Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel
Kinderwagen, um Gilead vom Kindergarten abzuholen, und nun saß sie eingesperrt wegen des Regens mit den beiden zu Hause, und er hatte völlig vergessen, was er dem Jungen versprochen hatte. Noch nie war es ihm passiert, dass er derart den Kopf verloren hatte. Er fand keine Erklärung dafür. Er blickte Timna Ben-Zvi an, die sich zu halb sitzender Position aufgerichtet hatte, als suchte er in ihrem Gesicht eine Erklärung dafür, was mit ihnen geschehen war. Sie schloss einen Moment die Augen, öffnete sie dann und sah ihn an.
»Tut es dir Leid, oder so was?«, flüsterte sie.
»Leid? Nein, wieso denn? Ich bin nur …« Er verstummte und begann sich anzuziehen.
»Ich … denk nicht, dass ich … du … normalerweise?«
»Na klar«, entgegnete er sarkastisch, »jeden Tag, keine Frage.« Als sich ihr Gesicht betroffen rötete, sagte er: »Was meinst du denn? Ich bin kein flatterhafter Typ.«
»Ich auch nicht … das heißt, ich habe nie …«
»Du hast noch nie einen Seitensprung gemacht?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Vielleicht müsste ich dann fragen, ob du es jetzt bereust?«, fragte er im Ton lockerer Neugier, bemüht, seine Furcht zu kaschieren.
»Ich bereue überhaupt nichts«, erwiderte sie und verschränkte ihre Arme, »ich bin nur, wie soll ich sagen … ein bisschen … erschreckt.«
»Erschreckt, sie ist erschreckt«, wiederholte er, als kostete er ihre Worte. »Ich habe gehört …«, er zögerte und lächelte, »dass Frauen sich über Männer lustig machen, die fragen, ob es gut für sie war, aber ich möchte … vielleicht sagst du mir, was dich erschreckt?«
»Wenn man uns jetzt sähe«, sagte die Ministerin für Arbeit und Wirtschaft, schob das große Kissen in ihrem Rücken höher und sah ihm zu, während er sich anzog, »würden sie das an die Spitze der Nachrichten setzen, vor den Arbeitern und vor allem anderen.«
»Nicht im Fernsehen«, entgegnete Dani Benisri und fuhr mit den Armen in die Ärmel seines schwarzen Pullovers.
»Noch nicht, aber in Bälde auch im Fernsehen, in irgendeiner Skandalsendung auf Kanal Zwei oder …«
»Nicht bei uns im Ersten«, versicherte er ihr, während er seine Schuhe anzog. »Nicht im staatlichen Fernsehen«, versprach er feierlich, bevor er sich über sie beugte. Sie hatte den Kopf an den Rahmen des großen Ehebetts gelehnt, und auf ihrem Gesicht erschien der Ansatz eines Lächelns, das jedoch erlosch, als er seine Lippen auf die ihren legte. »Deshalb bin ich noch dort«, sagte er, als er sich aufrichtete und in den großen Spiegel gegenüber dem Bett spähte, »bei uns gibt es zumindest noch eine richtige Reihenfolge der Prioritäten.« Und er lächelte sie völlig ernst an.
*
In seinem Zimmer am Migrasch Harussim hörte sich Michael Nataschas Erklärungen an. Sie hatte gebeten, es kurz zu machen, sie schnell gehen zu lassen. »Ich weiß, dass ich auch schon zu spät gekommen bin und … na ja, und das alles, aber ich muss in einer halben Stunde in der Arbeit sein, und es sind Staus überall«, hatte sie gesagt und ausgeführt, dass sie noch an dem Bericht für die Abendnachrichten feilen müsse. Die Frage nach dem Thema der Reportage beantwortete sie nicht, und nachdem er sie wiederholt hatte, erwiderte sie: »Journalistische Immunität, es ist mein Recht, darauf nicht zu antworten, Sie haben gesagt, es sei nur ein Gespräch und kein Verhör.« Er beließ es dabei. Sie weigerte sich auch zu erklären, weshalb sie sich verspätet hatte, doch ihre Augen glänzten, und sie ließ die Segeltuchtasche, die auf ihren Knien lag, nicht aus der Hand. »Sie werden es bald erfahren«, versicherte sie ihm und versuchte gar nicht, ihren siegesgewissen Ton zu bremsen. »Sehr bald, ich verspreche es Ihnen«, fügte sie hinzu und blickte ihn mit einer kindlichen Freude an, die in ihm den starken Drang auslöste, ihre mageren Wangen zu streicheln. Sie hatte etwas an sich, das ihn an eine streunende Katze erinnerte; eine Katze, die man weder zügeln noch zähmen konnte, eine, die alles für einen Fischkopf oder sogar noch weniger tun würde. »Ich habe davon gehört«, sagte sie und blinzelte, als er Matti Cohens Tod ansprach, »aber ich habe … ich hatte keine Beziehungen zu Matti Cohen … ich bin nicht genug … nicht wichtig genug.«
»Das werden Sie noch«, hörte er sich zu seiner Überraschung zu ihr sagen, wohl wegen ihrer unverhüllten Besessenheit, wie er dachte, die an den dünnen Fingern abzulesen war, die unaufhörlich in Bewegung waren, an
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