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Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Titel: Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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einfällt, schnell.«
    »Keine Kipa«, sagte Matti Cohen und wischte sich wieder sein feuchtes Gesicht ab. »Vielleicht könnten wir aufhören? Mir ist nicht ganz gut«, fügte er hinzu.
    »Wir sind sofort fertig, wir machen ausgezeichnete Fortschritte«, versicherte Ilan Katz. Die Umrisse seines Arms, der wie toll über das Papier flitzte, verwischten sich, und mit einem Mal waren da mehrere Arme, die sich verschwommen auf und ab bewegten, und die von Begeisterung erfüllte Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen, wie durch eine Glaswand: »Lockiges Haar oder glatt?«.
    »Ich glaube – glatt«, murmelte Matti Cohen und richtete sich angestrengt auf, packte die Armlehnen des Stuhls und atmete tief durch, als würde ein tiefer Atemzug das Schmerzgefühl in der Brust vertreiben, das er schon kannte, nicht nur von vor einigen Jahren, sondern aus den letzten Nächten. Es war ein lähmender Schmerz, als drückte man die linke Brustseite mit einer riesigen Wäscheklammer zusammen und quetschte und klemmte sie ein, ein Schmerz, der seinen Atem stocken ließ, von dem er nur hoffte, dass er gleich von selbst verginge, ohne dass jemand mitbekäme, wie ihm geschah.
    »Alle Achtung, Matti, Sie sind wirklich auf der Höhe. Da, glattes Haar, was sagen Sie? Hell oder dunkel?«
    Matti blieb die Antwort schuldig. Wegen des Schmerzes konnte er nicht reden, doch der Zeichner merkte nichts davon. »Haben Sie seine Beine gesehen? Die Schuhe? Nehmen wir mal die Beine. Lang? Dünn? Welche Schuhe hatte er an?«, fragte er jubilierend, wobei ihm die Atembeschwerden Matti Cohens völlig entgingen, der sich nun mit seiner rechten Hand an die Brust griff.
    Ilan Katz trommelte mit den Fingern, klopfte mit dem Bleistift hart auf das Blatt vor sich, erhob sich plötzlich mit Getöse von seinem Stuhl, stieß ihn nach hinten, stellte sich vor Matti und sagte: »Sie müssen es schnell sagen, wir müssen das Eisen schmieden, solange es heiß ist, es wird nur schwieriger mit der Zeit, die Erinnerung wird nicht besser, sondern nur schlechter. Glauben Sie mir. Mit jeder Stunde erinnert man sich an weniger.« Er wedelte mit seinem langen, gelblich dünnen Finger vor Mattis Nase herum. »Etwas von dem, was er anhatte? Jacke? Jackett? Pullover? Was war da?«
    Matti Cohen hörte auch seine eigene Stimme wie aus weiter Ferne, die Worte, die sie hervorbrachte: »Nein, keine Jacke, ich, nein … nein«, und plötzlich drehte sich alles, der Schmerz in seinem Arm verstärkte sich, gleichzeitig mit dem in seiner Brust. Kein einzelnes Stechen mehr, sondern durchgehend, als träte man mit einem großen Fuß … mehr noch … wie … Zerquetschen … etwas zermalmte die Brust … etwas Riesiges … eine immense Kraft … gleich würde das Krachen der zersplitternden Knochen zu hören sein. Er hörte Gemurmel. Man berührte ihn, öffnete seine Hemdknöpfe. Er fühlte nur Kälte. Kälte und Schmerz. Kein Atmen mehr möglich. Und schlagartig wurde alles finster.
     
    *
     
    »Nu, was sagt man dazu? Das ist aber nun wirklich eine Überraschung«, sagte Zadik ohne jede Freude, als er Inspektor Michael Ochajon, den stellvertretenden Polizeikommandanten, im Eingang seines Büros erblickte, »mit dir habe ich hier nicht gerechnet.« Er erhob sich von seinem Stuhl und eilte zur Tür, versperrte sie mit seinem Körper und sah Eli Bachar erwartungsvoll an, der jedoch nicht die mindeste Absicht hatte zu erklären, weshalb er seinen Vorgesetzten mitbrachte, und ihm nur einen unschuldigen Blick zurückgab.
    »Ich hab ja gewusst, dass die Polizei kommen würde, um Fragen zu stellen wegen … der …« Zadik geriet ins Stammeln, strich sich mit der Hand über seine grauen Kinnstoppeln und fuhr schließlich fort: »Aber ich dachte nicht, dass sie ihren großen Star schicken würden.«
    Michael Ochajon breitete die Hände aus, deutete auf seine Umgebung, als wollte er daran erinnern, was geschehen war, und fasste es gleich darauf in Worte: »Wir sind hier in Sachen … des Unfalls von Tirza Rubin.« Er neigte den Kopf leicht zur Seite, musterte Zadiks umwölktes Gesicht und fügte hinzu: »Und … es gibt eine weitere Angelegenheit.«
    »Was? Welche?«, fragte Zadik. »Etwas, das euer Eindringen hier rechtfertigt?«
    Michael legte eine längere Pause ein. Sie hatten Zadik nicht über Matti Cohens Herzanfall informiert, und auf der Notstandssitzung, die der Kommandant der Bezirkspolizei, Imanuel Schorr, und der Polizeipräsident einberufen hatten – nachdem man einen Krankenwagen

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