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October Daye: Nachtmahr (German Edition)

October Daye: Nachtmahr (German Edition)

Titel: October Daye: Nachtmahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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kleineren Cait Sidhe. Sie jaulte vor Verblüffung laut auf, und die anderen Kinder stimmten aus vollem Hals ein. Das vielstimmige Geheul brachte May so weit zu sich, dass sie den schleudernden Wagen abfing und uns in eine scharfe Kurve zog.
    Man kann über den VW -Käfer sagen, was man will, aber man soll niemals behaupten, er habe einen schlechten Wendekreis. Irgendwie schafften wir es, in nichts reinzuknallen, stattdessen kamen wir mit der Nase in der Richtung raus, aus der wir gekommen waren, vor uns die Mündung der Sackgasse, die wir fälschlich für einen Fluchtweg gehalten hatten. Das Problem war, dass die verbliebenen fünf dunklen Reiter dort eine Kette bildeten, die uns den Weg nach draußen abschnitt.
    Und May hatte immer noch den Fuß auf dem Gaspedal.
    Was dann folgte, war eine kurze und schmerzhafte Lektion in angewandter Physik: Die Masse ist der Quotient aus Gewicht und Beschleunigung. Die dunklen Reiter waren erbarmungslos, bewaffnet und tödlich, und sie ritten auf magischen Rössern, die im Galopp schneller als ein Auto und erheblich leichter zu manövrieren waren. So viel zu ihrem Vorteil. Wir hingegen hatten einen völlig hysterischen Selkie, einen Wechselbalg in Kindgestalt und eine Fahrerin, die nichts über ihre eigene Sterblichkeit wusste. Na, wer hatte wohl die besseren Karten?
    Nahezu mit Höchstgeschwindigkeit prallten wir auf die Reiter und trafen einen von ihnen frontal, während zwei andere aus dem Weg hechteten, wobei sie die Kontrolle über ihre Reittiere verloren. Die Tarnung der ledigen Pferde löste sich auf, und an die Stelle der Motorräder traten zwei erschrockene Fae-Rösser, die sich bäumend umdrehten und flohen.
    Nur noch zwei dunkle Reiter waren übrig, als wir um die Kurve schossen, und sie folgten uns jetzt in vorsichtigem Abstand. »Connor, gib mir was zum Werfen«, sagte ich rasch und kurbelte das Fenster runter.
    »Was denn?«
    »Irgendwas! Egal!« Er starrte mich an, dann beugte er sich nach vorn, zog einen Schuh aus und drückte ihn mir in die Hand. Ich zielte kurz, dann schleuderte ich ihn aus dem Fenster.
    In einer perfekten Welt hätte ich getroffen. Aber die Welt ist nun mal nicht perfekt. Der Schuh sauste durch die Luft und landete auf dem Gehweg.
    »Verflucht. Gib mir noch was.«
    May brüllte dazwischen. »Toby, auf dem Schild da steht STOP !«
    »Nicht anhalten!«
    »Aber das Schild – «
    »Wenn du anhältst, bringe ich dich um !«, schrie ich, während ich zwei leere Bierdosen und Connors anderen Schuh auf die Straße schleuderte. May warf mir einen panischen Seitenblick zu, aber sie bremste nicht. Die Kinder sahen, was ich tat, und jubelten. Im nächsten Moment kurbelten sie hinten die Fenster runter und begannen alles aus dem Auto zu werfen, was nicht niet- und nagelfest war. Unter normalen Umständen hätte ich sie nicht zu solchem Verhalten ermutigt, vor allem, weil ihre Eltern mich dafür sicher ermordet hätten, aber dies war ganz eindeutig eine Ausnahmesituation. Ein wenig lebensrettendes Fehlverhalten war genau das, was wir jetzt brauchten.
    Spike fauchte und floh auf den Vordersitz, als ein übereifriges Kind ihn von Jessicas Schoß zu klauben versuchte – die Kleine hatte ganz richtig erkannt, dass ein Rosenkobold beträchtlichen Schaden anrichten würde, wenn man ihn als Wurfgeschoss benutzte. Jessica funkelte das andere Kind wütend an, zog ihren verbliebenen Schuh aus und ließ ihn beherzt aus dem Fenster segeln. Ein gutes Zeichen: Das war die erste selbstständige Handlung, die ich von ihr sah, seit wir aus Blind Michaels Landen geflohen waren.
    Vielleicht lag es an der Kombination aus unserem Höllentempo und den aus dem Wagen fliegenden Gegenständen, vielleicht war es auch reines, mordsmäßiges Glück. Wie auch immer, wir schafften es über die Kreuzung, rasten direkt vor der Nase eines abbiegenden Metrobusses durch. Der erste Reiter schaffte es ebenfalls. Der zweite Reiter nicht. Noch nie war mir der Klang knirschenden Metalls so süß erschienen.
    Der letzte der dunklen Reiter war immer noch hinter uns, und wir hatten allmählich nichts mehr zum Werfen. Wir mussten ihn loswerden. Zu allem Überfluss klang die Begeisterung über die Kurzweil bei den Kindern jetzt ab und wich neuer Angst. Zwischen dem noch anhaltenden Gekicher vernahm ich bereits erste Jammerlaute. Kinder fürchten sich leicht und heftig. Sie regen sich auch schnell wieder ab, aber das wiegt die Sache nicht auf.
    Ich warf die letzte leere Dose aus dem Fenster und fragte:

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