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October Daye: Nachtmahr (German Edition)

October Daye: Nachtmahr (German Edition)

Titel: October Daye: Nachtmahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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Wurzel und Zweig, was hatte ich getan? Noch wichtiger: Was tat ich hier? Ich versuchte aufzustehen und fiel um, hielt mich gerade noch am Stuhl fest.
    Eine Stimme hinter mir sagte leicht belustigt: »Na, das hat ja besser geklappt, als ich dachte.«
    Ich erstarrte, ging die Möglichkeiten durch, wer da sprechen konnte, und schloss das Unmögliche aus. Zum Schluss fragte ich: »Acacia?«
    »Ja, ich bin’s. Jetzt sei still. Du musst unbedingt aufstehen.« Ihre Hände legten sich fest auf meine Schultern. »Ich passe auf, dass du nicht umfällst.«
    »Wo bin ich?« Ich konnte sie hören, aber nicht sehen, der Nebel löschte alles aus.
    »Im Privatgemach meines Mannes.« Sie half mir auf die Füße. »Es wird alles gut, aber du musst dich bewegen.«
    »Ich sehe nichts.«
    »Du bist verzaubert – er hat nämlich Pläne mit dir, und dass du fliehst, ist nicht vorgesehen.« Sie klang ein wenig sarkastisch. »Schließ die Augen.«
    Ich tat wie geheißen, und sie zog ein weiches, feuchtes Tuch über meine Lider. Als der Druck nachließ, schlug ich die Augen auf und war geblendet von der plötzlichen Helligkeit. Die Nebel waren verschwunden. Wir befanden uns in einem kleinen Raum mit zerbrochenen Möbeln und Stapeln von ausgemusterten Wandbehängen. Der Boden war mit einer dicken Staubschicht bedeckt, und Fußabdrücke führten zu dem Stuhl, auf dem ich gesessen hatte. Es gab keine Fenster. Die Tür stand einen Spaltbreit offen und hatte kein Schloss. Sie hatten mich hier eingekerkert, und sie hatten dafür nicht mal Eisengitterstäbe gebraucht, denn ich hatte mich ja selbst in ihre Hand gegeben. Ich war ein Idiot.
    Acacia kniete vor mir, und ein Stirnrunzeln zog die Narbe in ihrem Gesicht stramm. Sie schaute zu, wie ich mich umblickte, ihre Miene verriet Anspannung. »Kannst du mich jetzt sehen?«
    »Ja, das kann ich.« Ich sah sie wieder an. »Was hat er mit mir gemacht?«
    »Er hat deine Augen mit Fae-Salbe bestrichen, aber mit einer speziellen. Sie enthüllt nicht, sondern blendet aus.« Sie lächelte bitter. »Er ist nicht sonderlich einfallsreich, fürchte ich, aber was er tut, macht er gründlich. Vor allem stiehlt er gern das Spielzeug anderer.«
    »Und ich hab geglaubt, er sei ein Gott.« Ich würgte an den Worten.
    »Ich weiß. Das macht er mit allen, sogar mit denen von uns, die es besser wissen sollten.« Sie fuhr mir mit der Hand übers Haar und richtete sich auf. »Wir müssen los. Heute ist Halloween, und er wird dich bald holen kommen.«
    »Was? « Ich starrte sie entgeistert an. War so viel Zeit vergangen? Das konnte nicht sein … doch die Nebel waren sehr dicht gewesen. Für einen Augenblick war ich entschlossen, mit ihr mitzugehen. Dann fiel mir alles wieder ein, und ich schüttelte ernüchtert den Kopf. Der Gedanke an Freiheit war wie eine Droge, doch das änderte nichts an meinem Versprechen. »Ich kann nicht.«
    »Ich weiß, dass du dein Wort gegeben hast. Weißt du noch, was du geschworen hast?«
    »Dass ich bleibe.«
    »Du hast nie gesagt, du würdest mit der Jagd reiten. Mein Wald ist ein Teil dieser Lande. Du kommst mit mir. Ich kann dich nicht befreien, aber wenigstens wirst du nicht ihm gehören.«
    Ich musterte sie, dann hielt ich ihr meine Hand hin und ließ mich hinausführen. »Warum tut Ihr das?«
    »Weil du ihr meine Rose gebracht hast – das musstest du nicht – , und weil das, was er mit dir vorhat, für uns beide schlimm wäre. Jetzt beeil dich.«
    Ich verstummte und ließ mich von ihr durch das Gebäude führen. Wir waren erst halb durch den Gang, da holte Acacia scharf Luft und drängte mich hastig hinter sich. Rasch kauerte ich mich hin und versuchte mich klein genug zu machen, um übersehen zu werden. Ich hatte nicht mitbekommen, was sie so erschreckt hatte, aber es war bestimmt nichts Wohlwollendes. In Blind Michaels Landen gab es wenig Wohlwollendes.
    Gepanzerte Füße schlurften heran, und eine Stimme fragte: »Lady Acacia? Wir haben Euch hier nicht erwartet.«
    »Bezweifelst du etwa mein Recht, mich hier aufzuhalten?«, gab sie scharf zurück. Ihre Stimme klang eisig und ihrer Überlegenheit gewiss: der Tonfall, den Reinblüter für Wechselbalg-Bedienstete reserviert haben.
    Bei Blind Michaels Wachen zeigte er ebenfalls Wirkung. Es gab eine verlegene Pause, dann sagte die Stimme: »Nein, Herrin. Aber es ist bald Zeit für die Jagd, und ich dachte … «
    »Wer sagt, dass du denken sollst? Dieser Aufgabe bist du doch offenkundig gar nicht gewachsen. Welches Narrengezücht würde

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