sich Kartons stapelten, saß mit übereinander geschlagenen Beinen Ada Levi-Efrati neben einer alten Büroleuchte, die Schatten über ihr Gesicht und ihren Körper warf, und hob nun ihr kleines, blasses Gesicht zu ihm empor, erhellt von einem verlegenen Lächeln.
Balilati scharrte am Eingang mit den Füßen. »Also dann, nachdem ich meine gute Tat für heute vollbracht habe und nachdem sie mir verziehen hat«, sagte er befriedigt, »weißt du was? Sie wollte nicht mit mir reden, aber ihr blieb nichts anderes übrig, denn sie haben sie nicht in den zweiten Stock hinaufgelassen, ein Handy hast du nicht und auf den Beeper reagierst du ja nicht, also hat sie mit mir geredet, obwohl ich ein Scheiß-Faschist bin, und so haben wir uns versöhnt. Frieden, oder?«, wandte er sich an sie, und sie neigte stumm den Kopf.
»Na gut, nur keine übertriebene Begeisterung«, sagte er giftig, »Gerechtigkeit ist relativ, und nur dass Sie’s wissen, dieser Bauleiter, Ihr Araber,
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