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Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Titel: Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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auch Herzkranke wissen das«, hatte Michael das an Zadik weitergegeben, was ihm die Pathologin, die die Obduktion vorgenommen hatte, erklärt hatte, »dass das prinzipielle Problem mit diesem Medikament sein schmaler Dosierungsbereich und die Begleiterscheinungen sind, die bei hohen Dosen des Mittels tödlich sein können.« Dabei hatte er für sich an den Namen der Pflanze gedacht –Digitalis, verantwortlich für den digitalen Rhythmus, und ein digitales Tickgeräusch hatte begonnen, sich in seinen Ohren bemerkbar zu machen, wie eine Art permanenter Hintergrund an diesem turbulenten Ort … Daraufhin hatte sich Zadik auf seinem Stuhl aufgerichtet und mit erschrockenem Gesicht die Hand auf seine Brust gelegt, die Finger gespreizt und hastig seinen linken Arm befühlt. Michael hatte seinen Bericht fortgesetzt, dass Matti Cohen deswegen unter ständiger ärztlicher Beobachtung stand, um die Konzentration des Medikaments im Blut zu kontrollieren, und genau zwei Tage vor seinem Tod daraufhin untersucht worden und alles einwandfrei gewesen war, während sich post mortem herausstellte, dass die Menge des Digoxins im Blut den Normalpegel um ein Vierfaches überstieg.
    »Vierfach?« Zadik war bestürzt. »Wie das? Quasi … hat er zu viel genommen? Aus Versehen oder mit Absicht?«
    »Schwer zu sagen«, hatte Michael erwidert, »man kann schwer wissen, ob er es, mit Absicht oder irrtümlich, nahm oder ob es ihm gegeben wurde.« Danach hatte er Zadik noch ein Bild der verschiedenen Herzschlagrhythmen vermittelt: der ordnungsgemäße und der irreguläre, der beängstigende, der galoppierende, das »zu viel«.
    »Was, was soll denn das heißen, wurde ihm gegeben? So viel wie, quasi – man hat ihn vergiftet?«, hatte Zadik entsetzt gefragt. »Mach bloß keine Scherze, was ist das hier? Man vergiftet Menschen?«, und hatte dann energisch geendet: »Na gut, das ist bloß Gerede, wir haben keine Beweise, was?«
    Dennoch, nach diesen Worten hatte Zadik ohne große weitere Diskussion die Beschäftigung Wachtmeister Ronens genehmigt, und dieser war sofort an die Arbeit gegangen, als Aushilfselektriker in der Abteilung Haustechnik und Instandhaltung (»nur weil du mir dein Ehrenwort gegeben hast, dass er keinen Akten nahe kommt und mir nicht plötzlich herausfindet, wer der Informant war und das alles«, hatte Zadik Michael gewarnt, »und weil ich mich auf dich verlasse, und wegen der Geschichte mit dem Digoxin, nicht dass das irgendwas über irgendwen sagen würde …«). So kam es, dass in dem Moment, in dem Chefez den Sicherheitsdienst rief, Ronen auch Michael alarmierte, und dank seiner war es Michael gelungen, vor dem Arzt und vor der Spurensicherung am Tatort einzutreffen.
    Nun blickte er auf die Fülle von Avivas blonden Löckchen, die den Kopf gesenkt hatte und ihr Gesicht in den Händen barg – das grelle Rot ihrer Fingernägel hob sich stark glänzend gegen ihre weißen Hände ab –, und in seinen Ohren hallte noch ihre Stimme; nicht die matte, leblose, mit der sie in der letzten Stunde gesprochen hatte, sondern diese nasal jammernde Stimme, mit der sie immer und immer wieder, nachdem Zadiks Zimmer aufgebrochen worden war und sie noch dort neben dem Tisch stand, gesagt hatte: »Wie kann das sein, ich hab mich nicht von meinem Platz weggerührt, und niemand ist …« Unzählige Male hatte sie den Satz wiederholt, bevor sie zusammengebrochen und ausgerechnet in die Arme des Direktors der Sendebehörde gefallen war, der alarmiert worden war, und bevor man sie überredet hatte, eine Beruhigungspille zu schlucken. »Sie sollten wissen, dass sie jetzt einschlafen kann, auf Stunden hinaus, bereiten Sie sich darauf vor«, hatte ihn der Arzt gewarnt. Doch es verging nur eine knappe Stunde, bis sie die Augen wieder aufschlug und in die Höhe fuhr und er sie zu der ausgedehnten Befragung mitnehmen konnte, die nun ihr Ende erreicht hatte. Sie saß da, mit von sich gestreckten Gliedern, vollkommen ermattet, und sagte: »Jetzt bin ich nur noch müde, ich habe nicht mal die Kraft, vom Stuhl aufzustehen«, stützte unterm Reden ihre Arme auf den Tisch, legte ihren Kopf darauf und versank in Tiefschlaf.
    Er blieb noch einen Augenblick ihr gegenüber dort sitzen und sah im Geiste den Tumult, der sich in ihrem Zimmer abgespielt hatte, bevor sie mit allen Untersuchungen fertig waren. Mit dem Polizeipräsidenten und Imanuel Schorr, dem amtierenden Bezirkspolizeikommandanten, war er in den kleinen Nebenraum des Sekretariats gegangen, und einen

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