Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel
den schmalen, langen Lippen, die unablässig zuckten, und an ihren Spähblicken nach der Uhr. Auf die Fragen, die nicht ihre Reportage betrafen, antwortete sie bereitwillig und sogar mit Engagement, und sie beschrieb auch ihr Treffen mit Rubin im Redigierraum: »Er hat an seiner Reportage gearbeitet, und ich bin wie ein Wirbelwind zu ihm hineingeschneit, aber er ist so … so professionell und kennt sich auch so aus, dass er alles stehen und liegen gelassen hat und mich …«
Auf seine Frage nach der Zeit, zu der sie Rubins Zimmer betreten habe, verzog sie ihre Lippen, als wollte sie ausdrücken, »keine Ahnung, wann genau«, doch einen Moment darauf, als sei es ihr wieder eingefallen, erwiderte sie: »Nach eins war es, weil … egal, vorher bin ich bei den Nachrichten vorbeigegangen auf dem Weg zu Rubin hinauf, und ich habe gesehen … nein, jemand hat mir gesagt …« Hier unterbrach er sie und fragte sie nach Chefez. Sie wurde weder rot noch blass, doch schien sie sich mit den Händen am Stuhl festzuhalten, mit durchgestreckten Armen, zog die Schultern bis zu den Ohren hoch und senkte leicht den Kopf, so dass ein paar lange, dünne Fransen ihres glatten blonden Haars über ihr Gesicht fielen. »Sehen Sie«, sagte sie mit leiser, matter Stimme, »ich weiß nicht, was man Ihnen erzählt hat, aber das, was war, ist nicht mehr relevant.«
»Aber Sie haben Chefez im Nachrichtenraum gesehen? Bevor Sie zu Rubin hinaufgegangen sind?«
»Ja«, bestätigte sie, »er hat mich erwischt, als ich hinauflief, zu Rubin, aber ich habe ihm nichts gesagt davon …« Sie tippte auf die Segeltuchtasche, und er verstand, dass sie mit Chefez nicht über das, woran sie arbeitete, gesprochen hatte. Tirza Rubin, erklärte sie ihm, habe sie kaum gekannt. »Ich bin erst seit einem Jahr und noch was … ich bin ungefähr vor eineinhalb Jahren zum Fernsehen gekommen, am Anfang war ich überhaupt nur beim Teleprompter, Sie wissen schon … die den Bildschirm bewegen, wo sie draufschreiben, was der Moderator sagen muss … und erst seit ein paar Monaten bin ich bei den Nachrichten, ich habe sie fast nicht gekannt, ich habe gewusst, wer sie ist, aber sie wusste nicht, wer ich bin.«
Wie nebenbei fragte er sie dann nach dem Verhältnis zwischen Chefez und Tirza, worauf sie ihn verblüfft ansah. »Chefez? Was Chefez? Überhaupt nichts Besonderes«, winkte sie ab, »er ist bei den Nachrichten und sie in einem völlig anderen Gebiet, nur in der Cafeteria ab und zu … sonst nichts weiter.« Und wie alle anderen, mit denen er bis dahin gesprochen hatte, verwarf sie zur Gänze die Möglichkeit, dass Tirza Rubins Tod kein Unfall gewesen sei. Auf die Frage, mit wem sich, ihrer Meinung nach, Tirza dort nach Mitternacht hatte treffen und eine Auseinandersetzung haben können, zuckte sie die Achseln und fragte, ob er sicher sei, dass es ein geplantes Treffen gewesen sei, erwähnte, dass Tirza sehr beliebt gewesen sei und sie nie von irgendwelchen Feinden gehört habe. »Aber ich weiß nicht, ich kannte sie ja überhaupt nicht … nur Rubin, und er hat mir immer geholfen, ohne …« Sie schaute in seine Augen mit einem eigentümlichen Blick – lag Flehen darin, Erregung, wer weiß? –, und dann schlug sie wie erschrocken die Augen nieder. Für einige Augenblicke fiel es ihm schwer, sich zu konzentrieren; hätte er doch nur eine Zigarette gehabt. Er kaute auf dem Zahnstocher herum, doch das brachte ihm nicht einmal einen Funken von Befriedigung ein.
In der Sitzung des Ermittlungsteams machte man ihn auf die Ruhelosigkeit seiner Bewegungen aufmerksam. Zila sagte zwar mitfühlend, es sei eine schwierige Phase für jemanden, der so lange Jahre geraucht und beschlossen habe, auf einen Schlag aufzuhören, doch für Balilati war dieser Satz eine Art Startschuss. Er legte den Kopf schräg und sah sie eingehend an: »Jetzt kommt seine wahre Persönlichkeit heraus. Habt ihr gedacht, er sei ein ruhiger Mensch? Nett und feinfühlig? So gelassen? Alles nur die Zigaretten, ihr werdet’s ja sehen, ob’s so ist.«
»Warum bist du … es ist wirklich schwer, das Rauchen aufzugeben … wir müssen ihm helfen«, hielt ihm Zila vor.
»So ist das auf der Welt«, erwiderte Balilati ungerührt, »es gibt feinfühlige und engagierte Menschen, die helfen und unterstützen, und es gibt solche, die sind’s nicht … ich zum Beispiel hätte keinen Urlaub nehmen müssen, um mit dem Rauchen aufzuhören, ich wäre einfach eines Tages in der Früh aufgestanden und hätte
Weitere Kostenlose Bücher