October Daye - McGuire, S: October Daye
bei ALH Computing anrufen? Auf der Zentralnummer sollte er mich erwischen, und ich muss ihn dringend sprechen.«
»Tybalt soll ich suchen? Wie soll ich das denn anstellen?«
»Keine Ahnung. Nimm eine Dose Thunfisch, lauf durch den Park und ruf: ›Komm, Miez, Miez‹.« Ich seufzte. »Hör mal, du weißt, dass ich dich nicht darum bitten würde, wenn es nicht wichtig wäre. Bitte, Marcia.«
»Na schön«, antwortete sie zweifelnd. »Aber wenn er mich aufschlitz t … «
»Wenn er dir droht, sagst du ihm, er soll es lieber an mir auslassen.«
»Mach ich.«
»Gut.« Wir unterhielten uns noch ein paar Minuten. Marcia plauderte über den neuesten Klatsch, während ich meinen Kaffee trank und an den richtigen Stellen interessierte Laute von mir gab. Als ihr Redeschwall allmählich nachließ, verabschiedete ich mich, legte auf und wählte dann erneut. Diesmal rief ich in Schattenhügel an. Ich wollte Sylvester auf dem Laufenden halten.
Ich landete sofort bei der Voicemail. Stirnrunzelnd hinterließ ich eine knappe Nachricht, legte wieder auf, drehte mich um und hielt nach Quentin und Alex Ausschau.
Quentin besorgte sich gerade eine Tüte Chips aus einem Verkaufsautomaten, während Alex einen Teller mit Donuts von der Theke belud. Ach ja, die Essgewohnheiten von Jugend und Sport. Alex musste mit Hingabe irgendeinem Training nachgehen, seine Figur gab keinen Anlass zu dem Verdacht, dass er sich nur von Stärke und Zucker ernährte.
Ich löste meine Aufmerksamkeit von Alex und ließ den Blick durch die Cafeteria wandern. Es war nur eine weitere Person anwesend, die mit geneigtem Kopf über einem Haufen chaotisch wirkender Zettel saß. Nachdenklich legte ich die Stirn in Falten und belud mir rasch ein Tablett, bevor ich in ihre Richtung strebte.
»Darf ich mich dazusetzen?«
Gordan knurrte Zustimmung, ohne aufzublicken. Ich stellte mein Tablett ab, ließ mich nieder und nutzte die Gelegenheit, sie in Ruhe zu mustern.
Ihre Blutlinie konnte ich immer noch nicht bestimmen; ihre Augen gaben mir Rätsel auf. Sie waren dunkelgrau, gesprenkelt mit schlammig-roten Einschlüssen, die an rostiges Eisen erinnerten. Es gibt in ganz Faerie keine Rasse mit solchen Augen. Ich hatte sie vorsichtig als Wechselbalg eingestuf t – mehr Fae als Mensch, aber doch menschlich genug, um sterblich zu sei n – , und diese Augen bestätigten es. Die Frage, die offenblieb, war ihre Blutlinie.
Sie schaute finster auf. »Coblynau.«
Ich senkte meine Kaffeetasse. »Was?«
»Das wollten Sie doch wisse n – ich habe gemerkt, wie Sie mich anstarren. Meine Mutter war eine Coblynau, mein Vater nicht.« Ihre Brauen zogen sich zusammen. »Und ja, er war halb menschlich. Jetzt zufrieden?«
»Oh. Tut mir leid.« Ich spürte, wie ich errötete. Mir war nicht klar gewesen, dass ich so aufdringlich gewirkt hatte.
»Ja, das sollte es auch. Hattet ihr Leichenlecker denn Glück bei den Toten?«
»Mehr, als Sie haben würden, Metallschlampe«, gab ich freundlich zurück.
In Faerie gibt es geläufige Schmähwörter für jede Rass e – es wäre auch viel erstaunlicher, wenn es anders wäre. Verwunderlich daran ist höchstens, wie selten die meisten Beschimpfungen verwendet werde n – andererseits rücken die Fae einander in der Regel eher mit Speeren und Belagerungsmaschinen zuleibe. ›Leichenlecker‹ jedenfalls zählt noch zu den höflicheren Beschimpfungen. Die weniger gesitteten beziehen sich auf die Natur der Nachtschatten und enthalten Spekulationen, wie genau wir unsere Nächte verbringen. Das sind echte Kampfansagen. ›Leichenlecker‹ fällt höchstens unter die Kategorie beiläufigen Lästerns.
Die Coblynau wiederum sind die besten Schmiede von Faerie. Sie sind fähig, Banne in lebendiges Metall einzuarbeiten, wobei Zauber entstehen, die jahrelang halten. Es sind Künstler in einer Welt mit wenig Kunst, sofern sie kein Diebesgut ist, und sie erschaffen Schönes aus reiner Freude daran. Außerdem sind sie kleine, knorrige, hässliche Leute, zernarbt von all dem Eisen, das ihr Blut verunreinigt. Manche verbringen ihr Leben in der Dunkelheit der Erde und geben vor, sich nicht dafür zu interessieren, was über ihnen vorgeht, während andere die Faerie-Märkte besuchen und ihre Meisterwerke gegen allerlei Gefälligkeiten von der Art eintauschen, die nur die schöneren Kinder Faeries erweisen können. Sie sind Metallschlampen. Angeblich ist es für beide Seiten ein fairer Handel. Manchmal jedenfalls.
Gordans bisherige Gewittermiene wich einem
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